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08.11.2018 | Kommunikation | Interview | Online-Artikel

"Klassische Customer-Journey-Modelle funktionieren nicht mehr"

verfasst von: Eva-Susanne Krah

5:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Dr. Gerd Wolfram

ist CEO von IoT Innovation & Consult (www.iot-icon.com) und beschäftigt sich seit Langem mit innovativen Technologien.

In einer digitalisierten Welt wollen Käufer wollen perfekte Kundenerlebnisse und personalisierte Angebote. Gerd Wolfram, Autor des Buchs "Digital Connection", erklärt im Interview mit Springer Professional, was dafür in digitalen Strategien von Vertrieb und Marketing wichtig ist. 

Springer Professional: Herr Dr. Wolfram, Customer Journey und ein kundenzentrierter Vertrieb sind mit der zunehmenden Digitalisierung in den Mittelpunkt gerückt – worauf sollten Vertriebsunternehmen aus Ihrer Sicht bei beidem achten, um ein besseres Kundenerlebnis und damit bessere Umsätze zu erzielen?

Dr. Gerd Wolfram: Kundenzentriertes digitales Marketing stellt den Kunden in den Mittelpunkt aller Marketingaktivitäten. Um hier erfolgreich zu sein, sind folgende Punkte zu beachten: 

  • Personalisierung: Kunden geben ihre persönlichen Daten preis, um personalisierte und auf sie zugeschnittene Angebote und Empfehlungen zu erhalten. Der Vertrieb kann damit die Kommunikation individueller gestalten und Vertrauen zur Marke aufbauen.
  • Marketing-Automation Tools: Automatisierung kann die Kommunikation datenbasiert individualisieren und die Lead- und Bestandskundenbetreuung optimieren. Die Synchronisation mit einem CRM-System verbessert zusätzlich die Kundenansprache.
  • Sicherheitsmaßnahmen und Datenschutz: Die Kunden erwarten ein immer gezielteres Marketing, um zu jeder Zeit an jedem Ort mit der Marke zu interagieren. Die Menge an Daten, die es zu analysieren gilt, nimmt täglich zu. Dadurch steigen die Anforderungen an den Datenschutz. Die neue DSGVO, im Mai 2018 in Kraft getreten, hat diese Anforderungen nochmals verschärft.

Empfehlung der Redaktion

2018 | Buch

Digital Connection

Die bessere Customer Journey mit smarten Technologien – Strategie und Praxisbeispiele

Dieses Buch zeigt, was smarte Technologien zu allen Phasen der Customer Journey beitragen und wie sie zu einer besseren User Experience führen können. Marken, die diese Chance nicht wahrnehmen, werden morgen um ihre Existenz kämpfen müssen.

Sie beschreiben in Ihrem Buch verschiedene Customer-Journey-Modelle – welche sind aus Ihrer Sicht denn besonders wertschöpfend für Vertrieb und Marketing?

Marken steigern das Vertrauen der Kunden nur dann langfristig, wenn sie die Customer Journey genau kennen. Strukturierte Kundendaten helfen, die Kundeninteraktionen über die verschiedenen Touchpoints zu verstehen und nachzuvollziehen, wie die Kunden in bestimmten Marktsegmenten vom Neukunden zum Bestandskunden und schließlich zum Stammkunden werden.
Die klassischen Customer-Journey-Modelle wie lineare Customer Journeys oder Funnel-Modelle funktionieren heute nicht mehr. Die typischen Phasen mit Bedarfserkennung, Informationssuche, Kauf, Bewertung, Re-Purchase und Weiterempfehlung stimmen zwar noch. Doch neue, agile Modelle sind nötig, da der heutige Kunde mobile Endgeräte nutzt und so überall und jederzeit in die Journey einsteigen kann. Die Kundenreise endet auch nicht mehr an der Kasse. 

Sondern?

Die Customer Experience geht nach dem Kauf weiter, etwa mit individuellen Informationen und Angeboten per Smartphone.

Kunden informieren sich inzwischen immer und überall vor dem eigentlichen Kauf. Welche Rolle spielen denn mobile Endgeräte künftig bei der Optimierung von Customer Journeys für Unternehmen?

Der moderne Kunde ist individuell, selbstbestimmt, aber auch von Informationen und Angeboten überflutet. Er ist außerdem immer vernetzt und online und erwartet vom Handel eine unmittelbare Kontaktaufnahme, rasche Transaktionen und kurze Reaktionszeiten. Das Angebot soll unabhängig von Raum, Zeit und bestimmten Technologien, Kanälen oder Geräten verfügbar sein.

Welche Bedeutung bekommen in diesem Zusammenhang künftig smarte neue Technologien im Vertrieb? Können Sie Beispiele nennen? Was werden sie verändern und wie zahlen sie sich Ihrer Meinung nach für den Vertrieb aus?

Das Mobiltelefon ist nicht mehr nur täglicher Begleiter vieler Kunden, sondern auch ein fester Bestandteil der Customer Journey. Es bietet jederzeit und überall Zugriff auf Produktinformationen, Preisvergleiche, Verkaufsorte und Produktbewertungen. 
Noch vor einigen Jahren waren smarte Technologien wie NFC, QR-Codes, Beacons, Augmented Reality und Sprachassistenten reine Industrieanwendungen. Nun kommen sie auch bei Kunden und Konsumenten zum Einsatz. Alle diese Technologien nutzen im Endkundenbereich das Mobiltelefon und vernetzen so physische Objekte und Menschen. Dadurch unterstützen smarte Technologien gezielt den Vertrieb: Sie steigern die positive Wahrnehmung eines Produktes, regen zum Kauf an, helfen bei der Produktnutzung und initiieren einen nachhaltigen Dialog. Ein erneuter Kauf und eine Weiterempfehlung werden so wahrscheinlicher. 

Was hat die "Digital Connection" im Kundenverhalten und in Kaufprozessen verändert? Worauf muss der Vertrieb bei digitalen Vertriebskonzepten achten?

Der alte Marketing-Traum lautet: Zur richtigen Zeit, im richtigen Kontext an die richtige Person die passende Information senden. Diesen Traum kann die "Digital Connection" heute umsetzen. Physische Produkte werden durch individuelle Services rund um Marken ergänzt. Dabei werden Services oft zum Hauptprodukt. Denken Sie nur an den offiziellen Spielball der Fußball-WM 2018 in Russland, den "Telestar 18". Der Ball von Adidas verfügt über einen integrierten NFC-Chip, über den Käufer und Fans via Smartphone personalisierte Inhalte abrufen und mit einer Community auf der ganzen Welt interagieren können. Oder denken Sie an den vernetzten Koffer, der mittels GPS-System weiß, wo er sich gerade befindet und seinem Besitzer über den integrierten NFC-Chip Infos zum Reiseziel anzeigen kann.
"Digital Connection" meint solche smarten Technologien, die über Smartphones in allen Phasen der Customer Journey ein neues Kundenerlebnis bieten. Dazu spielen sechs Wirkungsfelder zusammen:

  • Content: Personalisierte und kontextbezogene Ansprache und Inhalte.
  • Context: Passende Ansprache je nach Motivation des Kunden, Aufenthaltsort und Gemütszustand.
  • Consumption: Ein individuelles Erlebnis und Inhalte, die Kunden zum Kauf oder zur Nutzung eines Service bewegen.
  • Contact: Individueller Touchpoint in der Customer Journey über einen bestimmten Kanal (Channel) und in einer Conversation mit dem Kunden.

In Ihrem Buch beschreiben Sie "mobile moments" und den "Zero Moment Of Truth" bei Kunden. Was bedeutet das?

Für den multi-optionalen und vernetzten Kunden ergeben sich im Rahmen der mobilen Nutzung der Touchpoints neue "mobile moments", in denen er sich für ein Thema oder Produkt interessiert. In diesen Momenten sollten Unternehmen einen Mehrwert liefern und einen Service einfach und schnell bereitstellen, um den Kunden zum Kauf zu animieren. Der wichtigste Moment, der entscheidend für einen Kauf ist, liegt nicht mehr kurz vor dem Kauf, sondern fängt schon bei der Suche nach dem richtigen Produkt an, ob nun nach Nahrungsmitteln, Konzertkarten oder einem neuen Notebook gesucht wird. Diesen Moment nennt man den "Zero Moment Of Truth" (ZMOT). Hier können Unternehmen Kunden mit smarten Technologien individuell ansprechen und bei der Entscheidung unterstützen.

Total Customer Experience Management wird zum Schwerpunkt in Marketingabteilungen, weil die Anzahl digitaler Kanäle und anspruchsvolle Kundenerwartungen neue Instrumente und Prozesse erfordern. Warum kann eine Digital-Connection-Strategie hierfür hilfreich sein und welche Eckpunkte sollten Unternehmen berücksichtigen?

Customer Experience Management will positive Kundenerfahrungen schaffen und eine emotionale Bindung zwischen Anwender und Produkt oder Anbieter herstellen. Ziel: Aus zufriedenen werden loyale Kunden und aus loyalen Kunden Markenbotschafter. Gestalten Handel und Markenhersteller alle Berührungspunkte (Touchpoints) zwischen Marke, Produkt, Unternehmen und Kunden als Erlebnis,  können sie Kunden begeistern. Dazu sollten Unternehmen ihre digitalen Kampagnen sorgfältig planen, die richtigen smarten Technologien an den Touchpoints und eine Automatisierungs-Plattform einsetzen. Natürlich muss die Kampagne auch DSGV-konform umgesetzt werden.
Mein Fazit: Unternehmen, die ihre Marktposition sichern und ausbauen möchten, sollten ihre Perspektive wechseln. Nur aus kundenzentrierter Sicht gelingt es im digitalen Zeitalter, Käufer und Konsumenten optimal zu begleiten.

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