Skip to main content

02.10.2018 | Unternehmen + Institutionen | Schwerpunkt | Online-Artikel

Nvidias riskante Übermacht

verfasst von: Andreas Burkert

4 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Erst Nvidia verleiht dem autonom fahrenden Automobil die nötige Rechenleistung. Weil heute kaum ein Anbieter solcher Fahrfunktionen ohne Nvidia-Chips auskommt, warnen Experten bereits vor einer verhängnisvollen Abhängigkeit. 

Dr. Jen-Hsun Huang ist ein gern gesehener Gast in den Vorstandsetagen internationaler Automobilkonzerne. Als Mitbegründer und CEO des Chipherstellers Nvidia hat er es wie kein anderer geschafft, hohe Rechenleistung mit maschinellem Lernen zu verknüpfen. Für fortschrittliche autonom fahrende Automobile eine absolute Notwendigkeit. Die von seinem Entwicklerteam vorgestellte hochintegrierte System-on-a-chip-Plattform PX soll das Entwickeln autonomer Fahrfunktionen vereinfachen. Mit einer Rechenleistung von mehreren Teraflops lässt sich damit ein leistungsstarkes Visual-Computing-System aufbauen. 

Empfehlung der Redaktion

2018 | OriginalPaper | Buchkapitel

Autonome Fahrzeuge

Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob es autonome Fahrzeuge geben wird, sondern, ab wann sie kommen und was sie bewirken, wenn sie da sind. Um genau zu sein, gibt es schon seit Jahren selbstfahrende Schienenfahrzeuge auf einzelnen Strecken; es laufen zahlreiche Testversuche mit autonomen Straßenfahrzeugen. 

Das in Santa Clara, Kalifornien, ansässige Unternehmen, bisher bekannt für das Entwickeln von Grafikprozessoren und Chipsätzen für Personal Computer und Spielkonsolen, rückt mit diesen Leistungswerten in den Fokus der Automobilindustrie. Umfassende Kooperationen mit Daimler, Volkswagen, Bosch und weiteren Tier 1-Unternehmen zeigen den dringenden Bedarf nach Höchstleistungs-Rechnersystemen. Für Continental, das Anfang des Jahres mit Nvidia vereinbart hat, in speziellen Entwicklungsteams auf Basis der Nvidia-Drive-Plattform KI-Computersysteme zu entwickeln, ist dies eine wichtiger Schritt in Richtung autonomes Fahren. Die Bedeutung dieser Halbleiter-Architektur für die Umfelderkennung kennt auch Springer-Autor Johannes Ritz. So schreibt er in Kapitel Autonome Fahrzeuge aus dem Buch Mobilitätswende – autonome Autos erobern unsere Straßen:

Neuronale Netze scheinen wie gemacht zur Datenauswertung aller Sensordaten eines Autos. Nvidia hat im Rahmen der CES 2016 demonstriert, wie leistungsfähig ihre künstlichen neuronalen Netze das Straßenumfeld wahrnehmen. Nur anhand der Bilddaten erkennen sie Fahrzeuge, Fußgänger und Straßenschilder in Echtzeit." 

Der Preis der Abhängigkeit

Die Kooperation zwischen dem Automobilzulieferer und Nvidia hat daher auch genau das zum Ziel. Um Fahrfunktionen vom automatisierten Level 2 bis hin zum autonomen Fahren auf Level 5 zu beherrschen, soll die Nvidia-Plattform samt Betriebssystem und Software für automatisierte Fahrzeuge mit den Sensortechniken (Radar, Kamera und High-Resolution 3-D-Lidar) von Continental gekoppelt werden. Von diesen Kooperationen gibt es viele am Markt. Doch welchen Preis zahlen die Partner? "Die Abhängigkeit von Standardkomponenten führt mittelfristig zu verlangsamter Innovation und mangelnder Differenzierung", erklärt dazu Clemens Wasner von der EnliteAI. Seiner Ansicht nach muss das Chip-Design eine der künftigen Kernkompetenzen des OEMs darstellen. Warum?

Wasner verweist in diesem Zusammenhang auf das sogenannte Vendor Lock-in, dass im Halbleiter-Bereich derzeit ein großes Problem darstellt und aktuell gleichermaßen den PC wie auch den Smartphone Markt gängelt. Unter Lock-in-Effekt versteht der Wirtschaftswissenschaftler die enge Kundenbindung unter anderem an Produkte, die es einem wegen möglicher Wechselbarrieren – in diesem Fall das fehlende Know-how – erschwert, das Produkt oder den Anbieter zu wechseln. Ein Problem, das auch die Politik erkannt hat. 

Ein Monopol schadet dem Fortschritt

So forderte am Rande der diesjährigen IAA Nutzfahrzeuge in Hannover der Wirtschaftsstaatssekretär Oliver Wittke die Industrieunternehmen in Europa aufgefordert, "beim Thema künstliche Intelligenz stärker zusammenzuarbeiten, um gegen die weltweite Konkurrenz bestehen zu können". Wohlwissend um die Folgen eines Monopols nennt Wasner uns dazu ein Beispiel aus dem Bereich Computerchips. "Intel hat es bis jetzt nicht geschafft auf einen 10 nm Fertigungsprozess umzustellen, was die Roadmaps der PC-Hersteller grob durcheinanderbringt, da so beispielsweise keine dünneren und leichteren Formfaktoren möglich sind".

Im Smartphone Bereich zeigt sich aber wiederum ein anderes Problem: Hier genießt Qualcomm mit seinen Snapdragon-Prozessoren und den damit einhergehenden Lizenzbestimmungen eine dominierende Position. "Dies führte in vergangenen Jahren zu immer inkremetelleren Updates, die leistungsmäßig weit dem hinterherhinken, was beispielsweise Apple mit seinen in-house designten Prozessorarchitekturen vollbringt", so Wasner. Ein Benchmark-Vergleich zeigt, dass die neuesten Qualcom-Chips gut 1,5 Jahre Apple hinterherhinken, "von speziellen Funktionen wie Beschleunigung für neuronale Netze im Bereich Bilderkennung ganz zu schweigen". 

Tesla wagt die Unabhängigkeit

Schwer zu glauben, dass bei den derzeit erzielten Leistungswerten von 30 TOPS (Trillion Operations per Second, Billionen Rechenoperationen pro Sekunde), die Nvidias System Drive Xavier erzielt, um die Verarbeitung der anfallenden Datenmengen für das automatisierte Fahren zu gewährleisten, die Frage nach einer noch höheren Performance aufkommt. Ein Blick auf den Prozessormarkt aber zeigt, dass es mittlerweile Mitbewerber in der Liga gibt. Unter ihnen Google. Das Unternehmen hat bereits den Weg zur Entwicklung eines benutzerdefinierten ASICs, der Tensor Processing Unit (TPU) für seine maschinellen Lernanwendungen eingeschlagen. Und auch Graphcore will mit seiner IPU (Intelligence Processing Unit) im Geschäft um AI-Chips mitmischen.

Das im Übrigen auch Tesla einen eigenen Super-Chip entwickelt, um das autonome Fahren seiner Fahrzeugflotte sicher zu ermöglichen, ist bemerkenswert. Bei den Superlativen hinsichtlich der Performance, die Elon Musk in diesem Frühjahr bekannt gab, korrigiert ihn umgehend Nvidias Direktor für Automotive, Danny Shapiro. Die aktuellen Nvidia-Chips seien um ein Vielfaches schneller, wird er auf wired.com zitiert.

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

    Premium Partner