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27.10.2020 | Car-to-X | Schwerpunkt | Online-Artikel

Nachholbedarf bei Connected-Car-Services

verfasst von: Christiane Köllner

5 Min. Lesedauer

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Das Auto wandelt sich zum vernetzten Mobilitätsprodukt. Das stößt bei Verbrauchern eigentlich auf Interesse, wie Umfragen zeigen. Doch die Zahlungsbereitschaft und das Vertrauen in die Datensicherheit sind eher gering. 

Automobilhersteller treiben die Konnektivität ihrer Fahrzeuge voran. Die Bedeutung von vernetzten Fahrzeugen wird in den nächsten Jahren zunehmen. Waren es im Jahr 2018 weltweit noch 119,4 Millionen, soll ihre Zahl laut Capgemini Invent bis 2023 auf 352 Millionen steigen. Die Vernetzung und Digitalisierung führt zu einem stetig wachsenden Portfolio an Connected-Car-Services. Ob Unfall- und Pannen-Management, Verkehrszeichenerkennung oder die Gesundheitsüberwachung des Fahrers: Die neuen Funktionen und Services sollen Komfort und Sicherheit im Fahrzeug weiter erhöhen. 

Empfehlung der Redaktion

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Connected Cars

Analyse von Start-up Kooperationen im Geschäftsmodell der vernetzten Automobile

Die Vernetzung der Automobile ermöglicht digitale Dienste, die Mehrwerte für Fahrer und Halter hinsichtlich Sicherheit, Navigation, Information, Komfort sowie Unterhaltung generieren. Im Geschäfsmodell der Connected-Car-Services besitzt die Komponente der Partnerschafen eine hohe Bedeutung (vgl. Bosler et al. (2018)). Die OEMs kooperieren mit etablierten Automobilzulieferern, ehemals branchenfremden Unternehmen – z.B. IT-Dienstleister oder Sofware-Unternehmen wie Google respektive Apple – und jungen Start-ups.

Konnektivität weckt Kundeninteresse

Das stößt bei Verbrauchern durchaus auf Interesse, wie Umfragen zeigen. "82 Prozent der Befragten sieht großes Potenzial in der Konnektivität von Fahrzeugen", erläutert Dr. Hans-Christian Riekhof, Professor für Internationales Marketing an der PFH Private Hochschule Göttingen. Riekhof hat in der Studie "Connected-Car-Services in Deutschland" die aktuell im Fahrzeug verfügbaren Konnektivitätsdienste aus der Kundenperspektive analysiert. An der Befragung vom März 2020 haben 543 Personen teilgenommen. Als besonders zukunftsweisend betrachten die Befragten Car-to-Car-Sicherheits-Kommunikation, also beispielsweise die Warnung nachfolgender Fahrzeuge vor einem Unfall, vor plötzlichem Glatteis oder ähnlichen Gefahren.

Allerdings: OEMs konnten den Markt für vernetzte Dienste noch nicht umfassend durchdringen, wie aus dem zweiten "Connected Vehicle Trend Radar" von Capgemini Invent hervorgeht, der untersucht, wie die Automobilindustrie mit vernetzten Diensten rentabel werden kann. Weltweit wurden für die Studie über 3.000 Verbraucher befragt. Die Studie zeigt, dass die vernetzten Dienste der traditionellen Automobilhersteller von den Verbrauchern häufig noch nicht angenommen werden. Erst 56 Prozent der befragten Verbraucher verfügen über vernetzte Dienste in ihren Fahrzeugen, lediglich 51 Prozent davon nutzen diese häufig oder sehr häufig, 29 Prozent nur gelegentlich. 

Öffnung des Konnektivitäts-Ökosystems

Im Vergleich zu Drittanbietern sind die Automobilhersteller mit ihrem Angebot bislang deutlich hinten dran. Marc Cäsar, Director im Bereich Automotive bei Capgemini Invent, kritisiert den Ansatz der Hersteller: "Die meisten Hersteller neigen dazu, die Wertschöpfung von vernetzten Diensten genauso anzugehen, wie sie Fahrzeuge produzieren. Sie erledigen die meisten Arbeiten selbst, indem sie Komponenten – und auch Services – von Zulieferern zusammenbauen, anstatt ihr Connected-Car-Ökosystem für erstklassige Partner zu öffnen, die hier schon weiter sind." Der Verlust an entsprechenden Marktanteilen schlage sich in Umsatzverlusten nieder.

Eine Öffnung des Connected-Services-Portfolios für Anwendungen von Drittanbietern gäbe den Herstellern jedoch die Möglichkeit, "ihre Pole-Position gegenüber ihren digitalen Wettbewerbern zurückzuerobern", wie es von Capgemini heißt. Auch eine Analyse der Springer-Autoren Micha Bosler und Wolfgang Burr, die die Start-up-Kooperationen im Geschäftsmodell der vernetzten Automobilen untersucht haben, bestätigt diese Einschätzung: Alle analysierten Kooperationen hätten auf eine Wertsteigerung des Ökosystems rund um die vernetzten Automobile abgezielt, so die Autoren des Buches Mobilität in Zeiten der Veränderung. Sie resümieren: 

Liefert ein Start-up strategisch wichtige Ressourcen, Technologien oder auch methodische Kompetenzen, welche bei der fortschreitenden Vernetzung der Automobile benötigt werden, verbessert die Partnerschaft die Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit der zugehörigen Dienste."

Zahlungsbereitschaft für Connected-Car-Services eher gering

Und ansprechende Dienstleistungen sind entscheidend, denn die Zahlungsbereitschaft der Kunden für vernetzte Dienste ist derzeit relativ gering: Laut PFH-Studie ist ein fast ein Viertel der Befragte nicht bereit, für vernetzte Dienste zu zahlen, und nur etwas mehr als ein Drittel will zehn Euro und mehr im Monat ausgeben. "Für die Automobilhersteller ist es von sehr hoher Bedeutung zu erfahren, wie es um die Zahlungsbereitschaft für Connected-Car-Services bestellt ist. Schließlich haben verschiedene Hersteller erklärt, dass sich ihr Geschäftsmodell in den kommenden Jahren deutlich verändern wird und dass sie nicht mehr allein Kraftfahrzeuge verkaufen, sondern sich zunehmend als Mobilitätsdienstleister verstehen wollen", erläutert Riekhof. "Angesichts der jährlichen Gesamtkosten eines Automobils darf man an dieser Stelle wohl sagen, dass die Zahlungsbereitschaft als eher gering anzusehen ist", so der Professor. 

Auch eine Untersuchung von Deloitte kommt zu diesem Ergebnis: Die Bereitschaft, für Connected Services extra zu bezahlen, sei zurzeit "noch verhalten", wie die Deloitte-Analysten Andreas Herzig und Ljuba Kerschhofer-Wallner im Artikel Connected Car Services zwischen Kundenvertrauen und Datenschutz aus dem ATZextra Big Data 2019 erklären.

Wenig Vertrauen in Facebook & Co. bei Datensicherheit

Doch für "Konsumenten spielen bei der Entscheidung für oder gegen Connected-Car-Services nicht nur Kosten-Nutzen-Aspekte eine wichtige Rolle, sondern auch die Frage nach der Sicherheit der Daten", erläutert Marc Scholz, Co-Autor der PFH-Studie und Masterabsolvent der PFH. Und an Vertrauen in die Datensicherheit mangelt es. Gut zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) äußerten Bedenken hinsichtlich Datensicherheit und Datenverwendung.

"Die Befragung ergab, dass im Vergleich führender Automobilkonzerne mit führenden IT-Konzernen die Nutzer höheres Vertrauen in die Automobilkonzerne setzen", sagt Scholz. Der Studie zufolge ist das Vertrauen in die Premium-Hersteller bei der Verwendung der Daten aus den Connectivity Services groß, Apple liegt auf Platz 4 vor weiteren europäischen Herstellern, Facebook und Google sind deutlich abgeschlagen. 

Einige Autohersteller haben die Chancen eines verbrauchergerechten Datenschutzes erkannt. Sie "ermöglichen die Kontrolle der Fahrzeugdaten zum Beispiel über Online-Portale, Apps oder im fahrzeugeigenen Display", wie Springer-Autorin Marion Jungbluth im Kapitel Wird das automatisierte und vernetzte Auto zur digitalen Zwangsjacke für Verbraucher? des Buches Grundrechtsschutz im Smart Car ausführt. Die Autohersteller seien gefordert, die Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung für die Verarbeitung von Fahrzeug-Daten "verbraucherfreundlich umzusetzen, Transparenz für die Datennutzung in einfacher und übersichtlicher Weise herzustellen und die Einwilligung zur Verarbeitung mit klarer Benennung des Zwecks deutlich einzuholen sowie den Widerspruch jederzeit zu ermöglichen", so Jungbluth. Sie plädiert für ein Datensicherheits-Label vergleichbar mit der Energieverbrauchskennzeichnung. "Verbraucher könnten dann auf einen Blick erkennen, wie datenintensiv oder -sparsam ein Produkt ist, und könnten die Folgen der Datenverarbeitung besser abschätzen".

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Die Hintergründe zu diesem Inhalt

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Connected Cars

Analyse von Start-up Kooperationen im Geschäftsmodell der vernetzten Automobile
Quelle:
Mobilität in Zeiten der Veränderung

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