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20.09.2021 | Nachhaltigkeitsmarketing | Gastbeitrag | Online-Artikel

Deutsche Automobilindustrie stockt bei der Nachhaltigkeit

verfasst von: Jörg Forthmann

4:30 Min. Lesedauer

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Neue Antriebe, mehr Recycling, innovative Mobilitätskonzepte: Die deutsche Automobilindustrie will statt als Umweltverschmutzer als Umweltschützer gelten. Doch das klappt noch nicht so recht, wie eine KI-gestützte Social-Listening-Analyse des öffentlichen Online-Diskurses zu den Automarken VW, Tesla, BMW und Mercedes zeigt.

Statt der Präsentation PS-starker Privat-Boliden sollten Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Fokus der diesjährigen Internationalen Automobil-Ausstellung stehen. Unterstreichen sollte dies auch der Namenswechsel der Fachmesse des Verbands der Automobilindustrie von "IAA Pkw" zu "IAA Mobility". Ein Stück weit hat es die IAA tatsächlich geschafft, das Thema Nachhaltigkeit im Verkehr ins öffentliche Bewusstsein zu rücken – allerdings anders, als geplant: Sie lenkte vor allem Aufmerksamkeit auf die parallel stattfindenden Proteste, in denen überwiegend junge Leute die Automobilindustrie als klimafeindlich und die Messe selbst als Greenwashing kritisierten.

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Dabei tut die Automobilindustrie durchaus viel, um tatsächlich nachhaltiger und damit zukunftstauglich zu werden. Nach einem schleppenden Start ist man nun auf der Überholspur bei der Elektromobilität. BMW besticht beispielsweise durch ein neues Konzept eines Recycling-Autos. Aber es gelingt den großen deutschen Automobilkonzernen nicht, solche Themen auch nach außen erfolgreich zu kommunizieren, sie in den Mittelpunkt zu stellen und damit zu überzeugen. Entweder gehen Nachhaltigkeitsaspekte im öffentlichen Diskurs zu ihrer Marke im Vergleich zu anderen Themen völlig unter oder sie schneiden dabei eher schlecht ab.

Nachhaltigkeitskommunikation der Autohersteller

Das zeigt eine Auswertung der öffentlichen Online-Kommunikation über VW, Tesla, BMW und Mercedes vom 01. Januar bis zum 06. September 2021, für die das IMWF Institut für Management- und Wirtschaftsforschung Nennungen der vier Konzerne in 438 Millionen deutschen und deutschsprachigen öffentlichen Internet-Quellen inklusive redaktioneller Angebote und Social Media ausgewertet hat. Mittels künstlicher Intelligenz wurden diejenigen Erwähnungen in Artikeln, Posts und Kommentaren identifiziert, die sich inhaltlich mit den fünf grundlegenden Dimensionen der Unternehmensreputation beschäftigen:

  • Attraktivität als Arbeitgeber, 
  • Leistung des Managements, 
  • Qualität von Produkten und Dienstleistungen, 
  • wirtschaftliche Performance sowie 
  • Nachhaltigkeit. 

Zusätzlich wurden die Fundstellen einer Sentiment-Analyse im Hinblick auf eine positive, neutrale oder negative Tonalität unterzogen.

Beispiel Volkswagen

Reputationsdimension

Gesamt

Negativ

Neutral

Positiv

Anteil

Verhältnis
positiv/negativ

Arbeitgeber

5.777

1.611

2.689

1.477

2,3%

0,92

Management

35.554

6.833

21.826

6.895

14,3%

1,01

Nachhaltigkeit

57.880

14.958

29.474

13.448

23,3%

0,90

Produkt und Service

86.653

18.254

47.034

21.365

34,8%

1,17

Wirtschaftlichkeit

62.981

13.842

32.411

16.728

25,3%

1,21

Quelle: IMWF

   ...

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Mit 23,3 Prozent der reputationsrelevanten Nennungen von VW dreht sich bei den Wolfsburgern tatsächlich ein ansehnlicher Anteil um das Thema Nachhaltigkeit. Doch das ist kein Grund zur Freude für Volkswagen, denn der Konzern wird in diesem Zusammenhang häufiger negativ als positiv erwähnt. Rechnerisch stehen jeder negativen nur 0,9 positive Nennungen gegenüber.

Beispiel Tesla

Reputationsdimension

Gesamt

Negativ

Neutral

Positiv

Anteil

Verhältnis
positiv/negativ

Arbeitgeber

1.771

553

733

485

0,8%

0,88

Management

28.295

5.763

16.133

6.399

12,4%

1,11

Nachhaltigkeit

59.063

12.347

30.803

15.913

25,8%

1,29

Produkt und Service

73.072

15.537

37.843

19.692

32,0%

1,27

Wirtschaftlichkeit

66.354

13.690

34.479

18.185

29,0%

1,33

Quelle: IMWF

...

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...

...

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Im Gegensatz zu den deutschen Autokonzernen kann sich der kalifornische E-Auto-Vorreiter Tesla beim Thema Nachhaltigkeit hierzulande deutlich besser im öffentlichen Diskurs positionieren. Die Auto-Schmiede von Elon Musk wird häufiger als jeder der drei hiesigen Giganten der Kfz-Industrie positiv mit dem Attribut der Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht. Ganz ohne Makel ist dieser Kommunikationserfolg jedoch nicht: Tesla wird im Gegensatz zu VW zwar öfter positiv als negativ im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit erwähnt. Aber dieses Übergewicht fällt mit 1,29:1 doch recht bescheiden aus. Vor allem für ein Unternehmen, das die "Beschleunigung des Übergangs zu nachhaltiger Energie" als seine Mission ansieht.

BMW kann am meisten punkten

Unter den deutschen Autobauern hat BMW in der öffentlichen Wahrnehmung zur Nachhaltigkeit das größte Übergewicht an positiven Erwähnungen. Auf eine Nennung in negativer kommen hier 2,48 in positiver Tonalität. Doch leider ist dieses für sich genommen gute Verhältnis kaum sichtbar: Die Münchner werden nicht einmal halb so häufig positiv in Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsthemen genannt wie sowohl Tesla als auch Volkswagen.

Ähnlich sieht es auch bei Mercedes aus: Bei der Marke aus dem Hause Daimler kommen 2,18 positive auf jede negative Erwähnung zur Nachhaltigkeit. Das merkt aber nur, wer ganz genau hinschaut, denn keiner der hier betrachteten Autohersteller wird seltener mit Nachhaltigkeitsthemen in Verbindung gebracht als Mercedes. Sowohl in absoluten Zahlen als auch im Verhältnis zu den anderen vier Reputationsdimensionen spielt Nachhaltigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung von Mercedes-Benz die kleinste Rolle.

Kommunikation verbessern

Wenn die deutsche Automobilindustrie den Wandel vom Bremser zum Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit erfolgreich vollziehen will, muss sie nicht nur ihre Leistungen in diesem Bereich verbessern, sondern auch ihre Kommunikation. Andernfalls wird sie weiterhin ein so leichtes Ziel für ihre Kritiker bleiben, wie wir es gerade im Zuge der IAA Mobility erlebt haben.

Weitere Ergebnisse für die Marken BMW und Mercedes finden Sie hier 

Weitere verwendete Quellen des Autors: IAA.de, absatzwirtschaft.de, süddeutsche.de, faktenkontor.de, tagesschau.de, tesla.com

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