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05.07.2023 | Employer Branding | Interview | Online-Artikel

"Krisen sind Bewährungsproben für Arbeitgebermarken"

4:30 Min. Lesedauer

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In der Pandemie mussten Unternehmen ihr Employer Branding anpassen. Auf Basis einer Studie hat Wissenschaftler Johannes Schmidt untersucht, wie Arbeitgebermarken dabei krisengerecht positioniert werden. Die zentralen Ergebnisse erklärt er im Interview mit Springer Professional.
 

Springer Professional: Sie haben in einer Studie die Auswirkungen der Corona-Krise auf ein krisengerechtes Employer Branding von Unternehmen untersucht. Was waren die Kernergebnisse?

Johannes Schmidt: In Krisenzeiten, oder speziell in einer Pandemie, stellt sich zuerst die Frage, ob Unternehmen überhaupt Ressourcen für Employer-Branding-Maßnahmen aufwenden sollen. Die von uns befragten Experten waren sich größtenteils einig, dass Investitionen in Employer Branding gerade in Krisenzeiten unerlässlich sind. Die Arbeitgebermarke eines Unternehmens befindet sich während einer Krise in einer Bewährungsprobe. Das heißt konkret: Ein Unternehmen kann zeigen, dass es in schlechten Zeiten hält, was es in guten Zeiten verspricht. Dabei spielt vor allem die Wertschätzung und Einbindung der eigenen Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. 

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Krisengerechtes Employer Branding

Empfehlungen für Unternehmen am Beispiel der Corona-Krise

Employer Branding wird betrieben, um sowohl von potenziellen als auch bereits beschäftigten Arbeitnehmern als attraktiver und glaubwürdiger Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Aber wie sieht es in Krisenzeiten aus? 

Unsere Experten berichten davon, dass bei den Beschäftigten das Bedürfnis nach Sicherheit während der Pandemie spürbar zugenommen hat. So profan es klingen mag: Arbeitnehmer wünschten sich zuallererst einen sicheren Arbeitsplatz. Außerdem stellte die Corona-Pandemie einen Brandbeschleuniger für die zuvor schon in einigen Bereichen zu beobachtenden Digitalisierungsbestrebungen mit Blick auf Employer Branding dar. Innerhalb kürzester Zeit mussten nahezu alle Unternehmen sich mit der Frage beschäftigen, wie sie sich im digitalen Raum präsentieren wollen, um von potenziellen Bewerbern als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. 

Sie und Ihre Co-Autoren vertreten daher die Ansicht, Employer Branding müsse krisengerecht sein. Was verstehen Sie genau darunter? 

Die Corona-Pandemie stellt zunächst einmal einen Spezialfall einer Unternehmenskrise dar – in unseren Augen handelt es sich insbesondere um eine Begegnungskrise. Unter krisengerechtem Employer Branding verstehen wir die Anpassung der Employer-Branding-Maßnahmen an die Herausforderungen einer Krise. Das bedeutet, dass Unternehmen ihre Arbeitgebermarke so positionieren müssen, dass sie auch in schwierigen Zeiten weiterhin als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden. Eine wichtige Rolle spielen hierbei Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung und -motivation sowie zur Krisenkommunikation. 

Was konnten Sie zum Retention Management und zur Krisenkommunikation ermitteln?

Bindung von bestehenden Mitarbeitern an das eigene Unternehmen ließ sich nach Ansicht unserer Experten während der Pandemie vor allem dadurch erreichen, dass Unternehmen Verständnis für die Belange ihrer Angestellten zeigen und sensibel und bereitwillig auf Bedürfnisse ihrer Beschäftigten eingehen. Hierbei spielt insbesondere flexibles Arbeiten, also größtmögliche Unabhängigkeit von Ort und Zeit, eine zentrale Rolle. Arbeitgeber haben hier die Chance, zu beweisen, dass sie endgültig im Zeitalter von New Work angekommen sind.

Krisengerechtes Employer Branding bedeutet aber auch, dass Unternehmen keine falschen Versprechungen machen dürfen und ihre Kommunikation an die Realität anpassen müssen. Besonders relevant sind nach Ansicht unserer Experten faktentreue Informationen zur aktuellen pandemischen Lage und damit einhergehende Auswirkungen auf den Betriebsablauf. Employer Branding wird in diesem Fall auch zur Krisenkommunikation eingesetzt. Letztendlich geht es darum, die Loyalität der Mitarbeiter und das Interesse der Bewerber zu erhalten und eine solide Basis für die Zeit nach der Krise zu schaffen.

Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Studienergebnisse für die praktische, krisensichere Ausgestaltung von Employer-Branding-Maßnahmen in Unternehmen?

Richtet man den Blick auf die interne Perspektive von Employer Branding, also insbesondere die beiden Aspekte Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterbindung, sind nach unserer Einschätzung zwei Attraktionsfaktoren zentral: Vertrauen und Individualität. 

Vertrauen ist ein Kernbestandteil moderner Mitarbeiterführung. Mit Blick auf die Gegebenheiten während der Corona-Pandemie heißt das konkret: Die Mitarbeiter müssen im Tagesgeschäft weiterhin spüren, dass man ihnen, etwa wenn sie von zuhause aus arbeiten, vertraut und man ihre Anliegen ernst nimmt. Genau das macht ein attraktives Arbeitgeberimage aus. Damit spielen insbesondere die Führungskräfte eines Unternehmens als personifizierte Markenbotschafter eine wichtige Rolle. Sie sorgen durch eine auf die aktuellen Gegebenheiten sowie die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter ausgerichtete Arbeitszuweisung nicht nur für einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag, sondern auch dafür, dass Talente sich weiterhin entfalten und wachsen können. 

Und was ist mit der Individualität?

Der letztgenannte Aspekt führt zur Anerkennung der Individualität von Mitarbeitern. Individuelle Freiheitsgrade am Arbeitsplatz erhalten nicht erst seit der Corona-Pandemie eine immer größere Bedeutung beim Wettbewerb um Talente. In vielen Branchen haben sich aufgrund des anhaltenden Fachkräftemangels die Machtverhältnisse radikal umgekehrt. So fordern immer mehr Mitarbeiter neben flachen Hierarchien und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit auch Aspekte wie etwa selbstbestimmtes Arbeiten mit größtmöglicher Zeitautonomie und letztlich auch auf ihre Bedürfnisse und Kompetenzen zugeschnittene Arbeitsaufgaben. 

Daher scheint es für Unternehmen zielführend, wenn nicht sogar zwingend erforderlich, sich mit den individuellen Bedürfnissen, subjektiven Werten und Lebensphasen jedes Arbeitnehmers oder Bewerbers auseinanderzusetzen. Und eben nicht, wie häufig zu vernehmen, holzschnittartigen, stereotypen Behauptungen über bestimmte Generationen blind zu folgen und darauf basierend gießkannenartig Maßnahmen anzusetzen. In diesem Zusammenhang erscheint uns vor allem der Ansatz einer personenbezogenen Stellenbildung sinnvoll. Diese rückt das individuelle Potenzial innerhalb der Ausgestaltung des Jobdesigns in den Vordergrund. 

Welche Empfehlungen haben Sie noch für Unternehmen?

Es ist nicht vieles sicher im zukünftigen Verlauf der Weltwirtschaft sowie im Wettbewerb der Unternehmen untereinander um Marktanteile, Gewinne und Talente. Aber eines steht fest: Die nächste Krise kommt bestimmt. Unternehmen, die ein positives Image als attraktive Arbeitgeber bei ihren bestehenden Mitarbeitern und den neu eintretenden Arbeitskräften haben, können dies als Wettbewerbsvorteil bei dem Weg aus der Krise nutzen.

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