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16.11.2021 | Nachhaltige Geldanlagen | Schwerpunkt | Online-Artikel

Ein Drittel des europäischen Fondsvermögens ist grün

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5 Min. Lesedauer

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Die Zahl grüner Fonds wächst stetig. Eine aktuelle Studie offenbart, dass nicht nur Regularien diese Entwicklung antreiben, sondern auch der Wunsch der Anleger nach ESG-konformen Produkten. Doch bei der Vielfalt und den Produktinformationen gibt es noch Luft nach oben.

Fast ein Drittel (32 Prozent) des europäischen Fondsvermögens gilt als nachhaltig im Sinne der Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung SFDR. Grund für den Boom grüner Fonds ist neben der Regulierung auch der Wunsch von Anlegern wie Verbrauchern nach mehr Nachhaltigkeit, belegt eine aktuelle Studie. Diese hat Pricewaterhouse Coopers (Pwc) in Zusammenarbeit mit dem Analysehaus Morningstar durchgeführt. Hierfür wurden Verbraucher, Fondsgesellschaften und Distributoren in Deutschland und der Schweiz befragt. 

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Green Finance ist das Wachstumsthema in der Bankbranche. Denn die Regulierung setzt neue Beratungsrichtlinien durch, die Nachfrage bei Privatkunden steigt und institutionelle Investoren setzen immer mehr Geld auf nachhaltige Produkte. Umso dringender müssen die Anbieter dafür sorgen, dass sie auch halten, was sie versprechen.

Regularien lenken Kapital in Richtung nachhaltige Wirtschaft

Den Kapitalmarkt nachhaltiger zu machen, hat sich die Europäische Union schon lange auf die Fahnen geschrieben. "Bereits 2018 wurde von der EU-Kommission mit dem 'EU Action Plan on Sustainable Finance' hier ein Rahmen vorgegeben", erläutert Christoph Berger im Buchkapitel "Investieren für eine bessere Welt – ESG-Faktoren als integraler Bestandteil des Investmentprozesses" auf Seite 251. 

Der Springer-Autor fasst die drei zentralen Ziele des Plans zusammen: 

  1. Kapitalströme in Richtung einer nachhaltigeren Wirtschaft reorientieren. 
  2. Nachhaltigkeit als natürlichen Bestandteil des Risikomanagements implementieren. 
  3. Transparenz und langfristiges Denken fördern.

Einen weiteren regulativen Schritt ist die EU mit der seit März 2021 geltenden Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (Sustainable Finance Disclosure Regulation, kurz SFDR) gegangen. Diese klassifiziert Fonds je nach Konzept

  • gemäß Artikel 6 (Consider sustainability risks) als nicht-nachhaltige Finanzprodukte, 
  • gemäß Artikel 8 (Promote environmental and other characteristics) als Fonds mit ökologischen oder sozialen Merkmalen oder 
  • nach Artikel 9 (Specifc sustainability objective/measurable goals) als Anlage mit explizit nachhaltigem Investitionsziel. 

Offenlegungsverordnung macht ESG-Ziele der Fonds vergleichbar 

Damit gestattet die SFDR Anlegern einen Vergleich der Umwelt-, Sozial- und Governance-Ziele (ESG) verschiedener Finanzprodukte. Laut der aktuellen Pwc-Analyse erfüllen derzeit 22 Prozent aller Produkte auf dem europäischen Fondsmarkt eine Klassifizierung nach Artikel 8 oder 9. Bei der Einstufung ihrer Angebote gehen die Fondsgesellschaften allerdings noch sehr unterschiedlich vor, so die Studie. 

"Seit Inkrafttreten der EU-Offenlegungsverordnung haben viele Asset Manager ihre Fonds überarbeitet oder komplett neue Fonds aufgelegt, welche die Vorgaben für Artikel 8 oder 9 erfüllen", erläutert Hortense Bioy, Global Director im Sustainability Research bei Morningstar, das Ergebnis. Der Anteil grüner Finanzprodukte werde aber weiter steigen, ist sich die Nachhaltigkeitsexpertin sicher. "Denn auch der Druck seitens Fondsvertrieb und Anlegern nach nachhaltigen Produkten nimmt stetig zu." So will laut Befragung künftig einer von vier Finanzberatern den Verkauf konventioneller Produkte ohne ESG-Bezug einstellen. 

Investoren reicht Zahl nachhaltiger Kapitalanlagen nicht 

89 Prozent aller Befragten gehen davon aus, dass Maßnahmen zur Umsetzung von Nachhaltigkeit keinen kurzfristigen Trend darstellen, sondern einen langfristigen Systemwechsel. Und für 90 Prozent der Umfrageteilnehmer gilt die Finanzbranche als wichtiger Treiber bei der Bekämpfung des Klimawandels oder im Kampf gegen Armut. Daher müssen Finanzdienstleister "aktiv daran arbeiten, Nachhaltigkeit transparent in ihren Angeboten zu verankern", betont Svenja Hüsing, Senior Managerin im Bereich Sustainable Finance bei Pwc Schweiz. Doch nur ein Drittel der Befragten ist davon überzeugt, dass sich ihr Finanzinstitut ausreichend für Nachhaltigkeit einsetzt.

Zudem fehlen den Anlegern genügend Alternativen, um überhaupt in nachhaltige Finanzprodukte investieren zu können. Eine Mehrheit der Befragten spricht sich dafür aus, dass mindestens die Hälfte eines Portfolios in nachhaltige Investitionen fließen sollte. Dabei sei die Klassifizierung nach den Artikeln 8 oder 9 SFDR "kein formales ESG-Label". Zudem sorge das bevorstehende Inkrafttreten der erweiterten Mifid-II-Anforderungen zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden im Vertrieb für weitere Komplexität und Reputationsrisiken. 

Erfolgversprechende Investitionen im Unternehmenssektor basieren auf einer fundamentalen Analyse. Dabei werden Unternehmen selektiert, die auf Basis eines nachhaltigen Geschäftsmodells nachhaltige Erträge und Cashflows generieren – idealerweise auch mit einem nachhaltigen Wachstum. Neben der klassischen Fundamentalanalyse und Modellierung zukünftiger Erträge sowie Cashflows ergänzt eine ESG-Analyse den Investmentprozess. Als zusätzliches Element, um Risiken zu reduzieren. Aber auch gleichzeitig, um Chancen zu identifizieren. Die Aufgabe im aktiven Portfoliomanagement ist hier eine Analyse für jeden Emittenten", erläutert Springer-Autor Berger die Aufgaben aktiver Portfoliomanager (Seite 252). 

Finanzberater unzufrieden mit Produktinformationen

Hinzu kommt laut Studie noch die Transparenz als wichtige Voraussetzung für den Fondsvertrieb. 53 Prozent der befragten Berater sind mit den Angaben, die ihnen die Anbieter der Finanzprodukte aktuell bereitstellen, nicht zufrieden. Als größte Schwierigkeit in den kommenden Jahren bezeichnen 80 Prozent der Finanzberater folglich die Verfügbarkeit von Daten, die notwendig sind, um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen. 

Ab Juli 2022 werden die Anbieter der Fonds gesetzlich verpflichtet, noch detailliertere Informationen rund um nachhaltigkeitsbezogene Chancen und Risiken zur Verfügung zu stellen. "Noch ist offen, auf welche Detailtiefe und Transparenzniveaus sich die Branche einigen wird, um die aktuell klaffende Informationslücke zu schließen. Hohe Transparenz fordern sowohl die Anleger als auch die Finanzberater", erläutert Daniel Wildhirt, Banking Leader Advisory bei Pwc Deutschland.

Bafin arbeitet an grünem Standard

Zudem herrsche im Markt noch Unklarheit über die praktische Umsetzung der durch Mifid II erforderlichen Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen im kommenden Jahr, sowie den von der Bafin geplanten Standards für nachhaltige Investmentvermögen. Auf der Jahrespressekonferenz im Mai 2021 hatte Thorsten Pötzsch, damaliger Exekutivdirektor für den Bereich Abwicklung bei der deutschen Aufsichtsbehörde, erklärt: 

Auf EU-Ebene gibt es die Offenlegungsverordnung und die Taxonomie-Verordnung. Beide Verordnungen regeln schon einen guten Teil dessen was grün ist. Aber sie regeln nicht alles. Was wir also planen, sind entsprechende Leitlinien für grüne Investments." 

Nach seinem Wechsel in den Bereich Wertpapieraufsicht Anfang November übernimmt diese Aufgabe nun seine Nachfolgerin Birgit Rodolphe. Sie war zuvor Bereichsvorständin Corporate Clients Non-Financial Risk bei der Commerzbank. 

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