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08.07.2022 | Ressourceneinsatz | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wachstum muss ohne Schäden an der Umwelt auskommen

verfasst von: Frank Urbansky

3 Min. Lesedauer

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Das traditionelle kapitalistische Wachstumsmodell wird in Zeiten von Umweltverschmutzung und Ressourcenknappheit hinterfragt. Drei Schweizer Wissenschaftlerinnen skizzieren Lösungen für diesen Konflikt.

Das traditionelle Mantra des Kapitalismus von Wohlstand durch Wachstum hat ausgedient. "Die Auswirkungen der linearen Wirtschaft sind tiefgreifend sowohl für die Ökosysteme als auch die Gesellschaft […] und könnten starke Veränderungen oder gar den Zusammenbruch natürlicher Stoffkreisläufe herbeiführen. Hinzu kommt die Verknappung von Rohstoffen, die Preise steigen lässt und immer wieder Anlass für geopolitische Auseinandersetzungen ist", beschreibt ein Springer-Autorenkollektiv um Florian Schaller in seinem Buchkapitel Kreislaufwirtschaft als Säule des EU Green Deal auf Seite 233 die Gründe.

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Dass dies bisher so nicht hingenommen wird, liegt unter anderem an den geringen Kosten für den Naturverbrauch und die Umweltschäden. "Das ist nicht zukunftsfähig", sagt Irmi Seidl, Ökonomin und Leiterin der Forschungseinheit Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Sie plädiert für ein ökologisches Update. "Wollen wir unsere Lebensgrundlagen verantwortungsvoll nutzen, müssen wir dem Naturkapital einen substanziellen Wert beimessen und vom klassischen Wachstumsdenken wegkommen", so die Schweizer Wirtschaftswissenschaftlerin.

Ressourcen und Energie nach ökologischer Knappheit bewerten

Dazu müsse man natürliche Ressourcen und Energie nach der ökologischen Knappheit bewerten und negative Auswirkungen auf Klima und Umwelt entsprechend konsequent bepreisen, also teurer machen.

Und: Zentrale gesellschaftliche Bereiche müssten weniger wachstumsabhängig gestaltet werden. Seidl nennt hier Steuereinnahmen und Sozialwerke, die stark durch Abgaben auf Erwerbsarbeit finanziert würden, während die Unternehmenssteuern sinken. Das mache Arbeit zusehends teurer. Folglich ersetzten Firmen Arbeit durch Technologie, was wiederum Wachstum verursache, um Erwerbsarbeit zu schaffen.

Diese Wachstumsspirale müsse gestoppt werden. Das erfordere nicht zuletzt ein neues Verständnis von Arbeit, denn Wachstum werde vor allem angestrebt, um die Erwerbsarbeit zu sichern. "Der hohe Stellenwert der Erwerbsarbeit muss sinken", so Seidl. Heißt: Die Erwerbstätigkeit pro Kopf würde sinken, es bleibe mehr Zeit für ehrenamtliche Arbeit oder einfach für sich selbst.

Gelingt dies nicht, würde weiter auf Ressourcenverbrauch und damit einhergehende Umweltzerstörung gesetzt. "Etwa zwei Drittel der globalen Treibhausgasemissionen gehen auf die Gewinnung und Nutzung von Rohstoffen zurück", rechnen Catharina Bening und Nicola Blum, die beide als Senior Researcher am Lehrstuhl für Nachhaltigkeit und Technologie (SusTec) der ETH Zürich forschen und zusammen den Bereich Kreislaufwirtschaft leiten.

Nicht einfach mehr Material in Kreislaufsysteme pumpen

Sie stellten fest, dass Praktiker ihre Kreislaufsysteme nach einer einfachen Regel optimieren. Je mehr Material zirkuliert, desto besser. Dabei würde aber nicht der Wasser- oder Energieverbrauch mit einbezogen. "Die Tatsache allein, dass Materialien im Kreis geführt werden, ist weder in jedem Fall besser für die Umwelt, noch muss es sich finanziell rechnen", so Blum.

Als Beispiel dient ihr das Sammeln, Einschmelzen und Wiederverwerten von Altglas, das unter Umständen durch den hohen Energieverbrauch weniger umweltverträglich ist als gedacht. Während das Sammeln durch die Bevölkerung unbestritten wichtig ist, kann es sein, dass das Recycling zu neuen Flaschen wegen des hohen Energieverbrauchs ökologisch weniger günstig ist als eine Verwendung als Dämmstoff, etwa in Glaswolle. Sie empfehlen deshalb, bei jeder Maßnahme neben dem Materialfluss auch die Nachhaltigkeit in den drei Dimensionen Ökologie, Wirtschaft und Gesellschaft zu prüfen.

"Abfall wird zunehmend als Ressource betrachtet. Ursache dafür sind die Probleme und Kosten, die mit der modernen, auf Wachstum ausgerichteten Wirtschaftsweise verbunden sind: Raubbau an der Natur, Kosten für die Entsorgung und eine Mentalität, allzu oft das neueste Produkt zu erwerben, bestimmen das Problemfeld", beschreibt Springer-Spektrum-Autor Ulrich Smeddinck in seinem Buchkapitel § 3 Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht auf Seite 127 genau diese Sichtweise.

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