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07.10.2015 | Unternehmensstrategie | Schwerpunkt | Online-Artikel

"Der Arbeitnehmer ist nun der Kunde"

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Der Arbeitsmarkt hat sich längst vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt entwickelt. Nicht alle Personaler haben das bemerkt, so Gero Hesse. Es ist höchste Zeit, in die Arbeitgebermarke zu investieren, fordert der Springer-Autor im Interview.

Springer für Professionals: Personaler hinken ihrer Zeit hinterher, heißt es in Ihrem Buch "Perspektivwechsel im Employer Branding“. Inwiefern?

Gero Hesse: Viele Personaler denken auch heute noch, dass die Bewerber diejenigen sind, die um einen Arbeitsplatz kämpfen müssen. Das stimmt aber schon lange nicht mehr. Es sind die Unternehmen, die den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften spüren und darauf reagieren müssen. Der Arbeitnehmer ist nun der Kunde. Unternehmen sollten in ihre Arbeitgebermarke investieren, sich möglichst früh mit relevanten Kandidatenzielgruppen vernetzen, um ihre jeweiligen Zielgruppen mit den relevanten Botschaften zu erreichen. Unumgänglich ist meines Erachtens dabei ein strategischer Ansatz, der langfristig Beziehungen zu spannenden Kandidaten aufbaut.

Wie kann Talent Relationship Management (TRM) dem Human Ressource Management (HRM) helfen, bei den aktuellen Umbrüchen Schritt zu halten?

TRM hilft Unternehmen dabei, solche Arbeitnehmer zu rekrutieren, deren Stärken und Talente im Unternehmen gesucht werden, weil sie von ihren Werten und Persönlichkeiten zur Kultur passen. Und das eben zeitraum- und nicht zeitpunktbezogen. Wenn das Unternehmen nach einer intensiven Recherche und Kontakt auf Augenhöhe den richtigen Kandidaten gefunden hat, muss die Beziehung aufgebaut und langfristig gepflegt werden. Ob die Konversion in das Unternehmen dann kurz-, mittel- oder gar langfristig erfolgt, ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der Digitalisierung zweitrangig. Es geht aus Unternehmenssicht darum, genügend Kandidaten in Pools zu haben, die über Zeit eine Beziehung zum Unternehmen aufbauen.

Worauf sollten Unternehmen dabei noch achten?

Der Kandidat steht dabei mit seinen Präferenzen und Interessen im Mittelpunkt. Ergo: Personalmarketing muss möglichst individuell ablaufen, die Kommunikation sollte nicht unternehmens- sondern individualzentriert sein. Schauen wir einmal über den Tellerrand ins Produktmarketing: Dort ist der Kunde schon lange König. Beziehungsmanagement fängt bereits sehr früh an. Dass die großen Autobauer alle Bobbycars mit ihren Marken verkaufen, liegt bestimmt nicht daran, dass das so ein tolles Geschäftsmodell wäre – hier geht es um langfristigen Markenaufbau. Da der Arbeitsmarkt sich in einem Paradigmenwechsel befindet, bekommen wir langsam aber sicher ähnliche Zustände wie in Produktmärkten. Also: der Kunde – oder Kandidat – ist König. Da müssen Personalabteilungen radikal umdenken, denn die meisten Personaler wurden unter gänzlich anderen Marktbedingungen ausgebildet ...

Wie steht es mit den Bedürfnissen verschiedener Kandidaten-Zielgruppen aus? Wie muss das Recruiting dieser Herausforderung begegnen?

Jeder weiß: Für die Generationen Y und Z hat das Internet eine immens hohe Bedeutung. Social-Media-Kanäle sind heute im Recruiting nicht mehr wegzudenken. Diese Plattformen eignen sich tatsächlich, um Informationen zum Unternehmen als Arbeitgeber, zu verschiedenen Berufen und faszinierenden Projekten zu transportieren. Bei den kommunizierten Werten ist es für Bewerber wichtig, dass sie sich mit diesen identifizieren können und dass sie authentisch wirken. Anrede und Austausch in Karrierenetzwerken dürfen dabei mutig und frech, müssen individuell sein. So spürt manch unsicherer Bewerber, dass er im Unternehmen gut betreut wird. Werden Schwächen zugegeben, wirkt das Unternehmen sympathischer.

Im Buch ist vom "House of Employer Branding“ als Lösungsansatz die Rede. Klingt gut. Aber was steckt dahinter?

Dieser Lösungsansatz hilft dem Employer Branding bei Entscheidungen mit Blick auf die Generationen Y und Z. Das Dach des Hauses bildet die Unternehmensmarke. Sie kann sich sowohl positiv als auch negativ auf die Employer Brand auswirken. Die Werte des Unternehmens und die der zukünftigen Arbeitnehmer werden miteinander verknüpft und in konkrete Handlungsempfehlungen übersetzt. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Werte beider Gruppe miteinander übereinstimmen und die versprochene Unternehmenskultur auch wirklich von den Mitarbeitern gelebt wird.

Nicht zuletzt lässt sich das über Social Media heute für jeden jungen Menschen ganz schnell nachprüfen. Daraus können dann Handlungsempfehlungen in Form der Employer- und Candidate-Experience gegeben werden. Und darum ging es letztlich bei der Entwicklung des "House of Employer Branding“: ein Framework zu schaffen, an dem sich Unternehmen beim Employer Branding orientieren können.

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