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30.06.2020 | Schwere Lkw | Schwerpunkt | Online-Artikel

Autogas als Alternative für Diesel-Lkw

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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Gerade im Schwerlastverkehr müssen die Treibhausgasemissionen deutlich gesenkt werden. Eine kurz- und mittelfristige Alternative wäre Autogas, für das eine flächendeckende Infrastruktur existiert. 

Die Umweltpolitik zur Reduzierung von Treibhausgasen macht auch bei der Logistik nicht halt. "Neue Lkw haben bis 2025 im Mittel einen 15 Prozent niedrigeren CO2-Austoß ggü. 2019 aufzuweisen“, beschreibt Springer-Vieweg-Autor Markus Maly in seinem Buchkapitel Europäische Regulierungen für Kraftstoffe, alternative Kraftstoffinfrastrukur und CO2-Ausstoß von Fahrzeugen auf Seite 67 des Buchs Zukünftige Kraftstoffe eine der regulatorischen Vorgaben.

Doch dieses Ziel ist nicht einfach zu erreichen. Die Effizienz von schweren Dieselmotoren ist weitestgehend ausgereizt. Technisch mögliche Lösungen, etwa durch batterieelektrische Antriebe, Brennstoffzellen oder gar Oberleitungs-Lkw sind keine Alternative, da die Energiedichte – in der Straßen-Logistik die alles bestimmende Kennzahl für Antriebe, da vor allem das Verhältnis der transportierten Masse zur Masse des Transportfahrzeuges zählt – zu gering oder die neue Infrastruktur zu teuer wäre. 

Empfehlung der Redaktion

2018 | OriginalPaper | Buchkapitel

Alternative Dieselkraftstoffe

Mittel- bis langfristig wird eine Erschöpfung fossiler Primärenergiequellen, insbesondere Erdöl, eintreten, die durch den weltweit steigenden Energieverbrauch noch beschleunigt werden wird. Es gilt daher, über alternative Energien intensiv nachzudenken.

Abhängigkeit vom Verbrenner bleibt

Deswegen wird die Logistik auch langfristig von Verbrennungsmotoren abhängig sein. Die Klimaschutzziele bleiben dennoch bestehend – deswegen benötigt man alternative Kraftstoffe. Einer davon könnte Autogas (LPG für Liquefied Petroleum Gas) sein. Das stammt zwar ebenfalls aus fossilen Quellen, erzeugt aber gegenüber Diesel bis zu 15 Prozent weniger CO2, 80 Prozent weniger Stickoxide und 50 Prozent weniger Feinstaub. Damit könnte ein Teil der 3,1 Millionen Nutzfahrzeuge, die fast ausnahmslos mit Diesel betrieben werden, umgerüstet werden, darunter über 222.000 schwere Lkw über zwölf Tonnen.

Auf EU-Ebene sind Lkw für sechs Prozent der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich, im Verkehr sogar für 25 Prozent. Nach einer ersten Verringerung um 15 Prozent bis 2025 soll der Ausstoß bis 2030 sogar um 30 Prozent reduziert werden.

Und das könnte zum Teil Autogas leisten. Die Idee ist keineswegs neu: Autogas wurde schon vor gut 90 Jahren zum Transport von Gütern und Personen eingesetzt. Auch heute wird an der Technologie geforscht. Derzeit sind zwei Verfahren erprobt und werden auch praktisch eingesetzt. Beide werden für Lkw Duel-Fuel-Verfahren genannt, da sie immer beide Kraftstoffe – Autogas und Diesel  – nutzen.

Gasförmige Einspritzung

Bei diesem Verfahren wird Autogas mithilfe eines Verdampfers in den gasförmigen Zustand umgewandelt und in den Ansaugtrakt des Lkw geblasen. Das dabei entstehende Luft-Gas-Gemisch wird zusammen mit dem Dieselkraftstoff verbrannt. Im Konsortialprojekt "Verringerung der CO2-Emissionen und Kraftstoffkosten im Gütertransport durch die Verwendung von Dual-Fuel-Systemen" der Beratungsfirma ISI GmbH wurde dieses Verfahren umfassend getestet. Im Test wurden 300.000 Kilometer nur im Dieselbetrieb und 450.000 Kilometer im Dual-Fuel-Betrieb absolviert. Die Ersparnis betrug drei bis fünf Euro je 100 Kilometer, eine Amortisation der gut 6.500 Euro teuren Zusatzanlage wurde bereits nach sieben Monaten erreicht. Die Einsparung an CO2 betrug 11.353,22 Kilogramm.

Flüssige Einspritzung

Im zweiten Verfahren wird das Autogas flüssig in den Zylinder eingespritzt. Entwickelt wurde es von der Firma FreeTron aus Wonsheim. Die Einspritzung wird durch ein System gesteuert, dem ein 16-Bit-Prozessor zugrunde liegt. In einem dreijährigen Test in Österreich wurden bis zu 30 Prozent Diesel durch Autogas ersetzt, was den CO2-Ausstoß um zehn Prozent und die Kosten um 14 Prozent reduzierte.

Zulassung in Deutschland kompliziert

Obwohl das Verfahren in europäischen Nachbarländern erprobt wurde und praktisch eingesetzt wird, ist die Zulassung in Deutschland sehr kompliziert. Letztlich gibt es keine Musterzulassung für beide Verfahren. Es müsste also jeder Lkw, der umgerüstet wird, einzeln inklusive der umfangreichen Abgastests zugelassen und eine Ausnahmegenehmigung erlassen werden.

Dabei wäre Autogas auch im volkswirtschaftlichen Sinne ein großer Vorteil. Denn die Infrastruktur mit gut 7.000 Tankstellen ist vorhanden und müsste für Lkw nur leicht modifiziert werden. Die dahinterstehende Logistik – eine Domäne des Mittelstandes – ist flächendeckend, versorgungssicher und krisenfest etabliert.

"Die flüssigen Kraftstoffe werden heute fast ausschließlich aus Erdöl hergestellt […]. Daher wird seit Langem nach Möglichkeiten gesucht, die Abhängigkeit vom Erdöl und die Freisetzung von THG durch alternative Kraftstoffe zu vermindern. Auf dem Markt eingeführt wurden Pflanzenöl, veresterte Pflanzenöle (Biodiesel, RME – Rapsöl-Methyl-Ester), Ethanol aus zucker- oder stärkehaltiger Biomasse, Erdgas und LPG …", benennen die Springer-Vieweg-Autoren Volker Schindler und Steffen Müller in ihrem Buchkapitel Kraftfahrzeugtechnik auf Seite Q15 die Alternativen zu herkömmlichen Kraftstoffen – darunter natürlich auch Autogas.

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