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22.10.2019 | Recruiting | Interview | Online-Artikel

"Bei den Big Four sind Belastbarkeit und Ehrgeiz gefragt"

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Stefan Stieger

leitet seit Februar 2017 das Team Finanz- und Rechnungswesen bei der internationalen Personalberatung Robert Walters am Standort Frankfurt am Main.

Die Big Four sind für Absolventen ein Karrieresprungbrett. Welche Anforderungen die vier größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben und was Big Four-Mitarbeiter für die Industrie interessant macht, erklärt Personalberater Stefan Stieger im Gespräch.

springerprofessional.de: Die sogenannten Big Four, die international größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (EY, PwC, KPMG, Deloitte), mussten sich bislang nicht um Nachwuchs sorgen. Wie sieht es aktuell aus?

Stefan Stieger: Die Big Four-Gesellschaften stellen nach wie vor viele Absolventen an. Da sie seit einigen Jahren nicht mehr nur Master- und Diplomabsolventen den Vorzug geben, sondern auch Bachelor-Absolventen einstellen, wächst sogar die Zahl der potenziellen Bewerber. Viele Absolventen wissen nach dem BWL-Bachelor noch gar nicht so genau, wie ihre zukünftige Karriere konkret aussehen soll. Der Berufseinstieg bei den Big Four bietet hier eine gute Basis und die Möglichkeit viele verschiedene Branchen, Unternehmensbereiche und die tatsächliche Arbeitswelt kennenzulernen. Zudem haben die großen Wirtschaftsprüfer, die Themen Employer Branding und Absolventen-Recruitment perfektioniert und sind an Unis sowie in Alumni-Netzwerken vertreten.  

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Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zwischen Markt und Berufsstand: Eine Fallstudie

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften befinden sich im Spannungsfeld zwischen Markt- und Berufsstandeslogik. Der vorhergehende Teil der Arbeit hat gezeigt, dass sich dies in managementorientierten und berufsständischen Praktik-Anordnungs-Bündeln ausdrückt.

Trotzdem hält der Fachkräftemangel auch in dieser Branche Einzug. Gründe dafür sind, die fehlende Bereitschaft der jungen Generation, sich in dem Maße für den Job aufzuopfern, wie es früher der Fall war. Hoher Workload und ständige Reisetätigkeit schrecken viele ab. Zudem sind Bewerber heutzutage bestens über die unterschiedlichsten Berufsbilder informiert – das Berufsbild des Auditors verliert aktuell an Interesse. 

Auf welche Fähigkeiten und Eigenschaften achten die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei Kandidaten im Recruiting?

Bei den Big Four sind Belastbarkeit und Ehrgeiz gefragt. Wenn Bewerber bereits im Studium Praktika oder Werkstudententätigkeiten wahrgenommen haben, zeigt dies, dass sie gewillt sind, mehr zu leisten als andere. Für die großen Player ist es ein guter Indikator, wenn es sich Bewerber während des Studiums nicht zu einfach gemacht haben und nebenbei gearbeitet haben. Sie schätzen es, wenn erste Berufserfahrungen und Einblicke in Unternehmensprozesse gesammelt wurden, denn das erleichtert einen schnelleren Einstieg in die Beratertätigkeit. Wichtige Hard Skills sind ein Studium im Bereich Wirtschaftswissenschaften oder Wirtschaftsingenieurwesen und ein gewisses Grundverständnis für die Zusammenhänge im Finanzwesen. Ein besonders guter Uniabschluss ist für eine Karriere bie den Big Four jedoch kein Muss. 

Was macht Wirtschaftsprüfer für Unternehmen in der Industrie interessant?

Sie sind belastbar, gut organisiert und strukturiert. Da sie es aus der Wirtschaftsprüfung gewohnt sind, von einem Mandat zum Nächsten zu wechseln, sind sie in der Lage, sich schnell in neue Sachverhalte einzuarbeiten. Dass sie unterschiedliche Bereiche, Abteilungen und Branchen bereits kennen und flexibel eingesetzt werden können, macht Big Four-Beschäftigte für Industrieunternehmen zusätzlich interessant. Ein weiterer Pluspunkt ist ihre Fähigkeit auf unterschiedlichen Hierarchieebenen auf Augenhöhe zu kommunizieren. 

Was müssen Unternehmen Big Four-Mitarbeitern bieten, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein? 

Für solche Bewerber sind Unternehmen interessant, die eine intensive Einarbeitung bieten: Onboarding, Mentoring und Coaching. Je konkreter der Einarbeitungsplan, desto besser. Das hilft zu Beginn der Tätigkeit, alle Prozesse im Unternehmen zu verstehen und schnell ins operative Tagesgeschäft einzusteigen. Zudem sollte der zukünftige Arbeitgeber Weiterentwicklungsmöglichkeiten und Karriereperspektiven aufzeigen und diese auch einhalten können. Ein gesunder Mix aus interessanten Aufgaben und Herausforderungen spielt bei der Arbeitgeberwahl eine entscheidende Rolle. Auch die Möglichkeit, Beruf mit Familie und Freizeit zu vereinbaren, beispielsweise durch eine flexible Arbeitszeitgestaltung, spielen für Wirtschaftsprüfern eine große Rolle bei der Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen.  

In welchen Tätigkeitsbereichen werden Big Four-Beschäftgte vor allem eingesetzt, wenn sie in die Industrie wechseln?

Der klassische Fall, der mir in der Praxis oft begegnet, sind Mitarbeiter, die nach etwa drei bis fünf Jahren aus der Wirtschaftsprüfung in klassische Finanzbereiche in der Industrie wechseln – ins Accounting, Controlling, Internal Audit oder auch in Stabsfunktionen im Finanz- und Rechnungswesen. Grund für den Wechsel in diese Bereiche ist, dass Big Four-Mitarbeiter die rechtlichen Anforderungen bereits sehr gut kennen und zudem auf die Grundlagen im Finanz- und Rechnungswesens aufbauen können, die sie im Studium gelernt haben. Obwohl die operative Erfahrung in der Buchhaltung fehlt, können sie sich aufgrund ihrer Prüfungserfahrung sehr schnell in das operative Buchhaltungsgeschäft einarbeiten. 

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