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27.06.2018 | Fintechs | Kommentar | Online-Artikel

"Kunden abholen, wo sie ihr digitales Leben verbringen"

verfasst von: Pat Patel

4 Min. Lesedauer

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​​​​​​​Die traditionellen Grenzen verschwimmen in der Finanzdienstleistungsbranche immer mehr: Nahezu alle Bereiche – von Zahlungen und Geldtransfer bis hin zu Kredit- und Depotfunktionen – werden von Technologieunternehmen vermittelt, die innerhalb und um das Bankensystem agieren. Die Wertschöpfungskette wird deshalb zunehmend unabhängig von bisherigen Wächtern des Bank- und Finanzwesens. Ein Kommentar von Pat Patel. 

Rund 88 Prozent der traditionellen Banken befürchten laut "PwC Global FinTech Report 2017" Umsatzeinbußen aufgrund innovativer Finanzlösungen. Sie müssen ihre Dienstleistungen auf die sich verändernden Verbrauchergewohnheiten abstimmen. Diese nutzen zunehmend neue Finanzangebote wie Technologieplattformen, die Zugang zu größeren Kundenstämmen als traditionelle Banken haben. Diese Veränderung im Nutzungsverhalten treibt den rasanten technologischen Wandel zusätzlich voran.

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Die digitale Inklusion hat die finanzielle Inklusion überholt

Ant Financial, Teil der chinesischen Alibaba-Gruppe, hat 2016 100 Millionen neue Kunden zu einer 500 Millionen starken Basis hinzugewonnen – zehnmal mehr als die größten Banken der Welt. Zahlen, vor denen die "entwickelten Märkte" Respekt zeigen. Diese Entwicklung lässt sich leicht erklären: Die digitale Inklusion hat die finanzielle Inklusion inzwischen überholt und effektiv ersetzt. Ant Financial gilt mittlerweile als eines der weltweit größten Finanzdienstleistungsunternehmen. Die erste Fundraising-Runde hat angeblich zehn Milliarden Dollar eingebracht. Experten schätzen, ein potentieller Börsengang würde weitere 150 Milliarden Dollar einbringen.

Heutzutage verschwimmen die Grenzen zwischen den verschiedenen Dienstleistungen. Sozial-, Einzelhandels- und Finanzdienstleistungen können problemlos auf einer Plattform zusammengeführt werden. Technologieplattformen bieten sogenannte "digitale Dienstprogramme“, die unterschiedliche Funktionen vereinen - von Chat-Diensten und sozialen Netzwerken bis hin zu Transport und E-Commerce.

Alibaba, Ant Financial und Tencent treiben die integrative Nutzung digitaler Programme durch Technologieplattformen und "Super-Apps" voran. Eine solche Super-App vereint Funktionen wie Kommunikation, Suchfunktion, Navigation, Handel und Zahlungsverkehr auf einer einzigen Plattform. Verbraucher profitieren von solchen "One-Stop-Shop"-Anwendungen, weil diese eine integrierte, kontextbezogene und sichere Lösung bieten. Verbraucher erwarten heute ein einfaches und effizientes Nutzererlebnis wie dieses.

Open Banking verschafft Kunden eine größere Kontrolle

Dank der im Januar in Kraft getretenen zweiten Zahlungsdienstrichtlinie der Europäischen Union (PSD2) wächst das europäische Bankensystem trotzdem weiter. Open Banking verschafft Kunden eine größere Kontrolle über ihre Finanzen. Dahinter verbirgt sich die Vision von technischen Plattformen, die das tägliche Leben erleichtern.

Europa ist in der Förderung des offenen Bankwesens bisher zurückhaltend – zum Teil aufgrund von Regularien, aber auch aufgrund des Misstrauens einiger Akteure und des mangelnden Wissens der Verbraucher. Viele sprechen über das Schlachtfeld zwischen traditionellen Banken und modernen Finanzdienstleistern. Die etablierten Finanzdienstleister sollten aber auf den Einzug der Tech-Unternehmen in das Bankensystem reagieren, um den Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht zu werden.

Verbraucher interagieren nur selten mit ihren Bankdienstleistern. Allerdings verbinden sie sich mehrmals täglich mit Amazon, Facebook und Google. Mithilfe von künstlicher Intelligenz, Blockchain, Datenanalyse und anderen neuen Technologien verstehen Plattformanbieter die Bedürfnisse und Erwartungen der Verbraucher immer besser und können durch die Nutzerdaten die Benutzererfahrung verbessern. Während Technologieplattformen zügig voranschreiten und starke Finanzangebote entwickeln, die den Einstieg ins Bankgeschäft ermöglichen, kämpfen die etablierten institutionellen Finanzakteure damit, bestehende Altstrukturen zu durchbrechen.

Das traditionelle Bankwesen in Europa verändert sich

Der Wandel ist trotz der verhaltenen Reaktion auf PSD2 weit fortgeschritten. In Europa verändert sich das Konzept des traditionellen Bankwesens, da sich Institutionen wie Barclays und die ING Gruppe von der reinen Finanzdienstleistungsbranche entfernen. Und diese Veränderung ist notwendig. Die neue Regulierung verlangt sie ebenso wie die Verbraucher. Um diese Chance nutzen zu können, ist die Zusammenarbeit zwischen Finanzdienstleistern und Technologieanbietern entscheidend: Großbanken und agile Technologieplattformen sollten ihr Wissen und ihre Expertise zusammenführen, um einen echten Mehrwert zu schaffen.

Die Zusammenarbeit von IBM mit internationalen Banken wie der Commerzbank und der United Bank of Switzerland zur Entwicklung einer Blockchain-Finanzierungsplattform namens Batavia verdeutlicht, dass solche Partnerschaften zielführend sind. Aus der Partnerschaft des Zahlungsanbieters Verifone mit Mash, ging eine "pay later"-Lösung für europäische Einzelhandelsgeschäfte hervor.

Mehr Partnerschaften sind zu erwarten

Die Kooperation von Mastercard mit Kasisto, den Entwicklern der KI-Plattform KAI, erschließt einen breiteren Trend, der sich mit der Rolle von Konversation im Zusammenhang mit Handel und Zahlungen beschäftigt. Der Bot wird auf Messaging-Plattformen eingesetzt, also dort wo Verbraucher ihr digitales Leben verbringen. Für die Zukunft sind Partnerschaften zwischen Finanzdienstleistern und sprachaktivierten Plattformen wie Amazon Echo und Google Home zu erwarten. 

Ein offenes Bankwesen geht stärker auf die finanziellen Bedürfnisse der Verbraucher ein. Die neuen Technologieplattformen verbessern die Benutzererfahrungen von Finanzen bis hin zum sozialen Bereich und dem Einzelhandel. Die Zusammenarbeit zwischen traditionellen Banken und innovativen Tech-Unternehmen wird entscheidend sein, wenn die Banken überleben wollen. Da 82 Prozent der etablierten Unternehmen in den nächsten drei bis fünf Jahren Partnerschaften planen, sei eine Koexistenz von etablierten Banken und innovativen Unternehmen laut PwC realistisch.

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