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18.10.2022 | Führungsqualität | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie die Krise die Beschäftigten aushöhlt

verfasst von: Annette Speck

4:30 Min. Lesedauer

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Hohe Lebenszufriedenheit, aber frustriert im Job: Im internationalen Vergleich haben in Europa besonders viele Beschäftigte innerlich gekündigt, so eine Studie. Gute Führung ist nun wichtiger denn je.

Weltweit brachte die Pandemie für viele Menschen Arbeitsplatzunsicherheit oder Jobverlust, Einkommenseinbußen und jede Menge Stress mit sich. Das zehrt an den Nerven und wirkt sich auf den Arbeitsmarkt aus. Stichwort: Great Resignation. Wie der Gallup-Report "State of the Global Workplace 2022" zeigt, gibt es zwischen den Kontinenten und Ländern allerdings deutliche Unterschiede hinsichtlich des erlebten Stresslevels, der Lebenszufriedenheit und der Bindung an den Arbeitgeber.

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Mit positiver Führung die Mitarbeiterbindung fördern

Etablierung einer Bindungskultur in hybriden Zeiten

Eine positive Führung zielt auf die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter ab, damit diese langfristig bessere Leistungen erbringen, produktiver sind und das Unternehmen erfolgreicher ist. Eine positiv eingestellte Führungskraft ist sowohl an der Weiterentwicklung der Mitarbeiter als auch am Arbeitsergebnis interessiert.

Europäer sind unzufrieden mit Führungskräften

So gehören laut der Gallup-Befragung, an der 105.080 Arbeitnehmende aus 146 Ländern teilnahmen, beispielsweise die Beschäftigten in Europa einerseits zu den glücklichsten Menschen der Welt. Andererseits sind sie am unzufriedensten mit der am Arbeitsplatz erlebten Führung und fühlen sich wenig verbunden mit ihrem Arbeitgeber.

Im Schnitt haben nur 14 Prozent der 17.679 in 38 europäischen Ländern Befragten eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber. Das ist der niedrigste Wert unter den insgesamt zehn Regionen. Der internationale Durchschnitt liegt bei 21 Prozent. Die höchste Quote erreichen USA/Kanada mit 33 Prozent. In Deutschland erklären 16 Prozent, eine hohe Arbeitgeberbindung zu empfinden.

Geringe Mitarbeiterbindung ist teuer

Im Umkehrschluss heißt dies, dass weltweit die Mehrzahl der Mitarbeiter keine emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber verspürt. Beispielsweise in den G7-Staaten: Hier fühlen sich 61 Prozent nicht gebunden und 18 Prozent haben sogar innerlich gekündigt.

Das ist fatal. Denn die emotionale Mitarbeiterbindung hat einen starken Einfluss auf die Leistung und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Ablesen lässt sich das an Kennzahlen wie Fluktuation, Produktivität, Sicherheit am Arbeitsplatz (Arbeitsunfälle) und Profitabilität. Nach Berechnungen von Gallup kostet geringe Mitarbeiterbindung die Weltwirtschaft pro Jahr 7,8 Billionen US-Dollar.

Amerikaner sind besonders gestresst

Ferner belegt die Untersuchung auch, dass das Stresslevel weltweit einen neuen Rekordwert erreicht. Im Schnitt aller Befragten beklagen demnach 44 Prozent hohen Stress. Ursache sei zwar nicht zwangsläufig die Arbeit, doch wirke er sich auch darauf aus. Deutschlands Beschäftigte sind derweil vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen: In der Befragung gaben nur 40 Prozent der deutschen Befragten an, sie haben am Tag vor der Befragung Stress empfunden. Hingegen sagten dies in den USA 52 Prozent und in Italien 49 Prozent.

"Wir profitieren in Deutschland von einer Kombination aus weitgehender Arbeitsplatzsicherheit durch das Instrument der Kurzarbeit und einem stabilen Sozial- und Gesundheitssystem", erklärt Marco Nink, Director of Research & Analytics EMEA bei Gallup. Deutsche Beschäftigte müssten sich weniger Sorgen um ihre Existenz machen als die Arbeitnehmenden vieler anderer Länder. Insofern wundert es nicht, dass hierzulande 56 Prozent der Befragten auch in der Zeit der Pandemie mit ihrem Leben insgesamt zufrieden sind. Das Wegfallen des Pendelns dank der Arbeit im Homeoffice hat dabei sicherlich stresssenkend gewirkt.

Auf dem Sprung, aber nicht um jeden Preis

Gleichzeitig sagen dem Report zufolge in Deutschland überdurchschnittlich viele Arbeitnehmende (53 Prozent gegenüber global 44 Prozent), es sei eine gute Zeit für einen Jobwechsel. Allerdings erweisen sich die deutschen Beschäftigten als vergleichsweise immobil: Lediglich elf Prozent wären bereit, für eine neue Stelle umzuziehen.

Die geringe Mobilität verdeutlicht einmal mehr die Veränderungen am Arbeitsmarkt. Vor dem Hintergrund des weit verbreiteten Fachkräftemangels und der Homeoffice-Erfahrungen sind die Arbeitnehmenden fordernder und nicht bereit, auf neue Errungenschaften und Bequemlichkeiten zu verzichten oder Rückschritte in starre Arbeitsmodelle hinzunehmen. Auch die Ansprüche an gute Arbeitsbedingungen und Führungsverhalten sind gestiegen, nicht zuletzt durch Nachwuchskräfte mit anderem Werteverständnis und Rollenverhalten. Führungskräfte kommen nicht umhin, ihr Führungsverhalten an die sich ändernden Anforderungen anzupassen.

Wunsch nach Bindung und Gestaltungsmöglichkeiten

Wie Michael Hübler in dem Buchkapitel "Die AGBs eines positiven Führungs-Mindsets" schreibt, geht es "auf dem Weg zu Zufriedenheit und Kreativität" vor allem darum, zwei essentielle Bedürfnisse, zu stillen (Seite 13/14):

  1. Gestaltungsmöglichkeiten: Gestaltung ist eng verbunden mit Sinnhaftigkeit. Wird die Gestaltungsmöglichkeit durch widersprüchliche Ziele und mangelnde Unterstützung torpediert, macht sich Frustration breit.
  2. Bindung: Stress und Überforderung lassen sich leichter verarbeiten, wenn wir mit Menschen umgeben sind, denen wir vertrauen und auf die wir uns verlassen können. Sind Vertrauensverhältnisse noch nicht aufgebaut, kommt es in Krisenfällen zu Gegenwehr und Konflikten mit Mitarbeitenden und Management.

Gute Führung sorgt für positive Atmosphäre

Mit diesem Wissen sollte die Führung darauf hinarbeiten, eine positive Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Denn "die Atmosphäre kann indirekt einen stärkenden oder mildernden Effekt haben […]. Stärkend ist er, wenn die Mitarbeitende durch eine gute Stimmung kreativer werden und gemeinsam über sich hinaus wachsen. Mildernd ist er, wenn durch Fürsorge, Unterstützung, Respekt, Anteilnahme, Integrität oder Nachsicht bei Fehlern leichter mit Krisen umgegangen wird“, erläutert Hübler auf Seite 14.

Zudem habe die Erfahrung der Pandemie gezeigt: "Das hybride Arbeiten erfordert ein neues Zusammenspiel zwischen Führung und Mitarbeitenden". Als Bindungskitt identifiziert der Springer-Autor dabei den gegenseitigen Respekt im Team: "Die Führungskraft ist sich ihrer Verantwortung bewusst und bekommt den Respekt dafür, sich für das Team einzusetzen und es gegebenenfalls gegen Angriffe von außen zu schützen. […] Die Mitarbeitertenden wiederum bekommen Respekt für ihre Leistungen und erkennen die Macht und Verantwortung der Führung an, die sie selbst nicht ausüben wollen." (Seite 145) Durch den Austausch über Respekt, Verantwortung, Rollen, Aufgaben, Mitbestimmung, Autonomie und Grenzen der Selbst- und Mitbestimmung entstehe eine positive, verbindende Dynamik zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden.

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