Was für zahlreiche Beschäftigte bisher ein begehrter Zusatz-Benefit war, ist in Corona-Zeiten ein Muss geworden: flexiblere Arbeitsmodelle. Der richtige Zeitpunkt für Firmen, ihr Benefit-System zu aktualisieren.
Viele Unternehmen haben wegen der Covid-19-Pandemie gezwungenermaßen auf Homeoffice/Remote Work umgestellt. Das Arbeitsmodell, das bis dahin häufig als Ausnahme gehandelt wurde, hat sich nun im Regelbetrieb unzähliger Betriebe bewährt. Und es ermöglicht ihnen Kosteneinsparungen. Schließlich schnallen die meisten Firmen angesichts der Wirtschaftskrise den Gürtel enger: Gehälter werden eingefroren oder gekürzt und Zusatzleistungen für die Mitarbeitenden auf den Prüfstand gestellt. Allerdings bergen Sparmaßnahmen einiges Frustpotenzial und kratzen an der Arbeitgeberattraktivität.
Gerade in Krisenzeiten ist Wertschätzung wichtig
Dabei ist es gerade in Krisensituationen besonders wichtig, Mitarbeiter zu binden, zu motivieren und anzuziehen, meinen Felix Anrich und Sascha Kugler. "Wirkungsvolle Benefits müssen zudem nicht teuer sein – mit einer klugen und klaren Struktur können Sie auch in finanzschwachen Zeiten als attraktiver Arbeitgeber auftreten", erklären die Springer-Autoren in dem Buchkapitel "Die Rolle von Mitarbeiter-Benefits in Zeiten von Wirtschaftskrisen". (Seite 127) Ein faires und flexibel gestaltbares Benefit-Konzept helfe dabei, den Mitarbeitenden auch in finanziell schlechten Zeiten zu signalisieren, wie sehr sie wertgeschätzt werden. Von Vorteil ist es allerdings, zu wissen, welche Benefits bei den Beschäftigten besonders gut ankommen.
Flexible Zeit- und Ortswahl ist ein Must-Have
Hier hilft ein Blick auf den "Kienbaum Benefits Survey 2020", für die das Beratungsunternehmen Kienbaum 100 Unternehmen und die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu 4.800 Arbeitnehmende aus dem DACH-Raum befragt haben. Der Studie zufolge stehen die Flexibilität von Arbeitszeit und -ort ganz oben auf der Liste der Leistungen, die einen Arbeitgeber in den Augen der Angestellten attraktiv machen. "Wir hatten unseren TeilnehmerInnen die Fragen bereits in Vor-Krisenzeiten gestellt und können daher auf unbeeinflusste Zahlen zugreifen. Umso spannender ist es, zu sehen, dass eine flexible Zeit- und Ortswahl jederzeit ein Must-have unter den Zusatzleistungen war und ist", sagt Kienbaum-Experte Nils Prüfer. Immer stärker im Kommen sind demnach auch Sabbaticals (Freistellungszeiten), die bereits über die Hälfte der für die Studie befragten Unternehmen anbieten.
Zu den Top-Drei-Zusatzleistungen für alle Arbeitnehmenden zählen außer flexiblen Arbeitszeiten Firmenveranstaltungen und Gesundheitsmaßnahmen. Demgegenüber erwarten Führungskräfte von einem modernen Benefit-Portfolio neben flexiblen Arbeitszeiten in erster Linie auch ein Firmen-Smartphone und einen flexiblen Arbeitsort. Für die obere Führungsebene gehört zudem meist ein Firmenwagen dazu.
In Deutschland boomt das Firmenfahrrad
Darüber hinaus belegt die Studie einen Trend, der in der Corona-Zeit noch Auftrieb bekommen hat: In Deutschland boomen Firmenfahrräder. Bereits jetzt gibt es sie in 31 Prozent der Firmen, weitere 27 Prozent planen einen solchen Mobilitätsbenefit. In den Nachbarländern Schweiz (11 Prozent) und Österreich (8 Prozent) ist das Firmenradangebot deutlich niedriger.
Besonders interessant für Unternehmen dürfte die Tatsache sein, dass die meisten Studienteilnehmenden im Benefit-Portfolio einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität sehen. 58 Prozent der Befragten gehen sogar davon aus, dass ein attraktives Benefit-Paket Mitarbeitende zum Verzicht auf ein Zehntel ihres Jahresgehaltes bewegen kann. Dazu müssen die Beschäftigten beziehungsweise Job-Interessenten natürlich über die angebotenen Leistungen Bescheid wissen. Doch daran hapert es offenbar häufig. Über 60 Prozent der Unternehmen informieren seltener als einmal im Monat intern über ihre Zusatzleistungen. Und nur 30 Prozent nutzen Social-Media-Kanäle, um die Benefits nach außen zu kommunizieren. Ein knappes Drittel der Befragten äußert sich denn auch selbstkritisch über den Bekanntheitsgrad der angebotenen Leistungen.
Benefit-Systeme müssen flexibel sein
Angesichts des War for Talents können es sich Unternehmen jedoch nicht leisten, das Thema Benefits zu vernachlässigen: Die Leistungen müssen regelmäßig geprüft, angepasst und kommuniziert werden, um ihre Wirkung im Employer Branding und Recruiting zu entfalten. Felix Anrich und Sascha Kugler stellen in dem Buchkapitel "Die zehn Erfolgsbausteine Ihres persönlichen Fairlohnung-Konzepts" die einzelnen Schritte für einen strukturierten Benefit-Management-Prozess vor (Seite 21ff):
- Bestandsanalyse durchführen
- Agile Benefit-Vision erstellen
- Benefit-Auswahlstrategie festlegen
- Kommunikationsmix wählen
- Emotionales Sensibilisierungsmanagement betreiben
- Arbeitgebermarketing optimieren
- Verwaltungsaufwand reduzieren
- Ergebnisse überprüfen und nachhalten
- Benefit-Prozess managen
- Finanzierung der Benefits sicherstellen
Mit dieser Vorgehensweise können Unternehmen ihr eigenes Benefit-Konzept entwickeln, um personalpolitische Chancen zu nutzen und sich im Markt bestmöglich zu positionieren.
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