Manchmal braucht es mehr als kosmetisches Marketing: Beim Rebranding durchlaufen Marken eine tiefgreifende Transformation. Wie dabei im besten Fall vorgegangen wird und was es zu beachten gilt, wird in diesem Schwerpunkt behandelt.
Markenunternehmen, die sich stets agil an den Puls der Zeit anpassen, haben auf den hart umkämpften Märkten die besten Karten. Kleinere Anpassungen beim Markenauftritt oder im Produktportfolio stehen bei erfolgreichen Brands deshalb an der Tagesordnung. Kommt es zu tiefgreifenden Veränderungen, die dann meist auch visuell sichtbar im Erscheinungsbild (Corporate Design) und der Identität (Corporate Identity) des Unternehmens sind, steht ein Markenrelaunch beziehungsweise Rebranding an.
Rebranding aus individuellen Gründen
Wann es an der Zeit für eine solche Markentransformation ist und welche Hürden dabei den Prozess erschweren, ist höchst individuell. Immer wieder ergreifen Unternehmen entsprechende Maßnahmen. Im Angesicht der globalen Krisenstimmung und des allgegenwärtigen Wandels geraten seit einiger Zeit viele Unternehmen regelrecht unter einen Veränderungsdruck. Zurzeit verleitet häufig der Ansatz, ein nachhaltigeres und umweltbewussteres Image aufzubauen, zum Markenrelaunch.
Oft bahnen sich Neuerungen in der Marke aber auch ganz natürlich an, etwa weil aus der Marktforschung bekannt geworden ist, dass sich
- die Bedürfnisse der Zielgruppe gewandelt haben oder
- Fusionen und zum Beispiel Unternehmensübernahmen ein Rebranding zwingend notwendig machen.
Bei erfolgreicher Umsetzung winken die Erweiterung des Kundenstamms und Umsatzsteigerungen im Unternehmen.
Chance für neue Markenpositionierung
Ein prominentes Beispiel ist die US-amerikanische Fastfood-Kette Mc Donalds, die ihr seit Jahrzehnten etabliertes rot-gelbes Logo in ein sattes Grün tauchte, um mehr Naturverbundenheit zu suggerieren. Damit wurden auch Neuerungen im Speisenangebot eingeleitet. Auch die Secondhand-Verkaufsplattform "Kleinanzeigen", die seit 2021 nicht mehr dem Handelsriesen Ebay, sondern dem norwegischen Konzern Adevinta angehört, nahm das nun auslaufende Namensrecht "Ebay Kleinanzeigen" zum Anlass für ein umfangreiches Rebranding. Bereits im neuen Logo soll nun der neue Markenkern rund um Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sichtbar werden.
Mit Rebranding die Markenidentität schärfen
Manche Rebrandings dienen dazu, die bereits erfolgreiche Markenidentität weiter zu schärfen. Das ist etwa beim ehemaligen "Dänischen Bettenlager" der Fall, das sich seit zwei Jahren nun "Jysk" nennt, um seine nordischen Wurzeln zu betonen. Mit der Umbenennung einher ging die Umgestaltung von über 950 Ladenfassaden, etliche Logo-Integrationen an allen Kundenkontaktpunkten und die Einführung neuer Firmenkleidung für die weltweit über 7.000 Mitarbeiter, wie das Portal "Absatzwirtschaft" berichtete. Darüber hinaus wurden demnach auch 40 Prozent des Produktsortiments und das gesamte Ladenkonzept überarbeitet.
Ziele und Vorgehensweise
Ein Rebranding ist folglich nicht nur ein äußerst komplexes, sondern auch ein kostspieliges Unterfangen. Unternehmen sollten diesen Prozess gründlich vorbereiten, um ausreichend gewappnet für sämtliche Herausforderungen zu sein. Das Deutsche Institut für Marketing stellt in einem aktualisierten Blogbeitrag die folgenden Punkte im Überblick vor, die bei der Vorbereitung einer Markentransformation behilflich sind:
Dominik Sedlmeier, CEO der Agentur El Clasico Media, liefert im Schweizerischen Online-Magazin "Werbewoche M&K" eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, die das Rebranding in geordnete Bahnen lenkt. Demnach sollten
- die Ziele klar gesetzt werden. Geht es darum, ein gänzlich neues Markenimage zu erschaffen, eine neue Zielgruppe anzusprechen oder die bereits bestehende besser von der Brand zu überzeugen? Im
- sollten umfassende Marktforschungsanalysen durchgeführt werden, die Aufschluss darüber geben, woran es beim aktuellen Markenauftritt hakt und wo Verbesserungspotenzial schlummert. Erst im
- Schritt sollte das neue Design auf der Agenda stehen. Hierbei sollte jeder optische Aspekt auf den Prüfstand gestellt werden. Im
- Schritt ist die neue Corporate Identity bereit zur stringenten und konsequenten Umsetzung.
"Letztlich sollte das Rebranding fortlaufend überwacht und angepasst werden, denn ein Rebranding-Prozess ist nie wirklich abgeschlossen. Es ist wichtig, die Auswirkungen aufmerksam zu beobachten, um gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen und langfristigen Erfolg zu sichern",
rät Sedlmeier.
Rechtliche Schwierigkeiten
Gerade diese Agilität bereitet vielen Unternehmen in der Praxis allerdings große Schwierigkeiten, wie die aktuelle Studie "The State of Organizations 2023" der Unternehmensberatung Mc Kinsey & Company zeigt. Anhand von Entscheidern aus über 2.500 Unternehmen weltweit wurde deutlich, dass nur die Hälfte der Organisationen gut vorbereitet sind, um auf externe Einflüsse zu reagieren. Zwei Drittel der Unternehmen gelten als zu komplex und damit ineffizient. Das erschwert Rebranding-Prozesse fundamental. Vor allem größere Organisationen scheitern oftmals an starren Strukturen. "Große und erfolgreiche Unternehmen, deren Markenimage in der öffentlichen Wahrnehmung fest geprägt ist, tun sich schwer damit, ihre Marken an aktuelle Trends anzupassen.", meint auch Andreas Wehlau, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner bei Gleiss Lutz im Online-Fachmagazin "Der Betrieb".
Zudem gibt der Experte zu bedenken, dass bei der tiefgreifenden Modifizierung eingeführter und bewährter Marken rechtliche Grenzen zu beachten sind.
Wenn die Marke grundlegend verändert oder komplett ersetzt wird, geht der ursprüngliche Zeitrang verloren. Der Zeitrang ist aber im Markenrecht von zentraler Bedeutung, weil ältere Marken Vorrang genießen vor jüngeren Zeichen. Oft wird daher versucht, zumindest das zentrale Markenwort beizubehalten, so dass dann jedenfalls die Wortmarke ihren ursprünglichen Zeitrang behält",
erklärt Wehlau. Darüber hinaus bestehe das Risiko, dass im Falle einer starken Abweichung zwischen der alten und der neuen Marke der kennzeichnende Charakter der alten Marke verändert werde. Das könne dazu führen, dass es an einer rechtserhaltenden Benutzung fehlt und die alte Marke auf Antrag für verfallen erklärt werden kann.
Rebranding light: Der Produktrelaunch
Unternehmen, die ihre Markenidentität lediglich durch neue Aspekte ergänzen möchten, ohne dabei ihre Corporate Identity zu modifizieren, profitieren möglicherweise vom Relaunch einzelner Produkte. Die Strategie dient der "Verlängerung des Lebenszyklus beziehungsweise zum Neustart des Lebenszyklus eines Produkts durch zielgruppenspezifische Anpassungen in der Produktgestaltung (Produktvariation, Produktmodifikation) und zugehöriger Maßnahmen im Marketing-Mix", fasst Daniel Markgraf, Professor für Marketing, Innovations- und Gründungsmanagement an der AKAD Hochschule Stuttgart, im Gabler Wirtschaftslexikon zusammen.
Die Ziele sind demnach
- den Lebenszyklus eines Produkts zu verlängern,
- den Preisverfall zu stoppen,
- die Absatzstagnation oder einen Absatzrückgang aufzuhalten und eventuell eine neue Wachstumsphase einzuleiten.
Sportartikelhersteller wie Adidas oder Nike führen zum Beispiel häufig Produktrelaunches aus diesen Gründen durch. Beliebte Schuhmodelle verschwinden immer wieder aus den Ladenregalen, um ein paar Jahre später wieder, zum Teil in limitierter Auflage, in neuem Gewand zu erscheinen. Meist ist damit auch ein Upselling verbunden.
Wenn Rebranding scheitert
Dass Rebranding-Prozesse auch nach hinten losgehen können, beweist etwa der Unternehmer Elon Musk, der Ende Oktober den Kurznachrichtendienst Twitter übernommen und nun im Sommer plötzlich die Umbenennung zu "X" verkündet hatte. "Ein Schnellschuss" und "schlechtestes Rebranding aller Zeiten", lautete das Medienecho.
Nicht nur, dass das neue Logo offenbar auf einer bereits vorhandenen Schriftart basiert, die lediglich marginal angepasst wurde, sorgt für Wirbel. Das Rebranding wurde bislang noch nicht stringent durchgezogen. So ist das ehemalige Twitter-Markenzeichen "Larry the Bird" immer noch stellenweise zu sehen und auch die Domain lautet nach wie vor "twitter.com". Dass das Rebranding derart auf Kritik stößt, hat jedoch tiefersitzende Gründe. "Presseanfragen wurden bis vor Kurzem etwa mit einem Kothaufen-Emoji beantwortet. Accounts von kritischen Journalisten wurden blockiert und über 50 Prozent der Belegschaft kurzerhand entlassen. Mit dem Rebranding von Twitter in X setzt er dem Ganzen nun aber die Krone auf", meint Redakteur Fabian Peters auf dem Blog Basic Thinking.
Positive Wahrnehmung entscheidet
Aus dem Fallbeispiel wird deutlich: Ob ein Rebranding von der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen wird und so zur Markenstärkung beiträgt, hängt entscheidend von den grundsätzlichen Kommunikationsfähigkeiten eines Unternehmens ab. Dabei ist es unverzichtbar, die unterschiedlichen Meinungen der verschiedenen Stakeholder einzuholen, wie Nina Müller von Moodley, einem globalen Design- und Strategieunternehmen, in einem von Frontify veranstalteten Webinar betont. Auf diese Weise entsteht eine solide Datengrundlage für das Rebranding. Das Reputationsmanagement und die Public Relations nehmen dann im Prozess eine Schlüsselrolle ein. Auf diese Weise kann es einem Unternehmen gelingen, existierende Meinungsbilder durch neue Perspektiven zu ersetzen oder zumindest schrittweise abzulösen.
Eine mögliche Strategie schildert Springer-Autor Eric Eller im Kapitel "Vertrauen als Fundament starker Stakeholder-Beziehungen" des Buchs "Wirkungsmechanismen im Reputationsmanagement": "Die Optimierung dieser Urteile kann zum expliziten Ziel gemacht werden. Zudem gilt es ein Verständnis über die konkreten Bedürfnisse der Stakeholder aufzubauen und diesen jeweils mit sozialen Botschaften zu begegnen. Je präziser sich diese Botschaften auf die jeweilige Stakeholder-Situation beziehen, desto hilfreicher sind sie für Stakeholder um die Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens zu beurteilen" (Seite 64).