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24.08.2020 | Vermögensverwaltung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Anleger sparen seit Corona anders

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5:30 Min. Lesedauer

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Eine große Studie hat kurz vor dem Corona-Ausbruch verschiedene Anlegertypen untersucht und ihre Besonderheiten ermittelt. Im Juni wurde die Umfrage wiederholt und ergab interessante Veränderungen bei den Präferenzen der Geldanlagen, aber auch hinsichtlich der Beratung.

Wie beeinflusst die Corona-Pandemie private Anleger in Deutschland? Haben sich Einstellungen und Anforderungen an eine Geldanlage in den vergangenen Monaten verändert? Und welche Anlageformen sind in Krisenzeiten besonders attraktiv? Der Robo Advisor der Berliner Quirin Bank, Quirion, hat dies in einer großen Anleger-Studie untersucht. 

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Hierfür wurden im Juni rund 2.150 Personen mit mindestens 10.000 Euro Anlagevermögen oder einem monatlichen Mindestnettoeinkommen von  1.500 Euro im Ein-Personen-Haushalt beziehungsweise 2.500 Euro im Mehr-Personen-Haushalt befragt. Fast 1.300 dieser Teilnehmer wurden bereits Ende 2019 als Grundlage für eine Typenanalyse um ihre Meinung zu Kapitalanlagethemen gebeten.   

Anleger haben weniger Geld zum Sparen

Die Studie zeigt, dass die durchschnittliche Sparrate im Zuge der Krise deutlich abgenommen hat. Sie sank von 616 Euro im November 2019 auf 391 Euro im Juni 2020. Allerdings sparen aktuell mehr Anleger eine feste Sparsumme als vor der Krise. Der Zustimmungswert kletterte von 4,04 auf 4,31 (6 = trifft sehr zu, 1 = trifft überhaupt nicht zu). Dabei würden viele Befragten gerne mehr zurücklegen, doch ihnen steht weniger Geld zur Verfügung als noch vor einigen Monaten. 

Bei ihren Entscheidungen hinsichtlich der Höhe und Sparform handeln sie dabei nicht nur rationaler und eigenständiger als vor der Krise, sondern setzen auch seltener auf den Rat anderer. So ist der Zustimmungswert für eine persönliche Beratung von 3,67 auf 3,52 gesunken.

Wichtiger ist den Befragten hingegen, in der Geldanlage möglichst viel online abwickeln zu können. Das bestätigt den Trend hin zu digitalen Vertriebs- und Kommunikationskanälen, der sich im Zuge der Corona-Krise in vielen Branchen abzeichnet. "Die Digitalisierung ist den Anlegern wichtig, etwa aufgrund vermehrtem Homeoffice und der stärkeren Nutzung neuer, digitaler Kanäle“, erklärt Konrad Weßner von der Puls Marktforschung, die die Studie im Auftrag von Quirion erstellt hat.

Anleger nutzen niedrige Bewertungen zum Einstieg

"Den meisten Anlegern ist bewusst, dass die Corona-Krise die Weltwirtschaft noch lange beschäftigen wird", so der Experte in einer virtuellen Konferenz. Dennoch gab rund die Hälfte der Befragten an, während der Krise keine oder nur geringe Einbußen ihrer Kapitalanlagen erlitten zu haben. "Allerdings sehen sich die Befragten auch nicht als Krisengewinner", betont Weßner. Das behaupten laut der Studie nur rund zehn Prozent von sich. "Wir verzeichneten zu Krisenbeginn zwar über ein bis zwei Wochen einen Nettoabfluss. Dann haben Kunden die niedrigen Bewertungen aber zum Einstieg genutzt", ergänzt Quirion-CEO Martin Daut.

"Die Anleger haben erkannt, dass die nicht zinsgenerierenden Anlagen kein befriedigendes Ertragsniveau bieten", erläutert Daut. So ist das Interesse der Befragten an der betrieblichen Altersvorsorge, Fonds, Aktien und ETFs gleich geblieben oder leicht gestiegen. Aber einst beliebte Sparformen wie das Tages- und Festgeld, der Bausparvertrag, Lebensversicherungen, die Riester-Rente und das klassische Sparbuch haben durch die Bank an Attraktivität eingebüßt. "Der Kapitalmarkt wird für Anleger attraktiver. Diese sind sich aber bewusst, dass man keine Maximalerträge erzielen kann. Auch hier geht Sicherheit vor Risiko", so Weßner.

Aktie als langfristige Geldanlage

"Aktien zählen wie Immobilien zu den klassischen langfristigen Sachwertanlagen und bieten damit innerhalb eines strukturierten Portfolios grundsätzlich eine solide Basis für einen langfristigen Vermögensaufbau", sagen auch Philipp Karl Maximilian Lindmayer und Hans-Ulrich Dietz im Buchkapitel "Langfristige Geldanlage: Aktien, Anleihen und weitere Anlagemöglichkeiten" auf Seite 151 f. Dabei sollten Anleger die mit den Investitionen verbundenen Unsicherheiten und Risiken sorgfältig abwägen und in ihre Überlegungen einbeziehen.

Die Springer-Autoren raten deshalb,

  • Geld an den Kapitalmärkten langfristig anzulegen, um Kursschwankungen auszugleichen,
  • Kapital nicht in einzelne wenige Werte zu investieren, sondern breit in Geld- und Sachwertanlagen zu streuen,
  • so viel liquide Mittel zu haben, um bei persönlichen und familiären Verpflichtungen der nächsten Jahre nicht auf das investierte Geld angewiesen zu sein und damit Verluste realisieren zu müssen,
  • Finanzpartner sorgfältig nach den Kriterien Seriosität, Rating und Einlagensicherung auszuwählen.

Studie ermittelt sechs charakteristische Anlegertypen

Noch nicht für alle Anleger haben Sicherheit, Beratung, Rendite oder Finanzinnovationen die gleiche Relevanz. Auch unterscheiden sie sich im Liquiditätsbedarf, dem Sparverhalten und dem Finanzwissen sowie der Offenheit gegenüber neuen Angeboten. So hat die Studie bereits in der ersten Phase der Untersuchung insgesamt sechs Personas definiert, die die verschiedenen Anlegertypen charakterisieren:  

Dabei prägen diese Typen vor allem die zum Teil extremen Unterschiede etwa beim Beratungsbedarf, bei der Nutzung digitaler Vertriebskanäle, dem finanziellen Know-how oder der Renditerelevanz einer Kapitalanlage, wie nachstehende Tabelle zeigt:

Anlegertyp            

Beschreibung

MONEY-MANNI

Der "Durchstarter" ist der eher jüngere Erfolgsmann mit hohem Einkommen und wachsendem Vermögen. Er ist informiert, aber auch beratungs- und digitalaffin, denkt zukunftsgerichtet, ist hoch gebildet und hat eine hohe Wertpapierpräferenz.

ROBO-ROBERT

Der "Digitalo" ist der männliche Finanzexperte mit höchstem Einkommen und Vermögen. Er steht auf Technik und Innovation, kennt digitale Anbieter gut und legt seine hohen Sparraten rational und risikobereit in Wertpapieren an.

TRADITIONS-TRAUDL

Die "Traditionelle" ist eher älter und hat eine klassische Lebenseinstellung. Sie legt Wert auf Filialen, Sicherheit, Familie, hat ein geringes Finanzwissen und spart wenig, gerne auf dem Sparbuch.

KONSUM-KALLE

Der "Verbraucher" ist der junge aufstrebende (Single-)Mann mit hohem Konsumbedürfnis und großem Interesse an digitalen Lösungen und Apps. (Noch) spart er wenig (und klassisch) und genießt die Spontanität im Leben.

BERATUNGS-BABSI

Die "Familiäre" ist die unsichere Anlegerin, die Beratung von allen Seiten braucht und lieber sicher in verzinste Anlagen investiert, aber eine gewisse Offenheit für (abgesicherte) digitale Lösungen hat. Familie und Soziales sind für sie wichtige Lebensinhalte.

SPAR-SAM


Der "Sparer" ist bereits etwas in die Jahre gekommen, finanziell auf der sicheren Seite aber eher kritisch gegenüber online und digitalen Lösungen. Er spart viel, am liebsten preisbewusst und klassisch und sichert sich in allen Lebensbereichen gerne ab.

Quelle: Studie von Quirion / Puls Marktforschung zu Anlegertypen und Anlageverhalten in der Krise, 2020

Die Charakterisierung der Anleger in der Studie belegt die Notwendigkeit kundenspezifischer Beratungsmodelle, meint auch Hans Nickel im Buchkapitel "Zusammenfassende Ergebnisse und Denkanstöße für die Anlageberatungspraxis". Er schreibt:

Ein zentraler Maßstab vertrieblichen Handels ist der Kunde. Noch stärker als bisher muss daher der Privatkunde in den Mittelpunkt des betrieblichen Geschehens stehen. In der Praxis der Anlageberatung bedeutet dies, die Erwartungen des Kunden zu erfüllen und insbesondere eine langfristige und erfolgreiche Kundenbeziehung aufzubauen."

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