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15.11.2016 | CRM | Kolumne | Online-Artikel

CRM reloaded – sind wir schon digital?

verfasst von: Prof. Dr. Rainer Elste

4:30 Min. Lesedauer

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Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber manchmal verfestigen sich Eindrücke oder Erlebnisse zu einem bestimmten Thema in kürzester Zeit. Mir geht es gerade mit dem Thema CRM so.

Ich war eigentlich der Meinung, dass mittlerweile jedes Unternehmen ein mehr oder weniger funktionsfähiges CRM betreiben würde (unabhängig davon, was jeder von uns darunter versteht). Doch weit gefehlt: Ich wurde gebeten, als Juror für einen CRM-Preis die neun Bewerber nach ihrer Innovationsleistung auf diesem Gebiet zu beurteilen. Und da gab es tatsächlich einige Unternehmen, die sich selbst als herausragend ansahen, da sie nun endlich ein CRM eingeführt haben, das über den Level des Datenfriedhofs hinaus geschritten ist.

CRM auch (!) für den Vertrieb

Ich war zunächst etwas amüsiert, dann erschrocken und nach längerem Nachdenken nur noch ernüchtert und hatte viel Verständnis für diese Bewerber, wenn nicht gar Bewunderung. CRM-Projekte konnten in der Vergangenheit das Karriere-Aus bedeuten – fast so wie das interne Projekt "Umzug der Abteilung organisieren", bei dem der Verantwortliche auch nur verlieren konnte. Die sich nun für einen CRM-Preis beworben haben, haben unerschütterlich an diesem Projekt (nach eigenen Angaben) teilweise über fünf Jahre gearbeitet. Das ist in der Tat honorierungswürdig.

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Den Nutzen des CRM-Systems im Vertrieb steigern

Die Chancen, die der Einsatz von Customer Relationship Management im Vertrieb bietet, werden in den meisten Unternehmen durchaus erkannt. Nur werden sie nicht genügend eingelöst.


Kurze Zeit darauf wurde ich im Rahmen eines Industrieprojekts Ohrenzeuge, wie der Geschäftsführer seinem Vertriebsleiter mitteilte, dass nun die IT kurz davor stünde, ein CRM-System auszuwählen, das dann auch (!) im Vertrieb umgesetzt wird. Mit meinem Partnerkollegen konnte ich noch rechtzeitig eingreifen und Schlimmeres verhindern. Kurz darauf berichtet mir ein Vertriebsmanager eines großen Chemiekonzerns, dass nun seitens der Finance-Abteilung der Zentrale an ihn die Implementierung eines CRM-Systems herangetragen wurde und er nicht genau wusste, was jetzt zu tun sei. Eine andere Teilnehmerin, die für ein Kampagnenmangement in einer Softwarefirma verantwortlich ist, war verwundert, warum der Vertrieb auch an der Veranstaltung teilnehmen würde. Sie war der Meinung, dass CRM doch eigentlich ein reines Marketinginstrument sei.

Kampf mit der ersten Stufe: Was ist CRM?

Und das im Jahr 2016? Ich hatte gemeint, wir wären schon bei CRM in der Digitalisierungsphase angekommen. Verknüpfungen mit vermeintlichen Big-Data-Analysen, eCRM, Social CRM und all die anderen Buzzwords wären nun an der Reihe, dachte ich. Sie kennen sicher alle den Bericht im Magazin Forbes, nach dem die US-amerikanische Einzelhandelskette Target bereits 2012 in der Lage gewesen sein soll, die Schwangerschaft eines Teenagers anhand ihres Einkaufsverhaltens vorhergesagt zu haben, bevor sie es selbst wusste (was übrigens nicht ganz stimmte). Doch in Wahrheit kämpfen noch heute Großteile der Unternehmen mit der ersten Stufe: Was ist eigentlich CRM? Was bringt mir ein CRM-System? Wie muss das Projekt geplant und umgesetzt werden, ohne dass am Ende es keiner nutzt?

Ich mache niemandem der hier Genannten einen Vorwurf und es soll auch nicht überheblich gemeint sein. Alle machen einen fantastischen Job in ihren Unternehmen. Schuld an der Misere sind ihre Vorgesetzten und CRM-Heilsbringer, die versprechen, dass ihre Software quasi allein Kunden gewinnt, betreut und notfalls wieder zurückgewinnt.

Nach einer Umfrage der Schweizer Trovarit AG aus diesem Jahr ist zwar die Zufriedenheit der Anwender mit ihren CRM-Systemen gar nicht so schlecht. Dennoch: Es mangelt an der wahrgenommenen Anwenderakzeptanz und Datenqualität – und der Pflegeaufwand wird als hoch angesehen. Auffällig sei auch, dass – trotz der guten Benotungen – nur jedes vierte CRM-Projekt ohne Probleme im täglichen Betrieb verläuft.  Drei von vier Projekten laufen also nicht. Damit hat sich in den letzten 25 Jahren also nicht viel am Thema CRM-Systeme geändert. Also doch CRM reloaded.

Machen wir erst einmal unsere Hausaufgaben, bevor wir über die nächsten Stufen im CRM nachdenken: vernünftige Zielsetzung und eine Einbindung der relevanten Funktionen in ein CRM Projekt. Binden wir diejenigen ein, die besonders gut sind und motivierend einwirken und die, die besonders kritisch sind.

Die größten Fehler bei der CRM-Einführung

Zur Erinnerung noch einmal die größten Fehler bei der Einführung eines CRM-Systems:

  1. Es werden die Prozesse von innen heraus betrachtet („Was passiert, wenn sich ein Kunde meldet?“) und nicht die Überzeugungsprozesse entlang der „Customer Journey“.
  2. Es wird darin vertraut, dass die Software es schon allein richtet Kunden zu betreuen.
  3. Mangelndes Verständnis der IT für die Anforderungen in Vertrieb, Marketing und After Sales verbunden mit mangelnder Kooperation.
  4. Mangelnde Anwenderorientierung (Bedienfreundlichkeit, Notwendigkeit und Relevanz der Eingaben) – mangelnde Berücksichtigung der Technologieakzeptanz.
  5. Mangelnde Ergebnis-, Ursache-Wirkung/Erfolgscontrolling-Orientierung, Datenfriedhof ohne Nutzen, kein Erkenntnisgewinn.
  6. Mangelnde Einbindung der relevanten Nutzertypen, wie Blockierer auf der einen und Heavy User auf der anderen Seite.

Und noch eines: Zunächst eine Software auszusuchen und dann im Unternehmen zu implementieren – wie es immer noch viele Unternehmen machen –, ist, als wenn der Autoverkäufer Ihnen einen schicken Roadster verkauft. Zu Hause angekommen erwartet Sie dann nur Kopfschütteln, weil Sie scheinbar vergessen haben, dem Verkäufer zu erklären, dass Sie ja drei Kinder haben und mit dem Wagen auch in den Urlaub fahren möchten.

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