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11.02.2020 | Reputationsmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wenn das Image in der Krise steckt

verfasst von: Johanna Leitherer

4 Min. Lesedauer

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Die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen ist für die Parteien zum existenziellen Kampf um Glaubwürdigkeit und Reputation ausgeartet. Die CDU hat es ihre Vorsitzende gekostet. Was Unternehmen von dem politischen Debakel lernen können.

Nach Worten ringend versuchen CDU und FDP derzeit, ihre Rolle bei der Thüringer Ministerpräsidentenwahl ins rechte Licht zu rücken und parteipolitische Grundwerte klarzustellen. Trotzdem kam der Imageschaden prompt: Wie aus einer Blitzumfrage des ARD-Deutschlandtrends hervorgeht, hat sich die Meinung von 44 Prozent der Befragten gegenüber der FDP aufgrund des politischen Debakels in Thüringen verschlechtert. 41 Prozent sehen die CDU nun in einem schlechteren Licht und auch die AfD hat bei 28 Prozent der Befragten einen negativen Eindruck hinterlassen. Für SPD, Grüne und Linke fällt der Imageschaden dagegen moderat aus. Der Schaden wirkt auch parteiintern nach: CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer scheidet als Gesicht, das die Union durch die Krise führt, aus: In einer Erklärung kündigte sie am 10. Februar ihren Rückzug vom CDU-Parteivorsitz und ihren Verzicht auf die Kanzlerkandidatur an.

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Dass die AfD mit steigender Präsenz in den Landesparlamenten die etablierten Parteien herausfordern und parteipolitische Trennschärfe gefragt sein würde, war zu erwarten. Ebenso eindeutig vorhersehbar hielten einige Experten auch die Finte der AfD, mit der diese die Ministerpräsidentenwahl zu einem für sie strategisch wichtigen Ergebnis führte. Obwohl CDU und FDP daran maßgeblich beteiligt waren und zum Teil sogar auf die zugeschobenen Stimmen durch die AfD spekuliert haben könnten, wie einige Hinweise nahelegen, präsentieren sich die beiden etablierten Parteien nun überfordert mit den weitreichenden Konsequenzen. Doch war das Reputationsrisiko nicht abzusehen? Warum hat das Reputations- und Krisenmanagement der Parteien offensichtlich versagt?

Krisenprävention wird verkannt

Ob in Politik oder Wirtschaft: Effektive Krisenprävention ist ein Problem. "Wir sind für Krisen gewappnet", sagen drei Viertel (76 Prozent) der Vorstände und Aufsichtsräte, die von Deloitte in einer globalen Studie befragt wurden. Tatsache ist aber: Zwischen der Eigeneinschätzung und der tatsächlichen Einsatzbereitschaft klafft oftmals eine große Lücke, sowohl bei der operativen wie auch bei der kommunikativen Krisenprävention. Nicht einmal die Hälfte aller Unternehmen besitzt laut der Studie ein aktuelles Handbuch für Krisensituationen, weniger als vier von zehn Unternehmen haben Eskalationsstufen definiert, um im Tagesgeschäft kritische Situationen einschätzen zu können, und gerade einmal ein Drittel führt regelmäßig Krisensimulationen oder Trainings durch", konstatieren die Springer-Autoren Tobias Müller und Sebastian Riedel im Kapitel "Strategische Krisenprävention"  des Buchs "Professionelle Krisenkommunikation" (Seite 190).

Grundsätzlich sei Entscheidungsträgern die Notwendigkeit der Krisenprävention bewusst, so Müller und Riedel. Doch offenbar hapert es an zwei wesentlichen Punkten, die zwischen Theorie und Praxis einen großen Trennstrich ziehen. Zum einen mangelt es an einem einheitlichen Verständnis darüber, welche Faktoren die Unternehmensreputation ernsthaft gefährden. Die Leistung der Krisenkommunikation wird damit in der Gesamtorganisation weder verstanden noch als wichtig anerkannt. Zum anderen herrscht kein Konsens darüber, welche Maßnahmen im Ernstfall zu ergreifen sind, um Wogen rasch zu glätten und einen nachhaltigen Imageschaden abzuwenden. Dabei kommen auch Fragen zu benötigten Ressourcen auf den Tisch: Welche Personen, Prozesse und Tools erweisen im Krisenfall wichtige Dienste? In vielen Fällen sei "der aktuelle Status quo in Sachen 'Crisis Readiness' unklar", lautet daher das Fazit von Müller und Riedel (Seite 191). 

Krise muss Gesicht zeigen

Da es FDP und CDU nicht geglückt ist, ebenso strategisch die Thüringer Ministerpräsidentenwahl zu antizipieren und dementsprechend vorbereitet zu stehen, wie es die AfD offenbar getan hat, steht der Kurs nun auf Schadensbegrenzung. "Während einige Gesichter das Image von Unternehmen und, beziehungsweise oder, ihr eigenes Image nachhaltig schädigen und vielleicht sogar vernichten, schaffen es andere, Vertrauen aufzubauen und sogar gestärkt aus der Krise hervorzugehen", erklärt Bettina Kappe im Kapitel "Das Gesicht der Krise" des Buchs "Professionelle Krisenkommunikation" (Seite 85) den Automatismus. Unternehmensrepräsentanten rät die Springer-Autorin dazu, die folgenden sechs Erfolgsfaktoren zu beherzigen:

  1. Autorität
  2. Empathie
  3. Authentizität
  4. Kongruenz
  5. Konsistenz
  6. Richtiges Entschuldigen

Bei den Liberalen hat FDP-Bundesvorsitzender Christian Lindner das Sprachrohr des Krisenmanagers übernommen. In einem Interview mit der 'Bild am Sonntag' sagte er: "Wir haben unsere Grundhaltung klargestellt, Fehler eingeräumt und Konsequenzen gezogen." Die FDP sei in eine taktische Falle geraten, aber der "Wertekompass sei intakt".

Selbstnarrationen und Fremdnarrationen

Ob es ihm gelingen wird, das Ruder wieder herumzureißen und die Glaubwürdigkeit seiner Partei zu retten, wird sich zeigen. Bei der prozesshaften Bildung einer Unternehmensidentität fallen aber nicht nur die Selbstnarrationen, also die öffentlich sichtbare Eigendarstellung, in die Waagschale, sondern auch die Meinungen anderer, so genannte Fremdnarrationen.  

"Arbeit an der Identität einer Organisation kann nur bedeuten, solche Selbstnarrationen, ob im Marketing, in der PR, in der internen Kommunikation oder im Employer Branding, zu erzählen, die geeignet sind, positive beziehungsweise im Sinne des Unternehmens kommunizierende Fremdnarrationen zu evozieren", veranschaulicht Springer-Autor Michael Müller im Buchkapitel "Glaubwürdigkeit in der narrativen Konstruktion von Unternehmensidentität" (Seite 134). Statt leerer Worthülsen sollte die Krisenkommunikation folglich lebendigere Erzählformen für den organisationalen Wertekanon beinhalten. Glaubwürdigkeit und ein guter Ruf entstehen nicht allein auf rationaler Basis, sondern vielmehr durch die Emotionen, die Unternehmensbotschaften bei der Zielgruppe hervorrufen. 

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