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26.06.2023 | Kundenmanagement | Interview | Online-Artikel

"Vielen Unternehmen fehlt eine schlüssige digitale Kundenstrategie"

verfasst von: Eva-Susanne Krah

4:30 Min. Lesedauer

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Das Potenzial von Kundendaten wird in Unternehmen oft noch nicht ausgeschöpft, sagen die Professoren Rainer Elste und Alexander Haas. Über Einsatzmöglichkeiten von Daten und integrierte digitale Datenkonzepte im Vertrieb sprechen sie im Interview mit Springer Professional.

Springer Professional: Herr Professor Elste, Vertriebsorganisationen sollten den strategischen Wert von Daten erkennen, die Datennutzung messen und ihre Erkenntnisse nutzen, um vertriebliche Potenziale auszuschöpfen, schreiben Sie in einem aktuellen Sales-Excellence-Beitrag zu Datenpotenzialen im digitalen Vertrieb. Tun Unternehmen dies aus Ihrer Sicht noch zu wenig – woran fehlt es denn?

Rainer Elste: In der Tat beobachten wir immer noch sehr häufig eine recht statische Nutzung von Daten im Vertrieb: Geplante Werte wie Umsatz, Menge und Preis werden mit dem Erreichten abgeglichen. Hier ist man noch sehr weit davon entfernt, Daten etwa auf Muster zu durchsuchen, die zukünftige Planungen verlässlicher macht. Daten sind ein Wettbewerbsvorsprung oder eben auch ein Nachteil für Unternehmen, wenn diese sie weniger nutzen als ihre Wettbewerber. Nicht selten spielen hier auch organisatorische Hürden eine Rolle. 

Können Sie ein Beispiel aus der Praxis nennen?

Wenn der After Sales Service bei der Wartung feststellt, dass eine neue Maschine besser wäre als die Reparatur, dann könnte er sein eigenes Geschäft bedrohen, wenn er diese Information an den Vertrieb weitergeben würde. In dem genannten Beispiel sind wir nicht einmal beim Thema Künstliche Intelligenz angekommen.

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Herr Professor Haas, im Springer-Buch "Digitalisierung im Vertrieb" betonen Sie, dass viele Unternehmen noch dringenden Aufholbedarf bei der Digitalisierung haben. Steckt die digitale Excellence im Vertrieb hier und da also noch in den Kinderschuhen?

Alexander Haas: Vielen Unternehmen fehlt eine schlüssige, integrierte digitale Kundenstrategie, die auch konsequent implementiert wird. Digital- und Vertriebsstrategien werden weiterhin separat entwickelt, statt sie aus Kundensicht zu verzahnen. Die Folge sind Überinvestitionen in Technologie, ohne dass die Vertriebsprozesse und Mitarbeiter in dieser Transformation mitgedacht werden. Am Ende haben zwar auch diese Unternehmen einen digitaleren Vertrieb. Sie lassen aber die gewaltigen Potenziale der Digitalisierung zu großen Teilen ungenutzt. In diesem Sinne befindet sich die digitale Exzellenz in vielen Unternehmen tatsächlich noch in den Kinderschuhen.

Auch im digitalen Vertrieb basieren strategische Wettbewerbsvorteile auf vertrauensvollen Kundenbeziehungen. Hierbei ist eine Corporate Digital Responsibility wichtig. Was gilt es zu beachten?

Wenn der Vertrieb Kundendaten und Technologien unbedacht einsetzt, können Kundenbeziehungen schwer beschädigt werden. Das beginnt beim unüberlegten Sammeln von Kundendaten und geht bis hin zur beabsichtigen Übervorteilung von Kunden, zum Beispiel, indem personalisierte Avatare und Deep Fakes genutzt werden. Insofern müssen Vertriebsorganisationen nicht nur für die potenziellen Probleme im Zusammenhang mit Daten und Technologie sensibilisiert werden, sondern auch eine Kultur des verantwortlichen Umgangs entwickeln. Drei einfache Fragen können bei der Situationsbeurteilung helfen: Was beabsichtigen wir damit? Was kann schief gehen? Was würde der Kunde sagen, wenn er es wüsste?

Worauf kommt es für Verkaufsteams und Vertriebsführungskräfte in einem digitalisierten Vertrieb besonders an, um die Effizienz von Verkäufern zu steigern?

Drei Aspekte sind besonders wichtig. Erstens müssen Führungskräfte bei aller Technologiedynamik auf der Höhe der aktuellen Entwicklungen bleiben und offen für den Einsatz neuer Tools sein. Zweitens geht es darum, repetitive Aktivitäten im Vertriebsprozess zu identifizieren und zu automatisieren, um so Zeit für wichtige Aufgaben zu gewinnen, zum Beispiel für Kundengespräche oder die Strategieentwicklung. Drittens müssen Führungskräfte ihr Team dazu bringen, die neuen Technologien auch wirklich einzusetzen. Dies schließt kontinuierliche Weiterbildung ein.

Herr Elste, wie stehen Sie zum Thema Chatbots im Vertrieb und dem zunehmenden Trend zu KI-gestützter Beratung: In welchen Bereichen funktioniert dies aus Ihrer Sicht beispielsweise schon gut innerhalb der Customer Journey und welche Hürden gibt es noch in der Praxis?

Rainer Elste: Gerade in Vertrieb und Marketing werden der Künstlichen Intelligenz besondere Potenziale vorausgesagt. Das Thema ist ja nicht einmal ganz neu, denkt man etwa an den Einsatz bei Versicherungsgesellschaften. Wichtig ist, dass dem Kunden dieses deutlich gemacht wird, um ihn nicht zu verärgern, falls eine Antwort so gar nicht auf seine Frage passen sollte. Ansonsten können solche selbstlernenden Systeme viele Vorteile bringen: Kundenanfragen zielsicher beantwortet in 0 Sekunden Wartezeit – was kann es Besseres geben? Umgekehrt darf der persönliche Kontakt dort, wo vom Kunden gewünscht, nicht verloren gehen. Auch die Chance, den Kunden besser kennenzulernen, ihm weitere Angebote zu machen, darf nicht vernachlässigt werden.

Stichwort Konfliktpotenzial bei Verkaufsmitarbeitern in Sachen Technologieakzeptanz: Die Entwicklung geht rasend schnell... Wie lassen sich die neuen Technologien am besten in Vertriebsabteilungen integrieren, ohne dass Unternehmen irgendwann technologisch ins Hintertreffen geraten oder gar ein Generation Gap bei den Verkaufsmitarbeitern droht?

Das Generationenproblem beginnt sich langsam aufzulösen. Wir haben sowohl technologieaffine ältere als auch änderungsaverse jüngere Vertriebsmitarbeiter. Von daher gilt es allgemein, mit den Ängsten vor Veränderungen umzugehen. 

Wie sollten Unternehmen am besten vorgehen?

Es ist extrem wichtig, den individuellen Nutzen einer neuen Technologie zu verdeutlichen, nach dem Motto ‚What’s in for me?‘ Daran scheitern übrigens die meisten CRM-Implementierungen. Weiterhin gibt es gute Erfahrungen damit, die kritischsten Mitglieder einer Gruppe aktiv einzubinden. Das Motto dahinter: "Wenn der schon dafür ist, muss es gut sein."

Drittens empfiehlt es sich, ein paar frühe Erfolge einzufahren. Es geht dabei nicht darum, halbfertige Systeme zu etablieren. Mit agilen Ansätzen können digitale Projekte von einem Meilenstein zum nächsten geführt werden und das Team merkt, dass sich etwas tut. Hundertprozentige Lösungen gibt es sowieso nicht, da sich schon kurze Zeit nach dem Start die Anforderungen ändern können.

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