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19.04.2023 | Unternehmensorganisation | Schwerpunkt | Online-Artikel

Schluss mit dem Meeting-Terror

verfasst von: Andrea Amerland

5 Min. Lesedauer

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Nervtötender Zeiträuber oder ergebnisorientierter Austausch: Wie Meetings von den Beteiligten wahrgenommen werden, hängt stark vom Ablauf ab. Damit Besprechungen nicht zur Zeit- und Geldverschwendung werden, müssen sie gut organisiert werden.

 

Langeweile durch ermüdende Wortbeiträge, Informationen, die einen gar nicht betreffen oder unnütz in die Länge gezogene Diskussionen, denen es an Effizienz fehlt. Die Liste der Gründe, warum Beschäftigte Meetings als schlecht erleben und am liebsten nicht daran teilnehmen würden, ist lang. 

Doch nicht nur das Ennui ist ein Riesenproblem der Meeting-Kultur in Unternehmen. Besprechungen rauben Zeit und kosten daher sogar Geld. Die Berechnungen der Aufwendungen für unproduktive Sitzungen fallen je nach Analyse zwar etwas unterschiedlich aus, sie sind aber in der Regel hoch. 

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Schlanke Meeting-Struktur spart Kosten

So kommt eine Studie von Timeinvest aus dem Jahr 2020, für die 1.000 Büroangestellte befragt wurden, zu dem Ergebnis, dass ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitenden durch ineffiziente und irrelevante Konferenzen rund 570.000 Euro pro Jahr verschwendet. Bei Unternehmen mit 10.000 Mitarbeitenden gehen die Studienautoren von etwa 57 Millionen Euro jährlich aus. 

Wohl auch in Kenntnis solcher Zahlen hat Shopify-Gründer Tobi Lütke das Jahr 2023 mit einer Kalenderbereinigung eingeläutet, berichtet Bloomberg. Der E-Commerce-Software-Anbieter will unter anderem mit mehr Effizienz seinen großen Wertverlust von 2022 kompensieren, heißt es. Daher hat Lütke alle wiederkehrenden Besprechungen mit mehr als zwei Personen dauerhaft gestrichen und die Regelung eingeführt, mittwochs ganz auf derartige Runden zu verzichten. Auch große Konferenzen mit mehr als 50 Personen sollen in einem begrenzten Zeitfenster nur noch donnerstags stattfinden.

Besprechungsanlässe genau prüfen

Austausch und Kommunikation allerdings lediglich aus der Kostenperspektive zu betrachten, greift sicher zu kurz. Unternehmen wären aber gut beraten, überflüssige Runden zu streichen und Veranstaltungen qualitativ zu verbessern. Daran sollte insbesondere Managern gelegen sein, die einen Großteil ihrer Arbeitszeit pro Woche mit dem Meeting-Terror verbringen. 

In der Management-Literatur besteht bei einer Sache daher große Einhelligkeit: Bevor Meetings angesetzt und geplant werden, sollte sich der Organisator fragen, ob der Anlass dafür wirklich gegeben ist. Denn die Zahl der Besprechungen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen - durch Corona und die neuen virtuellen Möglichkeiten. Beschäftigte haben infolgedessen das Gefühl, ihren eigentlichen Aufgaben nicht mehr nachkommen zu können. Böse Zungen sprechen in diesem Zusammenhang von Arbeitszeitvernichtung.

Da es bei der angestrebten Kommunikation in Teams oft nur um die Weitergabe von Informationen geht, die keines Feedbacks oder Austauschs bedarf, reicht eine E-Mail, eine kurze Chat-Nachricht oder ein Anruf, um das Problem zu adressieren. Bereits im Vorfeld über den passenden Kommunikationskanal nachzudenken, vermindert Meeting-Frust, der dadurch entsteht, dass Beschäftigte Besprechungen als die reinste Zeitverschwendung erleben, die wenig Ergebnisse bringen.

Weniger Meetings, höhere Produktivität

Eine Studie der britischen University of Reading aus dem Jahr 2022 belegt, dass die Produktivität von Arbeitnehmende um 71 Prozent steigt, wenn die Zahl der Besprechungen um 40 Prozent reduziert wird. Die Empfehlung der Forschenden lautet daher, reine Status-Updates abzuschaffen und über digitale Tools abzuwickeln wie etwa über Slack oder Teams. Shopify-Gründer Tobi Lütke scheint also mit seiner verschlankten Meeting-Strategie auf dem richtigen Weg zu sein, um damit die Performance zu steigern. 

"Geht es tatsächlich darum, etwas mit einem oder mehreren Kollegen zu besprechen oder abzustimmen, dann ist ein virtuelles Meeting der beste Weg", schreiben Susanne Bachmann und Anabel Ternès von Hattburg im Buchkapitel "Virtuelle Meetings – digital effektiv kommunizieren".

Organisator muss alle im Blick haben

Um Monologe von wenigen Vielrednern und Schweigen bei den zurückhaltenden Beschäftigten zu vermeiden, sollte nur im kleinen Kreis von etwa bis zu acht Personen gesprochen werden, so die Springer-Autorinnen. Zu dieser womöglich besten Teamgröße von sieben plus/minus zwei Teilnehmenden kam Standford-Professor Bob Sutton bereits in einer Auswertung mehrerer wissenschaftlicher Studien im Jahr 2014. 

"Versuchen Sie die Gesprächsbeteiligung aller Gesprächspartner im Blick zu behalten, sprechen Sie einzelne Personen direkt an und fragen sie etwa nach ihrer Meinung zu einer Frage, die gerade diskutiert wird", raten zudem Bachmann und Ternès von Hattburg.

Fällt der Teilnehmerkreis jedoch größer aus, seien interaktive Elemente unabdingbar, damit die berüchtigte Zoom-Fatigue nicht um sich sich greift und als Reaktion darauf nebenbei E-Mails beantwortet werden. Je nach Kontext des Meetings können das kleine Umfragen oder Spiele sein, um alle konzentriert bei der Sache zu halten. 

Auf den Moderator kommt es an

Weitere wesentliche Faktoren für erfolgreiche Meetings sind im Moderator und gegebenenfalls in einem Meeting-Knigge zu suchen, betont Ursula Kusay-Merkle im Buchkapitel "Die Gestaltung von Meetings und Workshops". So gehören Fragen, Paraphrasieren und Visualisieren zu den wichtigsten Tools gelungener Moderation. Ziel sei dabei immer, "das gemeinsame Verständnis sicherzustellen und die Gruppe zu einem Ergebnis zu führen." Der Moderator plant und steuert, er hilft der Gruppe  "selbstständig zu arbeiten, Lösungen zu finden und Maßnahmen ableiten zu können". Und er erarbeitet Regeln, für ein harmonisches Miteinander.

Was letztendlich für ein Team oder eine Projektgruppe die richtige Form ist, müssen Führungskräfte gegebenenfalls noch herausfinden. Hier kann Experimentieren gefragt sein, etwa mit Virtual Reality. Damit werden zwar nicht die Ermüdungsprobleme erschlagen, aber VR kann für bestimmte Anwendungsfälle interessant sein, zeigt eine Studie der Uni Münster, die unter dem Titel "Social interactions in the metaverse: Framework, initial evidence, and research roadmap" erschienen ist. 

VR-Meetings als Alternative?

300 Business-Studierende testeten in Gruppen à 100 Teilnehmenden mit VR-Brillen unterschiedliche Social VR-Apps oder 2D-Internet-Meetings mit Zoom & Co. Die zentralen Ergebnisse:

  • In der virtuellen Realität empfinden die Teilnehmenden die soziale Präsenz stärker als in 2D-Meetings.
  • Die Mobilität in VR wird als positiv erlebt, kann aber auch ablenken. 
  • Im Vergleich zur Virtual Reality steigern klassische 2D-Meetings sogar die Konzentration.
  • Mit VR-Brillen ist die Erschöpfung der Teilnehmenden besonders groß.

Die Studienautoren schlussfolgern, dass das VR-Meeting derzeit nicht das 2D-Meeting schlägt. Allerdings bieten Meetings mit Avataren und VR-Brillen einen gewissen Fun-Faktor im ansonsten all zu trüben Meeting-Alltag.

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