Skip to main content

13.02.2024 | Wasserstoff | Im Fokus | Online-Artikel

Internationale Wasserstoffstrategien im Vergleich

verfasst von: Christiane Köllner

5:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Wie sehen die Strategien einzelner Länder für den Einsatz von Wasserstoff aus? Welche Ziele angestrebt, wie Wasserstoff erzeugt und wo er genutzt werden soll, hat das Projekt Wasserstoff-Kompass dokumentiert. 

Eine internationale Analyse von Wasserstoffstrategien zahlreicher Länder und Regionen zeigt im Vergleich hohe Ambitionen und gravierende Preisunterschiede. Die Länderanalyse ist vom Projekt Wasserstoff-Kompass von Acatech und Dechema veröffentlicht worden und soll Einblicke in die globale Wasserstoffstrategie bieten. Demnach planen allein die europäischen Länder und Regionen den Aufbau von 52 GW Erzeugungskapazität. Höchst unterschiedlich fallen hingegen die langfristigen Preisannahmen für Wasserstoff aus.

Aufbauend auf der Länderanalyse, die das Projekt im Dezember 2022 veröffentlicht hatte, wurden nun 21 weitere Länder in die Analyse integriert – vor allem in Südamerika, Afrika und Asien. Darunter sind Brasilien, Kolumbien, Südafrika, Namibia, die Vereinigten Arabischen Emirate, die Türkei, Indien und Neuseeland, die sich alle als künftige Wasserstoffexporteure positionieren. Insgesamt geben laut der Analyse 25 Länder und Regionen an, Wasserstoff exportieren zu wollen. Im Gegensatz dazu würden neun Länder und Regionen auf Wasserstoffimporte setzen, darunter europäische Länder, Japan und Singapur. Eine Sonderrolle nehmen die Niederlande, Italien und Irland ein. Diese wollen sich als Transitländer ins Spiel bringen. 

Empfehlung der Redaktion

2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

Herausforderungen auf dem Weg zur Wasserstoffwirtschaft

Damit sich eine vollfunktionsfähige Wasserstoffwirtschaft im Versorgungsmarkt etablieren kann, müssen die dafür notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen und erprobt werden. Zu diesem Zweck sind ökonomische, ökologische und technische Aspekte zu berücksichtigen und miteinander in Einklang zu bringen. Anschließend lässt sich bestimmen, unter welchen Rahmenbedingungen ein Markthochlauf für grünen Wasserstoff gelingt. Damit sich eine vollfunktionsfähige Wasserstoffwirtschaft im Versorgungsmarkt etablieren kann, müssen die dafür notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen und erprobt werden. Zu diesem Zweck sind ökonomische, ökologische und technische Aspekte zu berücksichtigen und miteinander in Einklang zu bringen. Anschließend lässt sich bestimmen, unter welchen Rahmenbedingungen ein Markthochlauf für grünen Wasserstoff gelingt.

Mehrheit definiert klare Ziele für Erzeugungskapazitäten

Mehr als die Hälfte der Länderstrategien definiert der Analyse zufolge klare Ziele für Erzeugungskapazitäten auf Basis von erneuerbarem Strom. Insgesamt werden durch europäische Strategien rund 52 GW Erzeugungskapazität angekündigt, was die Ziele der EU-Strategie von 2020 übersteigt: Diese sieht 40 GW bis zum Jahr 2030 vor. Besonders hohe Ziele definieren Chile (25 GW) und Indien (25 bis 60 GW). Insgesamt summieren sich die Kapazitätsziele der 25 Strategiepapiere, die quantitative Angaben enthalten, auf 108 bis 151 GW, so die Analyse.

Konkrete Angaben zu den angestrebten Produktionsmengen von Wasserstoff machen nur wenige Länder. So plane zum Beispiel Ungarn für das Jahr 2030 die Erzeugung von 20 kt/a emissionsarmem und 16 kt/a emissionsfreiem Wasserstoff aus inländischer Produktion. Für dasselbe Zieljahr wollen laut Analyse Kanada 3 Mt/a und die EU sowie die Vereinigten Staaten von Amerika jeweils 10 Mt/a an Wasserstoff erzeugen.

In nur sechs Strategiepapieren wird definiert, wie hoch der Anteil an Wasserstoff am Endenergieverbrauch sein soll. Beispielsweise streben Italien und Portugal für 2030 einen Wasserstoffanteil von 2 % beziehungsweise 5 % am Energieverbrauch an. Kanada möchte 30 % seines Endenergiebedarfs bis 2050 durch Wasserstoff decken.

Zielpreise für Wasserstoff variieren stark

Entscheidend für die Planungssicherheit verschiedener Akteure ist der künftige Preis von Wasserstoff. Nicht alle Strategiepapiere enthalten der Analyse zufolge solche Zielpreise. Diese würden von 0,60 Euro pro kg (Indien) bis hin zu 4,50 Euro pro kg (Korea) reichen, könnten aber auch unterschiedlich für verschiedene Anwendungsfälle ausfallen. Schweden, Finnland und Uruguay geben zum Beispiel nur Produktionskosten an, die laut Uruguay im Bereich von 1,37 bis 2,20 €/kg H2 im Jahr 2025 und 0,92 bis 1,28 €/kg H2 im Jahr 2050 liegen sollen.

Einige Papiere definieren jeweils eine Anzahl an Brennstoffzellfahrzeugen (FCEV) für den Verkehrssektor. Die höchste Angabe macht Südkorea mit 6,2 Mio. FCEVs im Jahr 2040, von denen 3,3 Millionen für den Export eingeplant seien. Die Arabischen Emirate geben hingegen keine konkreten Zielvorgaben an. Stattdessen würden sie bis zum Jahr 2050 planen, die Hälfte der öffentlichen Flotte schwerer Nutzfahrzeuge auf Brennstoffzellentechnologie umzustellen.

CO2-Bepreisung als Mittel für Kostenparität mit fossilem H2

Um den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu unterstützen, setzen die Länder auf entsprechende Fördermaßnahmen. Im Zuge dessen sind gemeinsame Kooperationen sowie Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für viele Akteure ein wichtiger Hebel. Als Grundlage für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft werde in den meisten Fällen auch auf Infrastrukturmaßnahmen verwiesen, so die Analyse, um Wasserstoff und seine Derivate entsprechend verteilen zu können. Doch auch eine Kostenparität zwischen fossil-basiertem und erneuerbarem Wasserstoff zu erreichen, spielt eine wichtige Rolle. Hierfür wird teilweise eine CO2-Bepreisung genannt.

Verwendung fossilen Wasserstoffs

Hinsichtlich der Wasserstofferzeugung geben über die Hälfte der Strategien und Roadmaps an, so die Studie, fossil-basierten Wasserstoff ohne CO2-Abscheidung ("grauer" Wasserstoff) ersetzen zu wollen. Dennoch gebe es durchaus Länder, die auch zukünftig auf diese Art der Wasserstoffproduktion setzen. Die Türkei, Russland, Südafrika, Neuseeland, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Vereinigten Staaten von Amerika geben an, grauen Wasserstoff unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise geeigneter Kompensation, vorerst weiter verwenden zu wollen.

Fossil-basierter Wasserstoff mit CO2-Abscheidung und -Verpressung (oder -Nutzung), sogenannter "blauer" Wasserstoff, wird in mehr als der Hälfte der Papiere als relevante Option genannt. Teilweise werde jedoch explizit darauf hingewiesen, so die Analyse, dass dessen Einsatz nur zeitlich befristet erfolgen soll, um einen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft zu ermöglichen. Insbesondere Länder mit eigenen Erdgasvorkommen hätten auch Interesse an der Erzeugung von blauem Wasserstoff. Als einzige Länderstrategie benenne die norwegische Strategie hierbei explizit das Ziel, blauen Wasserstoff nicht nur für Anwendungen im eigenen Land erzeugen zu wollen, sondern auch für Exporte.

Ziel ist die Wasserelektrolyse

Einigkeit herrscht bezüglich des Ziels, die Wasserelektrolyse als Technologie zur H2-Erzeugung einzusetzen. Lediglich Singapur trifft keine Aussage dazu, ob Wasserelektrolyse durchgeführt, oder daraus gewonnener Wasserstoff importiert werden soll. Hinsichtlich des einzusetzenden Stroms (Strommix aus dem Netz, Atomstrom, Strom aus erneuerbaren Energien) variieren jedoch laut Analyse die Ansichten und würden stark von lokalen Gegebenheiten abhängen.

Einige Länder befassen sich auch mit weiteren Optionen, um Wasserstoff zu erzeugen beziehungsweise zu gewinnen. So beschreibt beispielsweise die Fortschreibung der deutschen Nationalen Wasserstoffstrategie, dass der Einsatz von Methanpyrolyse gefördert werden könne. Auch die Nutzung von Biomasse zur Wasserstofferzeugung werde in einigen Dokumenten erwähnt, so die Studie, etwa im Rahmen der österreichischen oder slowakischen Strategie. Eine weitere Möglichkeit seien (thermochemische) Vergasungsverfahren, die sich auch bei (Kunststoff-)Abfällen einsetzen lassen. Dieser Ansatz wird beispielsweise in der deutschen, der brasilianischen und der US-amerikanischen Strategie erwähnt.

Einsatzgebiete für Wasserstoff und seine Derivate

Bezüglich der Einsatzgebiete für Wasserstoff und seine Derivate kommt die Analyse zu folgenden Ergebnissen: Im Verkehr werde ein Einsatz insbesondere im Schwerlastverkehr sowie für Flottenverbünde gesehen. Bezüglich Brennstoffzellenfahrzeugen gebe es aber stark abweichende Ansichten, ob ein Einsatz eher kurzfristig erfolgen sollte, oder ob dieser als weniger relevant eingestuft wird.

Im Bereich der industriellen Verbraucher werden die chemische Industrie und auch die Raffinerien als sehr relevant eingestuft. Aber auch die Stahlindustrie ist laut Analyse eine sehr attraktiv Option. Im Gegensatz zum Verkehr und der Industrie wird der Einsatz von Wasserstoff im Energiesektor eher mittel- bis langfristig gesehen.

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

13.02.2024 | Wasserstoff | Nachricht | Nachrichten

Wasserstoffimporte am besten in Pipelinedistanz

19.01.2024 | Wasserstoff | Infografik | Online-Artikel

2030 sind 12 % des Wasserstoffs "grün"

01.11.2023 | Wasserstoff | Im Fokus | Online-Artikel

Europa könnte Wasserstoff-Potenzial besser nutzen

    Premium Partner