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05.10.2022 | Verkaufspsychologie | Interview | Online-Artikel

"Im Gespräch zu bleiben ist das Geheimnis"

verfasst von: Barbara Bocks

4 Min. Lesedauer

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Erfolgreiche Verhandlungen mit Kunden kann man üben. Dieser Meinung sind Paul Weber vom Spielwarenverbund Vedes und Professor Heiner Böttger von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Die Springer-Buchautoren erklären im Interview mit Springer Professional, was noch dazu gehört.

Springer Professional: Was sind die konkreten Gründe in der Vertriebspraxis, dass Verhandlungen mit Kunden zum Erfolg führen?

Paul Weber: Wenn man jemandem eine Freude machen möchte, ist es normal, dass man zunächst darüber nachdenkt, was einem selbst gefallen würde. Oft ist dann die Enttäuschung groß, wenn die Freude des Beschenkten verhalten ausfällt. Genau so ist es im Vertrieb. Argumente, die dem Vertriebler wichtig sind, können für den Kunden belanglos sein. Die Kunst besteht also darin, die Wünsche des Kunden zu lesen und dann die gesamte Argumentation auf ihn maßzuschneidern.

Heiner Böttger: Ganz entscheidend ist, nichts dem Zufall zu überlassen. Geschieht dies nicht, ist die Kontrolle über den Gesprächsverlauf der Intuition und den Bedingungen der Situation preisgegeben. Korrekturmöglichkeiten bei unerwünschtem Verlauf sind nur noch als Reaktion, aber nicht mehr proaktiv als Strategie möglich. Eine Kontinuität der Gesprächsqualität kann nur gewährleistet werden, wenn zur Erfahrung "on the job" auch die akribische Vorbereitung kommt.

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Welche Prozesse laufen bei Kunden nacheinander ab, wenn sich diese für ein Produkt oder eine Dienstleistung entscheiden?

Heiner Böttger: Aus neurowissenschaftlicher Sicht sind es mehrere, sich gegenseitig bedingende und aufeinander aufbauende psychologische Prozesse. Zunächst ist da die Intention, die Kaufabsicht, mit der der Kunde in ein Verkaufsgespräch geht. Hinzu kommen motivationale Aspekte, oft ganze Motivbündel und Gründe, um einen Kauf zu tätigen. Eine solche vorab bereits vorhandene Motivationslage muss nun erhalten beziehungsweise bestätigt und bestenfalls verstärkt werden. An dieser Stelle ist vertrieblich gesehen hochprofessionelles Handeln erforderlich, das erlernt werden kann, ebenso wie die gezielte Vorbereitung. Gelingt dies, erkennt der Kunde den Nutzen klar und bewusst. Das ist ein kognitiver Vorgang. Er verarbeitet diesen emotional durch das Gefühl, sich selbst belohnt zu haben.

Wie können Vertriebler das Wissen um diese Prozesse nutzen, um bestmöglich mit Kunden zu kommunizieren?

Heiner Böttger: Vertriebler müssen erkennen, dass die Kenntnis der Prozesse nicht ausreicht, um erfolgreich zu sein. An Beispielen muss der Gesprächsverlauf, insbesondere die wichtige Nutzenargumentation, immer wieder geübt werden. Kommunikation ist kein Selbstläufer, schon gar nicht in professionellen Kontexten. Paul Weber und ich bieten in dieser Hinsicht klare Vorlagen an, die aber nicht zu starren, immer gleich ablaufenden Gesprächen führen, sondern individuell an Kundenwünsche und -erwartungen angepasst werden.

Paul Weber: In der Praxis ist leider oft festzustellen, dass Vertriebler mit zunehmenden Jahren in ihrem Job glauben, nicht mehr trainieren zu müssen. Da gilt dann oft der Spruch: "Wer aufgehört hat besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein."

Wie bereiten sich Vertriebler emotional am besten auf Verkaufsgespräche vor?

Heiner Böttger: Die direkte Vorbereitung vor dem Gespräch ist im besten Fall eine kurze Konzentrations- oder Meditationsphase, in der das eigene Befinden reguliert wird. Das klappt beispielsweise durch gezielte Atemtechniken. Hilfreich sind auch positive Gedanken, wie Erinnerungen an gelungene, erfolgreiche Gesprächsverläufe. Eine solche Selbstkonditionierung wird durch das beruhigende Gefühl verstärkt, auf das kommende Gespräch mit Informationen zum Gegenüber gut vorbereitet zu sein.

Paul Weber: Extrem hilfreich sind volle Auftragsbücher. Ich denke, dass jeder Verkäufer die Situation kennt, in der man einen Auftrag vor allem deswegen bekommen hat, weil man ihn gar nicht so sehr brauchte und dann Konditionen realisieren konnte, die man unter Druck nie realisiert hätte. Ich empfehle daher zur Entspannung viel Fleiß.

Wie können Vertriebler ihre Produkte und Dienstleistungen ethisch und den Kunden wertschätzend verkaufen?

Paul Weber: Unser Credo ist es, durch Verkaufen den Kunden in eine attraktivere und erfolgreichere Zukunft zu führen. Verfolgt man dies, wird Verkaufen zu einem der ethischsten Prozesse im Geschäftsleben.

Heiner Böttger: Eine offene, ehrliche, wertschätzende und zugewandte Kommunikation buchstäblich auf Augenhöhe spielt eine große Rolle. Die Synchronisation über den Blickkontakt, dazu konzentriertes, aktives Zuhören geben dem Kunden das Gefühl, dass sich der Vertriebler auch wirklich für ihn und seine Anliegen beziehungsweise Bedürfnisse interessiert.

Wie gelingt es Verkäufern, eine beidseitig und langfristig erfolgreiche Partnerschaft mit Kunden aufzubauen?

Paul Weber: Die richtige Philosophie des Verkaufens ist entscheidend. Wenn man seine Verkaufsstrategie permanent auf beiderseitigen Erfolg ausrichtet, ist eine langfristig erfolgreiche Partnerschaft fast schon eine zwangsläufige Folge.

Heiner Böttger: Nachhaltigkeit in einer professionellen Partnerschaft gelingt über die kontinuierliche Kommunikation mit dem Kunden über einen langen Zeitraum auf verschiedenen medialen Wegen. Das gegenseitige Gefühl, immer informiert zu werden, schafft Vertrauen. Es ist ein sensibles Gebilde, dass durch kontraproduktive Maßnahmen wie partielle Unerreichbarkeit, verzögerte Antworten oder ausschließlich schriftliche Kommunikation schnell eingerissen werden kann. Im Gespräch zu bleiben, ist das Geheimnis.

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