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01.11.2018 | Controlling | Interview | Online-Artikel

"Beziehungseffizienz ist kein Modewort"

verfasst von: Sylvia Meier

6 Min. Lesedauer

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Interviewt wurden:
Günter Moser

ist MBA-Dozent an der Hochschule Ansbach für das Modul "Controlling und Business Excellence".

Marc Fischer

ist MBA-Dozent an der Hochschule Ansbach für das Modul "Controlling und Business Excellence", Controller, NLP-Master, Graves-Consultant und Sachbuchautor.

Die Digitalisierung in der Finanzabteilung verändert viele Prozesse. Im Interview erläutern Günter Moser und Marc Fischer, warum gerade die Menschlichkeit bei der Digitalisierung nicht auf der Strecke bleiben darf.

Springer Professional: Im Moment werden allein durch die Digitalisierung viele Prozesse verändert, beispielweise in der Finanzabteilung. Alles soll effizienter werden. Wie nehmen Sie die aktuelle Entwicklung wahr? 

Günter Moser: Wir verspüren täglich die Auswirkungen der Digitalisierung. Speziell Controller, die eine interdisziplinäre Steuerfunktion innehaben und zentrale Informationsstellen darstellen, sind davon besonders betroffen. Die Erwartungen durch die Digitalisierung sind vielfältig. Es soll vor allem schneller und effizienter gehen. Auch die Anforderungen an die technischen Fähigkeiten eines Controllers steigen an, die Daten nutzen und auswerten zu können.

Aus unserer Sicht liegen in der Digitalisierung neue und vielleicht noch ungeahnte Möglichkeiten, mehr Transparenz zu erhalten und Zusammenhänge klarer aufzuzeigen. Hierin liegt eine Chance, neue, noch bessere Toolboxen zu entwickeln, die uns in unserer täglichen Arbeit unterstützen. Doch die Schattenseite dieser Datenflut ist, dass sie uns überrollen kann und wir vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen. Daten werden erst dann zu nutzbringenden Informationen, wenn sie verstanden, sinnvoll aggregiert sind und zur wirklichen Entscheidungsfindung beitragen. Verstandene Informationen helfen uns dabei, bessere, fundiertere Entscheidungen treffen zu können. Wichtig dafür sind aber aus unserer Sicht die Beziehungen und der Informationsaustausch zwischen den Abteilungen, um Informationen an die richtige Stelle und zur richtigen Zeit zu bringen. Womit wir beim Thema Beziehungseffizienz angelangt sind.

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Wenn Effizienz nachhaltig sein soll

Unternehmen wollen effizienter werden, konzentrieren sich dabei aber meist auf ihre Prozesse und Ressourcen. Die Beziehungseffizienz lassen sie außen vor und entfalten damit nicht ihr volles Potenzial. Mehr Nachhaltigkeit können sie bereits mit einfachen pragmatischen Maßnahmen erreichen.


In der Digitalisierung liegt die Gefahr, die Menschlichkeit, das klärende gute Gespräch aus den Augen zu verlieren und sich ausschließlich auf die neuen technischen Möglichkeiten zu fokussieren. Es reicht nicht aus, die Kollegen mit neuen Berichten und Datenmengen zu versorgen, die unverstanden zu Verwirrungen führen. Es bedarf eines übergreifenden ganzheitlichen Konzepts, damit die Digitalisierung wirklich Früchte für die Unternehmung trägt.

Welche Rolle spielen zwischenmenschliche Themen für erfolgreiche Prozessveränderungen? Und werden diese Themen überhaupt aktiv begleitet? 

Marc Fischer: Der partnerschaftliche und respektvolle Umgang miteinander und der Fokus auf die Beziehungen in Unternehmen bleiben auch in einer zunehmend digitalisierten Welt entscheidende Erfolgsfaktoren. Prozessveränderungen werden nur dauerhaft gelebt, wenn deren Sinn erkannt und ein inneres Einverstanden der beteiligten Personen vorliegt. Ansonsten verhindern Blockaden den Erfolg, es kommt zu Irritationen und Verzögerungen oder gar zum Stillstand. Die Art des miteinander Kommunizierens, die gelebten Beziehungen untereinander, bestimmen somit die Effizienz der Zusammenarbeit. Aus diesem Blickwinkel heraus, sollten Veränderungsprozesse in einer Art und Weise aktiv begleitet werden, in der die Verbesserungen für jeden sichtbar dargestellt sind, zum Beispiel in Form von plausiblen Kennzahlen. Dies setzt neben dem Herausstellen einer grundsätzlichen, nachvollziehbaren Sinnhaftigkeit der Prozessveränderung auch eine klare Zielsetzung voraus, die im Rahmen einer Nachverfolgung oder Projektbegleitung messbar ist.

Was hat es mit dem sogenannten Effizienz-Dreieck auf sich? 

Günter Moser: Effizienz und deren Verbesserung wird in Unternehmen aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus angegangen. Prozesse werden effizienter gestaltet und auch der Ressourceneinsatz wird permanent daraufhin untersucht, inwieweit Optimierungsmöglichkeiten vorhanden sind. Prozess- und Kosteneffizienz sind den Managern also sehr geläufig und werden angegangen. Die Beziehungseffizienz jedoch wird häufig nur sehr spärlich und hemdsärmelig verfolgt. Bei ihr handelt es sich um jene Aspekte, die durch motivierte und zufriedene Mitarbeiter entstehen, die Freiräume haben, ihr ganzes Potenzial kreativ in die Unternehmung zur Entfaltung zu bringen im Gegensatz zu Mitarbeitern, die "nur" ihren Dienst nach Vorschrift verrichten. Partnerschaftliche Kommunikationsformen und eine Unternehmensführung basierend auf Vertrauen und Wertschätzung sind ein Weg hin zur gewinnbringenden Beziehungseffizienz, die sich durchaus messen lässt.

Diese drei Ebenen der Effizienz, also (Ressourcen, Prozesse, Beziehungen, stellen wir als Dreieck dar, weil sie in gegenseitiger Wechselwirkung zur Gesamteffizienz beitragen, im besten Fall in einer ausbalancierten Weise. Es kann hier zu Schiefständen, zu einem Ungleichgewicht der drei Dimensionen kommen, was zu einer Umkehrung anfänglich realisierter Erfolge führen kann. So können bereits zunächst erfolgreich eingeführte Prozessveränderungen nach einiger Zeit auch wieder im Sande verlaufen, wenn die involvierten Mitarbeiter z.B. durch mangelndes Verständnis oder fehlender Akzeptanz die Veränderung nicht mittragen. Das heißt hier liegen noch vielfältige Potenziale verborgen, die gehoben werden können.

Woher weiß ein Unternehmen, wie es um die Beziehungseffizienz steht? Wie kann man diese messen? 

Marc Fischer: Deutliche Symptome einer geringen Beziehungseffizienz zeigen sich zum Beispiel darin, dass Projektziele oft nicht eingehalten und Deadlines immer wieder verschoben werden, Konflikte nicht im Kern gelöst werden, lange Besprechungen ohne wirkliche nutzbringende Ergebnisse stattfinden, hektischer Aktionismus vorherrscht anstelle von wohlüberlegtem, abgestimmten Handeln und schließlich auch in einem schlechten Betriebsklima. Das Interessante ist, dass die Beziehungseffizienz messbar ist: Verbessert sie sich, zeigt sich das allgemein in einem geringerem Krankenstand der Mitarbeiter (aufgrund gestiegenem Wohlgefühl), Projekte werden termingetreuer und passgenauer abgearbeitet, die Anzahl an Verbesserungsvorschlägen seitens der Belegschaft steigt, Lagerbestände sinken durch die bessere Abstimmung von Produktion und Vertrieb, Reaktionszeiten durch geändertes Kommunikationsverhalten zwischen beteiligten Abteilungen werden verringert und so weiter.  

Welche Folgen hat es, wenn die Beziehungseffizienz in einem Unternehmen mangelhaft ist? 

Günter Moser: Mangelhafte Beziehungseffizienz drückt sich vor allem in einem schlechten Betriebsklima aus. Es liegt eine unterschwellige Unzufriedenheit der Mitarbeiter vor, die zur Resignation oder gar inneren Kündigung führen kann. Die Mitarbeiter werden zu Mitläufern, die Dienst nach Vorschrift verrichten. Die Potenziale der Einzelnen bleiben verschüttet und die Fluktuation der Mitarbeiter steigt an, da sie hier in der Unternehmung keine Erfüllung finden. In Summe liegen also immense Potenziale brach, die aber wichtig sind, um auf dem Markt dauerhaft wettbewerbsfähig sein.

Wie kann die Beziehungseffizienz verbessert werden? 

Marc Fischer: Aus unserer Sicht gibt es auf allen Hierarchie-Ebenen eines Unternehmens vielfältige Möglichkeiten, die Beziehungseffizienz zu verbessern. Idealerweise beginnt es damit, dass das Top-Management Beziehungseffizienz nicht nur als Modewort betrachtet, sondern sie aktiv und authentisch vorlebt. Dazu gehört zum Beispiel, sich zu klaren Leitlinien, Strategien und Zielsetzungen zu bekennen, sie an die Mitarbeiter verständlich zu kommunizieren und auch selbst entsprechend zu handeln. Durch die damit entstehende Klarheit erreichen sie, dass Energien gebündelt, priorisiert und ausgerichtet werden können, während ein Fehlen auf dieser Ebene bereits zu Effizienzverlust und Energieverschwendung führt. 

Auf der Ebene des mittleren Managements, kann ein Abteilungs- oder Bereichsleiter sich für seine Mitarbeiter einsetzen, um Zeiten und Räume für kreatives Arbeiten zu finden, das notwendig ist um jenseits des Tagesgeschäfts Neues entstehen zu lassen. Dies kann er beispielsweise erreichen, indem er überflüssige Kontrollsysteme abbaut, die den Mitarbeiter unnötig binden und in denen zudem auch immer ein Element des Misstrauens mitschwingt. Die Möglichkeiten und Ansatzpunkte sind hier sehr vielfältig. Perspektivisch und allgemein gesprochen geht der Weg für das Unternehmen als Ganzes eher in Richtung lösungsorientiertem, systemischem Denken, das dem Mitarbeiter mehr Freiräume lässt und ihm im Gegenzug mehr Verantwortung und Mitdenken abverlangt. 

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