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13.09.2022 | Marketingkommunikation | Schwerpunkt | Online-Artikel

Marketing in Kriegszeiten: Worauf ist zu achten?

verfasst von: Johanna Leitherer

3:30 Min. Lesedauer

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Verbraucher erwarten von Unternehmen eine eindeutige Haltung im Hinblick auf den Ukraine-Krieg. Gleichzeitig wachsen eigene Existenzsorgen der Deutschen. Die Markenführung und -kommunikation bewegt sich damit auf zunehmend dünnem Eis. 

Erst Corona, nun der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine: Europa steht Kopf. Das hinterlässt auch bei deutschen Verbrauchern Spuren. Neben der Verunsicherung, dass die Kriegsbedrohung praktisch vor der eigenen Haustür lauert, drohen gestörte Lieferketten, Inflation, Güterknappheit und steigende Energiepreise. Letztere bereiten 67 Prozent der Deutschen beispielsweise sehr große Sorgen, wie eine Studie der Marktforscher von Yougov unter europäischen Konsumenten ermittelt hat.

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In den letzten Jahren hat sich die Digitalisierung in den Unternehmen mit weitreichenden Folgen deutlich beschleunigt. Ein Zielbild der Digitalisierung ist das selbstfahrende Unternehmen, das ein Höchstmaß an Automation kennzeichnet und deren Entscheidungen zumeist von Algorithmen getroffen werden. 

31 Prozent aller befragten Europäer sind aus diesem Grund dazu übergegangen, beim Heizen, Duschen und Fernsehen auf Sparflamme zu leben. Knapp ein Viertel achten auch beim Essen und im Hinblick auf Freizeitaktivitäten verstärkt aufs Geld. Die Sorge, dass es mit der Wirtschaft bergab gehen könnte, stellt für deutsche Verbraucher die häufigste Zukunftsangst (53 Prozent) dar. In der Altersgruppe der über 55-Jährigen liegt dieser Anteil mit knapp zwei Dritteln am höchsten. Denn davon hängt auch der eigene Lebensstandard ab. Dass es hierbei zu massiven Einschränkungen kommen könnte, ängstigt 44 Prozent der Deutschen. 

Flagge zeigen bis zu welchem Grad?

Für Marken geht es nun gerade in dieser wirtschaftlich prekären Lage darum, die Umsätze stabil zu halten. Gleichzeitig gilt es, die Ängste der Zielgruppe und das damit verbundene getrübte Konsumklima zu berücksichtigen. "Fest steht: Das Markenmanagement hat heute mit Herausforderungen zu kämpfen, die Fehler in der Markenführung noch unbarmherziger ahnden als in der Vergangenheit. Eine konsequente Markenführung ist der zentrale Erfolgsfaktor und zählt mehr denn je zu den zentralen Aufgaben eines Unternehmens", betonen die Springer-Autoren Brigitte Gaiser, Julia Jähnert und Richard Linxweiler im Kapitel "Aufgabenbereiche und aktuelle Herausforderungen der Markenführung" des Bands "Brand Evolution" (Seite 77).

Dass sich praktisch alle Marken gegen den russischen Angriffskrieg und Krieg im Allgemeinen positionieren, liegt nahe. Doch wie weit Marken gehen sollten, um sich empathisch und verantwortungsvoll zu zeigen, lässt sich pauschal kaum beantworten. Die schwedische Bekleidungskette H&M beispielsweise wählte den konsequenten Weg und kündigte Ende Juli an, sich aus Russland nun vollständig zurückzuziehen. Der Ton gegenüber den russischen, jetzt arbeitslosen Kollegen und den Kunden blieb allerdings wohlwollend: Man bedaure den Schritt und sei dankbar für die entgegengebrachte Treue. Für einen milliardenschweren Konzern wie H&M ist ein solcher Schritt vermutlich kein großes Wagnis. 

Eine unklärbare Frage der Moral 

Der Schokoladenhersteller Ritter Sport dagegen erntete für seinen Umgang mit dem russischen Angriffskrieg scharfe Kritik seiner Kunden. Der Grund: Das mittelständische Familienunternehmen setzte seine Handelsbeziehungen mit Russland fort, da das Land nach Deutschland der größte Absatzmarkt sei. Als Reaktion auf die Empörungswelle ruderte Ritter Sport zumindest teilweise zurück und kommunizierte, dass der Gewinn aus den Russland-Geschäften fortan an humanitäre Hilfsorganisationen gespendet werde. Verantwortungsbewusstsein sei wichtiger als Gewinn. 

Doch inwieweit und wie lange gelingt es Unternehmen, ihre Gewinnmaximierung hintanzustellen? Springer-Autor Professor Lukas Menkhoff hält das in seiner Analyse "Kleine Welt: Wenn Deutschland nur mit Demokratien handelt", erschienen in der Zeitschrift "Wirtschaftsdienst", Ausgabe 7/2022, für leichter als getan. Denn nicht nur Russland, sondern auch zahlreiche weitere Nicht-Demokratien müssten konsequenterweise boykottiert werden, um moralisch ausschließlich vertretbare Handelsbeziehungen vorweisen zu können.

Das spricht nicht gegen das Bemühen um Diversifizierung und Begrenzung von Abhängigkeiten, aber es scheint vermessen anzunehmen, man könne den Handel mit nicht demokratischen Ländern problemlos auf demokratische Länder umlenken. Dies hätte hohe ökonomische Kosten zur Folge", so Menkhoff (Seite 444).

Veränderungen im Marketing

Ehrlichkeit und Authentizität haben sich bereits vor der Corona-Krise als wesentliche Triebfeder gelungener Markenkommunikation herauskristallisiert und gewinnen nun abermals an Relevanz. Hinzu kommt die Beständigkeit der Markenwerte. "Marken sollten nicht nur kurzfristig kommunizieren, wofür sie stehen, sondern auf einer fundierten, konsequenten und langfristigen Haltung beruhen, welche von einem passenden Handeln begleitet wird", raten die Springer-Autorinnen Daniela Baumann und Larissa Urbiks im Kapitel "Brand Activism – Wenn Marken gesellschaftspolitisch aktiv werden", ebenfalls erschienen im Sammelband "Brand Evolution" (Seite 300).

Marketing und Werbung mit Fingerspitzengefühl sind also gefragt. Werbung im Umfeld von Nachrichten ist daher momentan grundsätzlich eher heikel. Gleiches gilt für die Bewerbung von Produkten mit knappen Beständen, heißt es in einer Auswertung des Performance-Marketing-Anbieters Smarketer. Die allgegenwärtigen Preissteigerungen könnten beispielsweise mit Kundenbindungssystemen aufgefangen werden, um Kunden gerade während der Krise die Aussicht zu bieten, trotz Konsum sparen zu können.

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