Der Messestand des Maschinenbau-Konzerns wirkt auf den ersten Blick nüchtern und unauffällig. Die monumentalen Industriemaschinen, die das Unternehmen produziert, würden auch die Stand- und Hallenkapazitäten überfordern. Trotzdem kann sich der Messebesucher nicht nur die Maschine aus der Nähe betrachten – er kann sich auch hautnah von den Anwendungsmöglichkeiten, den Abläufen und Funktionen des riesigen Steinkreiselbrechers überzeugen. Und zwar von allen Seiten. Sogar im Inneren der Maschine kann er sich ein Bild von deren Leistungsfähigkeit machen.
Dr. Michael Gerards, CEO der Present4D GmbH in Düsseldorf, präsentiert die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des von ihm entwickelten VR-Tools Virtual Reality Suite auf dem Zeitsprungkongress "Zukunft der Arbeitswelt" in Darmstadt, veranstaltet von Prof. Dr. Ruth Stock-Homburg, Gründerin des Forschungsinstituts Leap in Time Lab der Technischen Universität Darmstadt, und dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst.
Virtuelle Begehung von Maschinen-Großanlagen
Ausgestattet mit einer Virtual-Reality-Brille wird dem Kunden eine Visualisierung als Echtzeit-3D-Präsentation geboten, die ihm die virtuelle Begehung von Maschinen-Großanlagen erlaubt. Die Demonstration macht deutlich, dass VR auch im B2B-Bereich Anwendungen ermöglicht, die im E-Commerce immer mehr genutzt werden, um der rasant wachsenden Konkurrenz durch den Online-Handel echte Einkaufserlebnisse entgegenzusetzen und sich damit einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
"Ziel bei der Anwendung von digitalen Innovationen im stationären Handel ist es, den Kunden während des gesamten Kaufprozesses zu begleiten, ihn an allen Berührungspunkten ideal zu bedienen und gegebenenfalls individuell anzusprechen sowie die Kundenbindung auch nach dem Kauf aufrechtzuerhalten", schreiben etwa Christian Gieselmann und Eva Gremmer im Kapitel "Wie digitale Innovationen den stationären Kaufprozess revolutionieren – Mögliche Antworten auf den Online-Trend" (Seite 436) des Buches "Homo Connectus". Wenn es dem stationären Händler gelinge, einen geeigneten Ansatz zu finden, um neue innovative Elemente in seinen Verkaufsansatz zu integrieren, sind die Springer-Autoren überzeugt, "kann er seinen kompetitiven Vorteil des ,greifbaren Erlebens‘ und der persönlichen Assistenz gegenüber dem Online-Handel ausspielen".
Im B2B-Bereich sieht Present4D-CEO Gerards zudem den Vorteil der Prozesseffizienzsteigerung. So ließen sich durch die Visualisierung der Maschinenfunktionen erhebliche Kosten sparen – zum Beispiel für Geschäftsreisen oder durch den Wegfall von Transport- und Aufbaukosten großer Maschinen. Neben globaler Verfügbarkeit kommen als weitere Pluspunkte noch die Kundennähe und die Emotionalisierung von Produkten hinzu.
Laut Gieselmann und Gremmer sind "den Chancen, durch ,Virtual Reality‘ einen komplett virtuellen Raum zu schaffen, in dem sich der Kunde bewegt, keine Grenzen gesetzt" (Seite 445). Am Beispiel des VR-Showrooms der amerikanischen Kult-Grill-Firma Weber in Berlin veranschaulichen sie die Möglichkeiten: "Anstatt der Präsentation echter Produkte hängen drei große Grilldeckel an der Decke, in die über einen Beamer verschiedene Produkte projiziert werden können. Ein Soundsystem spielt zum jeweiligen Produkt (zum Beispiel Gas- oder Kohlegrill) die passenden Geräusche ab und kann den Kunden so im Laden den Eindruck einer echten Grillparty vermitteln."
Wertsteigerung des individuellen Einkaufserlebnisses
Das Ziel von virtueller Realität beruht für die beiden Autoren "auf der Wertsteigerung des individuellen Einkaufserlebnisses jenseits der einfachen Produktpräsentation" (Seite 446). Der Kunde solle auf eine Entdeckungsreise mitgenommen werden, "über die eine weitaus intensivere Verbindung zu einem Produkt, einer Marke und einem Unternehmen" entstehe. Ein Ziel, das sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich erstrebenswert ist.