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20.04.2020 | Wirtschaftsrecht | Interview | Online-Artikel

"Forschungsförderung stärkt deutsche Wirtschaft"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurden:
Dr. Sylvia Trage

ist Director bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Dr. Jan Wendland

ist Director im Bereich Tax bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Innovation und Forschung ist in vielen Branchen unerlässlich, um auf dem internationalen Markt bestehen zu können. Wie der Staat Unternehmen in diesem Bereich finanziell fördert, erläutern die Experten Sylvia Trage und Jan Wendland im Interview.

springerprofessional.de: Welche Rolle spielt die Förderung bei der Forschung und Innovationsentwicklung in der deutschen Wirtschaft?

Sylvia Trage: Die Förderung von Forschung und Innovation zielt im Allgemeinen darauf ab, deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu halten und zu machen. So gab es im Vergleich zu anderen Ländern bis zur Einführung des Forschungszulagengesetz (FzulG) Anfang dieses Jahres keine steuerliche Förderung durch den deutschen Staat, wodurch deutsche Firmen einen klaren Nachteil gegenüber der ausländischen Konkurrenz hatten. Eine derartige Förderung hat für die deutsche Wirtschaft daher eine sehr wichtige Bedeutung, um deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb zu stärken und die Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) nachhaltig zu forcieren.

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Wie sieht das in Europa aus?

Sylvia Trage: Auch auf europäischer Ebene werden Anreize geschaffen, um zur langfristigen Entwicklung beizutragen. Hierzu wurde bereits im Jahr 2014 das Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung namens "Horizont 2020" der Europäischen Union gestartet.

Unternehmen können über verschiedene Kanäle Kapital für Forschungsprojekte generieren. Können Sie uns die wichtigsten nennen, die vor allem für kleinere und mittlere Betriebe (KMU) in Frage kommen?

Sylvia Trage: Zu den derzeit wichtigsten Fördermaßnahmen zählen die Fachprogramme des Bundes, die Zuschüsse für F&E-Projekte in bestimmten Technologie- & Themenfeldern anbieten und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und Bundesumweltministerium (BMU) administriert werden. Weiter zu nennen sind die Förderinitiative KMU-innovativ, die mit ihren Projekttypen und der administrativen Umsetzung auf die spezifische Situation von F&E in kleineren und mittleren Betrieben eingeht, sowie das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des BMWi.

Und darüber hinaus?

Sylvia Trage: Interessant ist außerdem das Programm Eurostars, das aus den Budgets der beteiligten Länder finanziert wird und Zuschüsse für eine kooperative europäische Zusammenarbeit in F&E-Projekten von KMU anbietet. Von Bundesseite gibt es zudem Zuschussprogramme für Innovationsaktivitäten in KMU im Zusammenhang mit der Nutzung externer Innovationsberatung und Fragen des Patentschutzes.

Mit dem Forschungszulagengesetz (FzulG) soll der Unternehmensstandort Deutschland durch steuerliche Forschungsförderung gestärkt werden. Wo setzt das Gesetz den Hebel an, um dieses Ziel zu erreichen, und für welche Unternehmen ist es besonders interessant?

Jan Wendland: Ziel des Gesetzes ist es, F&E unabhängig von der jeweiligen Gewinnsituation des Unternehmens zu fördern. Daher zieht das Gesetz als Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage nicht die Einkünfteermittlung oder den Steuersatz heran, sondern stellt auf die damit verbundenen Kosten ab, also den Personalaufwand für forschende Mitarbeiter beziehungweise im Fall der Auftragsforschung die hierfür in Rechnung gestellten Beträge. Die Forschungszulage ist grundsätzlich auf die Steuerschuld anrechenbar. Im Verlustfall wird sie jedoch als "Steuerguthaben" ausgezahlt, so dass Unternehmen unabhängig von der Gewinn- oder Verlustsituation profitieren.

Was heißt das konkret?

Jan Wendland: Das Gesetz deckelt die Forschungszulage auf 500.000 Euro pro Jahr. Bei verbundenen Unternehmen im Sinne von §15 AktG wird dieser Höchstbetrag nur einmalig je Wirtschaftsjahr gewährt. Vor diesem Hintergrund dürfte die Forschungszulage insbesondere für forschende mittelständische Unternehmen interessant sein.

Welche sind die wichtigsten Kriterien, die die Unternehmen erfüllen müssen?

Jan Wendland: Anspruchsberechtigt sind alle Im Inland steuerpflichtigen Unternehmen, unabhängig von der Größe und dem Unternehmenszweck. Begünstigt sein können F&E-Projekte im Rahmen der eigenbetrieblichen Forschung, der Auftragsforschung und Kooperationen mit anderen Unternehmen oder von Forschungseinrichtungen. Förderfähig sind ausschließlich Aufwendungen bei neuen Vorhaben ab dem 1.1.2020, die für Grundlagenforschung, industrielle Forschung oder für experimentelle Entwicklung angefallen sind. Das gilt soweit sie nicht bereits anderweitig gefördert sind, denn es soll keine Doppelförderung geben. Der Gesetzgeber zieht also eine weite Forschungsdefinition heran, was zu begrüßen ist. Gleichwohl erschwert die weite Definition auch die grundsätzliche Beurteilung, ob ein Förderungsantrag Aussicht auf Erfolg hat. Häufig ist auch Expertenwissen erforderlich, zum Beispiel von Naturwissenschaftlern oder Ingenieuren mit dem entsprechenden Marktüberblick.                                                                         

Bislang war die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten häufig mit einem großen administrativen Aufwand verbunden. Vor allem den Mittelstand schreckte das eher ab. Sorgt das Gesetzt hier für Erleichterung oder bleibt das eher Theorie? Vielleicht können Sie uns hierzu ein praktisches Beispiel geben.

Jan Wendland: Die Antwort auf diese Frage fällt leider noch nicht leicht. Entscheidend für den administrativen Aufwand dürfte die Komplexität des Antrags sein. Da bisher weder die entsprechende Bescheinigungsstelle noch das Antragsformular feststeht, bleibt hier die weitere Entwicklung abzuwarten. 

Wie sieht der Prozess in der Theorie aus?

Jan Wendland: Grundsätzlich ist das Antragsverfahren für die Forschungszulage zweistufig ausgestaltet. Im ersten Antragsverfahren sollen Bescheinigungsstellen prüfen, ob ein F&E-Vorhaben dem Grunde nach förderungswürdig im Sinne des Forschungszulagengesetz ist. Diese Stellen stehen allerdings noch nicht fest, das Bundesministerium für Bildung und Forschung wird sie erst noch verkünden. Im Erfolgsfall wird für eine Forschungsvorhaben dann eine entsprechende Bescheinigung erstellt. Der Antrag ist nicht fristgebunden und kann vor, während oder nach dem betreffenden Wirtschaftsjahr bzw. der Verwirklichung des Projektes gestellt werden. Auf Basis der Bescheinigung kann nach Ablauf des Wirtschaftsjahres der betroffenen Aufwendungen die Forschungszulage beim Finanzamt beantragt werden.

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