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12.02.2024 | Marketingstrategie | Gastbeitrag | Online-Artikel

Retail Media als Sales Turbo oder neuer Revenue Stream?

verfasst von: Dr. Johannes B. Berentzen, Dr. Philipp Hoog

4:30 Min. Lesedauer

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Mit Retail Media kann der Handel Werbeformen maßgeschneidert nutzen. Was dabei zu beachten ist und wo die Vorteile liegen, erklären die BBE-Handelsexperten Dr. Johannes Berentzen und Dr. Philip Hoog im Gastbeitrag.

Zur Zeit ist Retail Media eines der Marketing-Themen für den Handel schlechthin. Damit ist die Werbung und Vermarktung direkt an den Verkaufsstellen, sowohl in physischen Geschäften als auch auf Online-Handelsplattformen gemeint. Es nutzt Kundendaten und Technologie, um zielgerichtete und personalisierte Werbebotschaften in einem dafür passenden Kontext und im Modus von Kaufentscheidungen anzubieten. Mit einer Vielzahl von Werbeformaten, einschließlich 

  • digitaler Bildschirme, 
  • interaktiver Kioske und 
  • Online-Anzeigen 

wird der Einkaufsvorgang dazu genutzt, den Verkauf endemischer und nicht endemischer Angebote zu steigern. Ein neues B2B-Thema für den Handel, der sowohl für Lieferanten als auch für völlig neue Partner zum Media-Haus wird.

Ohne Störung, sondern mit natürlicher Wahrnehmung

Werbung beruht häufig auf dem Prinzip der Störung: Rezipienten schauen einen Film, dann kommt Werbung und schreit sie laut an: "Kauf mich". Oder sie lesen die Morgenzeitung und werden immer wieder von bunten Werbeinseraten abgelenkt, die nur selten ihre tatsächlichen Bedürfnisse treffen. Wieder eine Störung. Und die älteren Semester werden noch nachfühlen können, wenn man früher seine Lieblingssongs per Kassette aus dem Radio mitgeschnitten hat und die Lieder wegen Werbeunterbrechungen nicht zuende spielt. 

Anders bei Retail Media: Hier gibt es eine hohe Akzeptanz zur Interaktion mit dem beworbenen Produkt, da der Kontext als natürlich wahrgenommen wird und eben nicht als Störung. Basis ist die datengetriebene Historie der Kunden. Daten und Werbewirkung werden funnelübergreifend gemessen. Händler können sie sowohl im digitalen als auch im physischen Bereich bereitstellen. Ansprechpartner sind Mediaagenturen und Marketingverantwortliche. Es ist eine neue Einnahmequelle im Ökosystem des Händlers, wie die nachfolgende Grafik illustriert.

Viele Vorteile für Händler

Retail Media ermöglicht es, Werbung maßgeschneidert auf individuelle Kundeninteressen und -vorlieben auszurichten, indem Kundendaten wie Einkaufshistorie und Online-Verhalten analysiert werden. Diese Personalisierung steigert die Relevanz und Attraktivität der Werbung und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden das Geschäft aufsuchen. Zudem wird oftmals das Kundenerlebnis verbessert, indem fortschrittliche Technologien wie digitale Bildschirme, Augmented Reality und interaktive Kioske eingesetzt werden. Kunden werden auf Produkte aufmerksam gemacht und ihnen zusätzliche Produktinformationen geboten, was zu häufigeren Besuchen des Point-of-Sale führen kann. 

Retail Media ermöglicht es Einzelhändlern außerdem, maßgeschneiderte Promotions und exklusive Angebote zu präsentieren, die auf die spezifischen demografischen Merkmale und Einkaufsgewohnheiten der Kunden abgestimmt sind, wodurch Kunden motiviert werden, die Geschäfte zu besuchen. Überdies verbindet Retail Media digitale und physische Einkaufswelten, indem Online-Werbung genutzt wird, um Kunden in die Ladengeschäfte zu locken. Das erhöht wiederum die Kundenfrequenz in den Geschäften. Abschließend muss die Schaffung von Markenbewusstsein betont werden. Retail Media fördert das Bewusstsein für Marken und Produkte durch eine konsistente Medienpräsenz und ansprechende Werbung. Dadurch werden Kunden angeregt, Geschäfte zu besuchen, um mehr zu erfahren oder Produkte zu kaufen.

Fünf Einsatzbereiche aktuell im Fokus

  1. Advertising: Werbemöglichkeiten im Online-Shop, in der App des Retailers. Auf Basis der Targeting-Daten des Retailers auch im offenen Internet mit allen möglichen Puplishern, auch auf Parkplätzen oder im Store 18/1-Plakate, Video-Walls, Instore-Radio, Promotion-Flächen.
  2. Inside Solutions: Nutzung von Handelsdaten zum Beispiel über Selfservice-Plattformen: Werbepartner und Lieferanten können sehen, wie sie ihre Produkte verkaufen, wie sich Zielgruppen entwickeln.
  3. Loyalty-Programme zusammen mit Partnern, wie Shell, ADAC etc.
  4. Content-Formate, das heißt Optimierung von Artikeldetailseiten, Video-Inhalte, Markenshops, Kundenmagazine
  5. Instore: Gezielte Vermarktung von Werbeflächen im stationären Handel anhand von Bewegungsdaten in Echtzeit.

Der Hype kommt dabei aus zwei Richtungen. Zum einen ist natürlicher Kontext viel spannender als anonyme Werbung in nicht natürlichem Umfeld. Zum anderen durch die sogenannte Cookiecalypse, also den Wegfall von Werbecookies Ende 2024. Dadurch steigt der Wert der First-Party-Daten um ein Vielfaches.

Endemische und nicht endemische Partner bringen neues Potenzial

Ein spannender Aspekt dieser neuen Werbeform basiert auf der Erweiterung des Werbe- und Adressatenkreises. Denn nicht mehr nur endemische Partner, also beispielsweise Hersteller, deren Produkte in den Regalen der Händler zu finden sind, sondern auch nicht endemische Partner können die erweiterten Werbeplatzierungen strategisch für sich nutzen. Insgesamt gibt es also zahlreiche Vorteile für alle Beteiligten, solange das Wissen über die die Customer Journey des eigenen Kunden vorhanden ist. 
Als Advertiser sollte man sich dringend damit beschäftigen, insbesondere vor dem Hintergrund der "Cookieless world". Für Händler ist dies allerdings nicht trivial, da zunächst die Voraussetzungen für Retail Media geschaffen werden müssen. Dazu zählt beispielsweise der Aufbau einer Customer Data Platform (CDP), auf der alle Daten aus den verschiedenen Quellen zusammenlaufen, zum Beispiel Bewegungsdaten auf allen digitalen Kanälen oder dezentrale Einkaufsdaten der stationären Märkte.

Stärken im Handel ausspielen

Die Stärken des stationären Handels sind die Fläche, die Kundenfrequenz und der spezifische Kontext. Gelingt es, das Geschäft als Werbefläche zu erschließen, kann eine wirklich vielversprechende Erlösquelle hinzukommen.

Retail Media stellt eine revolutionäre Entwicklung im Bereich des Einzelhandelsmarketings dar. Es bietet Händlern nicht nur zusätzliche Einnahmequellen durch Werbeflächen, sondern verbessert auch das Verständnis und die Beziehung zu ihren Kunden durch datengestützte Erkenntnisse. Indem Einzelhändler Technologie und Datenanalyse nutzen, können sie nicht nur ihre eigenen Umsätze steigern, sondern auch das Einkaufserlebnis ihrer Kunden bereichern und eine langfristige Kundenbindung aufbauen. In einer sich ständig verändernden Einzelhandelslandschaft bietet Retail Media eine Plattform für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiges Wachstum. Insofern ist es beides: Sowohl Sales Turbo als auch neuer Revenue Stream.

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