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03.11.2020 | Digitale Währungen | Schwerpunkt | Online-Artikel

Digitaler Euro rückt pandemiebedingt in den Fokus

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

4 Min. Lesedauer

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Die Corona-Pandemie hat eine Abkehr vieler Menschen vom Bargeld ausgelöst. Damit geht auch die Diskussion über die Notwendigkeit eines digitalen Euros in die nächste Runde. Ob dieser kommt, lässt der EZB-Rat noch offen. Doch Vor- und Nachteile werden gerade ausgelotet. 

"Die Pandemie hat einen beispiellosen Digitalisierungsschub bewirkt, der auch den Zahlungsverkehr erfasst hat. So hat sich die Welle an Innovationen, die wir in den vergangenen Jahren bereits beobachten konnten, nochmals vergrößert. Digitale Wallets und Biometrie erlauben es seit einiger Zeit, fast mühelos mobil mit dem Smartphone an der Kasse zu bezahlen", sagte Bundesbankvorstand Burkhard Balz anlässlich des Banken Dialog Karlsruhe 2020. "Und nicht zuletzt könnten Stablecoins den Zahlungsverkehr weiter revolutionieren", lautet seine Prognose zur Digitalisierung im Zahlungsverkehr.

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Herausforderungen der europäischen Finanzindustrie

Europäische Banken befinden sich gegenwärtig in einem präzedenzlosen Struktur- und Kulturwandel mit vielfältigen Ursachen. Maßgeblich geprägt wird dieser Wandel durch den technologischen Fortschritt und die Digitalisierung sowie eine materielle Zwickmühle.

Ein Stablecoin soll, wie der Name sagt, einen stabilen Wert aufweisen. Der stabile Wert wird dadurch sichergestellt, dass die Kryptowährung an Sicherheiten gebunden wird. Diese Sicherheiten oder Deckungsmasse können zum Beispiel US-Dollar, Gold oder andere wertstabile Vermögensgegenstände sein. Die Kryptowährung Tether wird zum Beispiel eins zu eins zum US-Dollar gehandelt. Dementsprechend kann eine neue Kryptowährung nur ausgegeben werden, wenn auch zusätzliche Sicherheiten zur Verfügung stehen", schreibt Monika Wohlmann im Buchkapitel "Kryptowährungen – Top oder Flop?" auf Seite 316.

"Wertstabilität ist daher eine wichtige Voraussetzung für eine flächendeckende Nutzung einer Kryptowährung. Deshalb gibt es Ansätze, den Wert einer Kryptowährung an eine hinterlegte Sicherheit zu koppeln", so die Springer-Autorin.

Facebooks Libra als Orientierungspunkt

"Der von Facebook und anderen Unternehmen geplante Libra ist sicher das bekannteste Beispiel, obwohl er sich noch im Planungsstadium befindet. So lotet auch die Europäische Zentralbank gemeinsam mit den nationalen Zentralbanken im Eurosystem derzeit die Möglichkeiten und Grenzen eines digitalen Euros aus", erläutert Balz. "Bisher kennen wir als Privatpersonen Zentralbankgeld nur in Form von Münzen und Banknoten. Zentralbankgeld erhalten bisher nur Kreditinstitute in digitaler Form, als Kontoguthaben. Das würde sich mit Ausgabe eines digitalen Euro ändern." Dass darüber nun intensiver diskutiert werde, zeige eine Umfrage der Bank of International Settlements.

Dass der digitale Euro in Zukunft notwendig werden könnte, dafür spreche laut Balz die zurückgehende Bedeutung von Bargeld, aber auch Pläne zur Ausgabe von global nutzbaren Stablecoins wie Libra. Die Corona-Pandemie habe diese Entwicklung noch beschleunigt. "Andere sehen die Notwendigkeit für einen programmierbaren digitalen Euro, der zum Beispiel im Rahmen von DLT-Systemen (Distributed-Ledger-Technologie) für Zahlungen im Internet-of-Things genutzt werden kann." Die Entscheidung, ob Zentralbankgeld künftig in digitaler Form an jedermann ausgegeben wird, könne "Auswirkungen auf das bewährte Zusammenspiel zwischen Zentralbanken und Geschäftsbanken" haben.

Task Force untersucht Vor- und Nachteile des digitalen Euros

Das Eurosystem stellt derzeit mit einer Task Force digitales Zentralbankgeld sowie dessen Chancen und Risiken auf den Prüfstand. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte deren Ergebnisse erst Anfang Oktober in einem umfassenden Bericht veröffentlicht. Dem zufolge haben die Experten der EZB und der 19 nationalen Zentralbanken in der Taskforce des Eurosystems mögliche Szenarien ermittelt.

Eine erhöhte Nachfrage nach elektronischen Zahlungsmitteln im Euroraum wäre zum Beispiel ein solches Szenario. Auch eine deutlich geringere Nutzung von Bargeld für Zahlungen im Euroraum könnte ein europäisches, risikofreies digitales Zahlungsmittel erforderlich machen. Weitere Szenarien wären die Einführung eines weltweiten privaten Zahlungsmittels, das aus regulatorischer Sicht bedenklich und mit Risiken für die Finanzstabilität und den Verbraucherschutz verbunden sein könnte, sowie die starke Verbreitung digitaler Währungen, die von Zentralbanken außerhalb des Euroraums emittiert werden", so die EZB. 

Einen Beschluss über die Einführung eines digitalen Euros hat der EZB-Rat allerdings noch nicht gefasst. Allerdings beginnen demnächst ein öffentliches Konsultationsverfahren sowie die Testphase.

Digitaler Euro bedarf sorgfältiger Abwägung

Bundesbankvorstand Balz plädiert auch im Hinblick auf eine digitale Zentralbankwährung in China dafür, in dieser Frage "Sorgfalt vor Zeitdruck" walten zu lassen. "Die Corona-Krise hat den Trend zu bargeldlosen Zahlungen beschleunigt. Damit wird es immer dringlicher, die europäische Zahlungsinfrastruktur zukunftssicher auszurichten. Und die Zentralbanken dürften dabei nicht zusehen, sondern müssen mitspielen und mitgestalten", fordert Balz. Ob ein digitaler Euro hier der richtige Weg sei, ließ er offen.

Die Tatsache, dass Kryptowährungen und deren Weiterentwicklungen von den Zentralbanken laufend beobachtet werden und einige Zentralbanken auch eigene Projekte mit einer experimentellen Infrastruktur verfolgen, lässt erwarten, dass mittelfristig die DLT hier Einzug halten wird. Aber erst die Ausgabe von Zentralbankgeld an Nicht-Banken wäre eine einschneidende Neuerung. Viele Zentralbanken stehen diesem Schritt derzeit aber noch kritisch gegenüber", fasst Springer-Autorin Wohlmann zusammen (Seite 322).

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