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25.01.2022 | E-Commerce | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mit Barrierefreiheit im Markenerlebnis punkten

verfasst von: Johanna Leitherer

4 Min. Lesedauer

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In Produktdesign und E-Commerce stecken für Menschen mit kognitiven und körperlichen Beeinträchtigungen oft große Hindernisse. Marken, die etwa in Webshops für Barrierefreiheit sorgen, punkten nicht nur bei dieser Zielgruppe.

Auch wenn im stationären Einzelhandel noch nicht flächendeckend der Idealzustand vorzufinden ist, spielt die Barrierefreiheit hier dennoch eine große Rolle. Doch für Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen gehört weitaus mehr zu einem barrierefreien Shoppingerlebnis dazu als rollstuhlgerechte Gebäude. So gaben in einer Studie des Marktforschers Yougov 78 Prozent der Befragten in Deutschland an, dass auch bei der Konzeption von Produkten und Dienstleistungen auf Barrierefreiheit geachtet werden sollte, damit möglichst viele Menschen davon Gebrauch machen können.

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Usability und User Experience

Da Technologie in immer mehr Lebensbereiche Einzug erhält, steigt die Notwendigkeit an Expertise, wie möglichst intuitiv bedienbare Systeme geschaffen werden können, die den Erwartungen und Nutzungsgewohnheiten von Menschen entsprechen. Obwohl die Themen Usability und User Experience keine neuen sind, hat sich erst in den letzten Jahren die Erkenntnis in Unternehmen durchgesetzt, dass Usability zentraler Bestandteil bei der Entwicklung neuer Produkte sein muss. 

Große Hürden finden sich demnach vor allem im Design oder der Produktausstattung technischer Produkte, Online-Services und Alltagsgegenstände. Insbesondere die Generation der 55- bis 75-Jährigen spricht sich für ein solches "Universal Design" aus (86 Prozent). In der Generation Z (18- bis 24-Jährige) ist das Thema nur für 62 Prozent der Studienteilnehmer relevant. Altersübergreifend sind sich jedoch 74 Prozent einig, dass Marken heutzutage eine Verbindung mit ihren Kunden im echten Leben aufbauen müssen.

Barrierefreiheit kein Nischenthema

Barrierefreiheit macht einen wesentlichen Teil dieser Beziehungsarbeit aus, zumal sich elf Prozent der Befragten schon einmal wegen ihrer Gesundheit, einer gesundheitlichen Einschränkung oder Behinderung diskriminiert gefühlt haben. Marken, die ihre Produkte, ihren Web-Auftritt oder (Online-)Shop nicht barrierefrei gestalten, verlieren folglich nicht nur einen Teil ihrer Kunden: Das negative Erlebnis färbt auch auf die Markenwahrnehmung ab. Da laut dem Statistischen Bundesamt knapp acht Millionen Menschen in Deutschland als schwerbehindert eingestuft werden, ist Barrierefreiheit zudem alles andere als ein Nischenthema. 

Der von der Europäischen Union auf den Weg gebrachte European Accessibility Act (EAA) soll das zum Teil freiwillige Engagement der Shop-Betreiber nun in ein Gesetz überführen. Ab 2025 sind alle Web-Händler dazu verpflichtet, barrierefreie Inhalte zur Verfügung zu stellen. Im deutschen Wirtschaftsraum gilt bereits die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung, die an den internationalen Standard der "Web Content Accessibility Guidelines" (WCAG) anknüpft. "So müssen in einem Onlineshop auch dann alle Funktionen und Services uneingeschränkt nutzbar sein, wenn eine visuelle oder körperliche Beeinträchtigung besteht. Dazu gehören auch eine Farbsehschwäche, Fehlsichtigkeit, Epilepsie sowie motorische Einschränkungen", erklärt Andreas Köninger von der Web-Agentur Sinka Com AG. 

Viele Aufgaben im virtuellen Raum

Die WCAG bewerten Websites anhand von drei unterschiedlichen Stufen, die den Grad der Barrierefreiheit beschreiben. Grundlegende Maßnahmen wie Textalternativen zu Bildern oder Untertitel in Videos, die von einem Textreader vorgelesen werden können, qualifizieren Unternehmen für ein A-Ranking. Eine AAA-Einstufung stellt die höchste Qualitätsstufe dar und gilt als vollkommen barrierefrei. Unternehmen sollten mindestens den AA-Standard anstreben, so Köninger. "Wer einen langfristigen Erfolg verzeichnen möchte, kommt nicht darum herum, die Aspekte der WCAG zu berücksichtigen", lautet die Einschätzung. 

Wie komplex Barrierefreiheit im virtuellen Raum gedacht werden muss, veranschaulicht Springer-Autor Gerrit Heinemann im Kapitel "Geschäftssysteme und Benchmarks im E-Commerce" seines Buchs "Der neue Online-Handel" ab Seite 294. Wesentliche Punkte sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst:

Maßnahme

Begründung

Strukturierung von Texten

Text, der in Bildern enthalten ist, und Bilddarstellungen sind für Blinde unzugänglich und sollten daher mit einem alternativen Text ergänzt werden. Über eine Braille-Zeile kann Text mit entsprechender Software (Screenreader) von blinden Menschen gelesen werden. 

Skalierbarkeit und Schrift

Sehschwache Menschen benötigen im Browser eine Skalierbarkeit der Schrift, um die Schriftgröße an ihre Sehleistung anpassen zu können.

Vermeidung von Farb-CTAs

Für Personen mit einer Rot-Grün-Sehschwäche oder einer grundsätzlichen Farbfehlsichtigkeit könnte es problematisch werden, wenn Informationen alleine über Farbe vermittelt werden. Auch CTAs ("Call to Action") in Verbindung mit Farben wie zum Beispiel "Klicken Sie auf den roten Button" sollten möglichst vermieden werden.

Vermeidung von Textanimation

Blinkende oder animierte Texte stellen für Menschen mit einer kognitiven Behinderung und/oder einer Sehbehinderung Barrieren dar, die sie von den eigentlichen Inhalten ablenken. 

Vermeidung akustischer Inhalte

Für gehörlose Menschen sind akustische Inhalte nicht aufnehmbar. Deswegen sollten sie durch visuell wahrnehmbare Inhalte ersetzt oder von ihnen begleitet werden. Als barrierefrei gelten Webseiten, die in Gebärdensprache dargestellt werden.

Eindeutige und einfache Sprache

Menschen mit kognitiven Behinderungen haben häufig Probleme, lange und umständlich formulierte Texte mit schwierigen Schachtelsätzen und Fremdwörtern sowie komplexe Navigationen zu verstehen. 

Viele Vorteile

"Neben der Berücksichtigung der Belange von behinderten Menschen gilt der 'barrierefreie Zugang zu Online-Shops' mittlerweile auch als Erfolgsfaktor und steigert zweifelsohne die Conversion", betont Heinemann (Seite 295). Kunden, die keine kognitive oder körperliche Beeinträchtigung haben, schätzen hindernisfreie Webseiten also ebenfalls. Auch die Experten von Sinka Com AG bezeichnen barrierefreies Webdesign als Win-win-Situation. Denn der angepasste Content verlangt eine hohe Qualität in der Informationsarchitektur, der Gestaltung und Programmierung, was automatisch zu besseren Rankings in den Suchmaschinen beitrage. Darüber hinaus verbessere sich dadurch auch die Wartungsfreundlichkeit einer Website.

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