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06.03.2023 | Leadership | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie CEOs ihren Abgang vorbereiten (sollten)

verfasst von: Annette Speck

5 Min. Lesedauer

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CEO-Wechsel sind keine triviale Personalangelegenheit. Intransparenz und ungelöste Baustellen können zu Reputationsverlust und Verunsicherung führen. Für einen erfolgreichen Wechsel braucht es vor allem gute Kommunikation.

Es gibt Unternehmen, die geräuscharm geführt werden und ohne Mediengetöse auch ihre Führungsspitze auswechseln. Und es gibt Konzerne, deren CEOs ein gewisses Dramapotenzial besitzen. Elon Musk, Besitzer von Tesla, SpaceX und seit Herbst 2022 auch von Twitter, gehört zweifellos zur letzten Kategorie. Insofern ist klar, dass seine Ankündigung vom Dezember, als CEO bei Twitter zurückzutreten, auf enormes Interesse stieß. Erst recht, da schon sein Antritt als Twitter-Chef im Oktober einen immensen medialen Widerhall gefunden hatte. Stichwort: Aufhebung von Account-Sperrungen, Massenentlassungen, neue Verifizierungs-/Bezahlmodelle.

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Dass Musk die Twitter-Nutzer über seinen Rückzugsplan abstimmen ließ und anschließend versprach, sich an das Mehrheitsvotum der 57,5 Prozent Befürworter zu halten, passt zu seinem speziellen Führungsstil. Tatsächlich wird er aber erst zurücktreten, "wenn sich jemand gefunden hat, der dumm genug ist, den Job zu übernehmen", so Musk auf Twitter. Man darf gespannt sein, wer sich beziehungsweise wem er den Posten zutraut. Da der Multi-Unternehmer als Strippenzieher in den Bereichen Software und Server an Bord bleibt, dürfte der oder die Neue es neben ihm nicht leicht haben.

Überraschungscoups können heikel sein

Vergleichsweise ruhig vollzog sich dagegen der vorzeitige Abgang von Kasper Rorsted bei Adidas, dessen Vertrag eigentlich noch bis 2026 lief. Im August 2022 verkündete der Sportartikelhersteller, dass Rorsted zum Jahresende abtrete. Anfang November präsentierte Adidas den Noch-Puma-Chef Björn Gulden als neuen CEO ab März 2023. Rorsted verließ das Unternehmen noch im November und hinterließ Gulden diverse Baustellen: Eine schlechte Bilanz im China-Geschäft, volle Warenlager wegen der inflationsbedingten Kaufzurückhaltung in den USA und Europa sowie den finanziellen Schaden aus der beendeten Kooperation mit dem Rapper Kanye West wegen dessen antisemitischer Äußerungen.

Während Twitter nach dem Antritt von Musk als CEO zahlreiche Werbekunden verlor, wird der CEO-Wechsel bei Adidas positiver beurteilt. Der Aktienkurs des Unternehmens schnellte mit der Bekanntgabe von Gulden als neuem CEO um 30 Prozent nach oben. Gleichzeitig wurde der neue CEO mit Vorschusslorbeeren überhäuft.

Das richtige Timing ist wichtig

An Kasper Rorsteds Reputation kratzen hingegen die ungelösten Adidas-Probleme. Womöglich hat er einfach den richtigen Zeitpunkt zum Ausstieg verpasst, indem er vor zwei Jahren seinen Vertrag noch einmal verlängerte. Viel Zeit für einen geordneten Übergang blieb ihm am Ende nicht. Aber auch Elon Musk, der laut Teslamag seit der Übernahme von Twitter auf eine 120-Stunden-Arbeitswoche kommt, könnte seine CEO-Fähigkeiten und sein Durchhaltevermögen überschätzen.

Dabei ist die Frage "Wann soll man aufhören" gar nicht so schwer zu beantworten: Attraktive Karriereangebote, Umzug dem Partner zuliebe, Krankheit, bisweilen sogar Downshifting sind auch in Chefetagen übliche Kündigungsgründe. Der Unternehmer und Wissenschaftler August-Wilhelm Scheer empfiehlt den Jobwechsel aber auch, wenn "das externe Leben schneller ist und die Ideen im Kopf nicht warten wollen". (Seite 233) Wer hingegen bereits den Firmenausstieg aus Altersgründen im Blick hat, solle diesen Schritt spätestens ab Anfang 50 vorbereiten, um gegebenenfalls ein Netzwerk für spätere Beratungstätigkeiten oder Beiratsfunktionen auf- und auszubauen, rät er. Auch bei der Suche nach einem Nachfolger könne man sich dann noch einbringen. In jedem Fall warnt Scheer davor, verbrannte Erde zu hinterlassen.

Professionell verhalten

Denn ein schlechter Abgang kann sich bekanntlich negativ auf die weitere Karriere auswirken, wie die Personalberatung Robert Half in einem Blogbeitrag mit Tipps für die letzten Tage im alten Job betont. Dabei gelten einige Tipps für CEOs ebenso wie für normale Mitarbeiter, so zum Beispiel:  

  • Bringen Sie alle laufenden Aufgaben zu Ende.
  • Vermitteln Sie Ihr Wissen weiter und nehmen sich ausreichend Zeit dafür.
  • Verabschieden Sie sich: Ein grußloser Abschied hinterlässt keinen guten Eindruck.

Stakeholder interessieren sich für CEO-Wechsel

Wichtig ist zudem, dass Führungskräfte ihr Ausscheiden sorgfältig und wohlüberlegt kommunizieren, um zu vermeiden, dass das Vertrauen in die Organisation verlorengeht. Immerhin hat die CEO-Kommunikation eine wichtige Orientierungsfunktion nach Innen und Außen.

Kommunikatives Fingerspitzengefühl gehört laut Markus Talanow auch bei lange geplanten Wechseln an der Unternehmensspitze dazu. Zum einen müsse der/die Neue erst noch die eigenen Pläne für die Führung der Firma ausarbeiten, zum anderen dürfe der/die alte CEO nicht in die Rolle der "lame duck" rutschen.

Ein eleganter Weg, die Balance zwischen dem berechtigten öffentlichen Interesse am 'Neuen' einerseits und der Sicherstellung einer geordneten Übergabe (inklusive eines angemessenen Abschieds) des 'Scheidenden' andererseits herzustellen, kann darin bestehen, ein Doppelinterview mit beiden zu arrangieren." Markus Talanow, "CEO-Kommunikation für Vorstände und Geschäftsführer", in: Handbuch Unternehmenskommunikation, Seite 990

Drei Kommunikationsphasen bei CEO-Wechseln

Schließlich verstärken sich Interesse und Informationsbedarf der Stakeholder, wenn es zu einem Wechsel im Vorstandsvorsitz kommt und die Medien beleuchten den Wechsel genau, schreiben auch Lasse-Benedikt Kowalewski et al. in dem Buchkapitel "Interaktion von Medienberichterstattung und PR beim Wechsel von Topmanagern". Unternehmen müssten deshalb mit allen Interessierten aktiv kommunizieren. Die Tiefe des Erklärungsbedarfs hänge dabei davon ab, wie offensichtlich die Wechselumstände seien, so die Springer-Autoren. (Seite 165/166)

Aufgrund ihrer qualitativen Inhaltsanalyse von 248 Medienberichten zu unerwarteten Wechseln im Topmanagement gliedern sie die Kommunikationsphase in drei wesentliche Phasen: die Gerüchte-, die Offenlegungs- und die Analysephase. Ob die Medienberichterstattung eher positiv oder negativ ausfalle, hänge in hohem Maße von den Wechselumständen ab. Erfolgte der Wechsel unerwartet und mit zuvor positiven Geschäftsergebnissen, falle die Berichterstattung meist wohlwollend aus. Ging dem Wechsel jedoch eine schlechte Unternehmensperformance oder ein Fehltritt des Topmanagers voraus, belegen die analysierten Fälle erwartungsgemäß eine negative Wertung.

Fazit: Unternehmen sollten ihre Stakeholder möglichst transparent und rechtzeitig über einen CEO-Wechsel informieren. Nur so lässt sich das Vertrauen ins Management und in die Zukunftsfähigkeit der Firma erhalten respektive wieder herstellen.

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