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03.09.2020 | Cash Management | Schwerpunkt | Online-Artikel

Zahlungsverzug ist das Schreckgespenst der CFOs

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly

5 Min. Lesedauer

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Die Corona-Krise hat die Furcht vieler Finanzentscheider europäischer Unternehmen vor Zahlungsverspätungen angeheizt, zeigt eine Studie. Vor allem deutsche CFOs sehen ihre Organisation nur schlecht oder gar nicht auf das Problem vorbereitet. 

Fast zwei Drittel (65 Prozent) der deutschen und europäischen Finanzchefs (CFOs) fürchten seit der Corona-Pandemie nichts so sehr wie Kunden, die ihre Rechnungen zu spät oder gar nicht bezahlen. Selbst Risiken aufgrund von Cyber-Kriminalität (30 Prozent), Lücken in den Lieferketten oder sogar rückläufige Umsätze (61 Prozent) und Profitabilität (43 Prozent) stufen die Finanzentscheider als weniger gefährlich ein. Das zeigt die aktuelle Studie "DNA of a CFO" des internationalen Kreditversicherers Euler Hermes. Hierfür sind Führungskräfte aus den Finanzabteilungen von Unternehmen in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien vor und nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie befragt worden.

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In der Unternehmenspraxis lässt sich beobachten, dass es immer häufiger der CFO ist, der einen wesentlichen Einfluss auf die Wertsteigerung ausübt. Aus dem gewandelten Rollenverständnis und der zunehmenden Bedeutung des CFOs resultiert, dass auch in der CEO-Nachfolge inzwischen immer mehr CFOs berücksichtigt werden. Matthias J. Rapp und Axel Wullenkord konkretisieren dieses neue Rollenverständnis und arbeiten mit hohem Praxisbezug die zentralen Funktionen und Aufgaben des CFOs heraus.

Insolvenzen mit Schneeballeffekt

"Schon vor der Covid-19-Pandemie war jedes zweite der befragten deutschen Unternehmen (51 Prozent) von Zahlungsverzögerungen betroffen und beinahe jedes dritte (30 Prozent) von der Insolvenz eines Abnehmers", erläutert Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes DACH. "Das ist eine relativ erschreckende Bilanz und zeigt, welche Schneeballeffekte Insolvenzen in der gesamten Lieferkette auslösen können."

Was die Zahlungsstörungen betrifft, hat sich allerdings durch den Ausbruch der Corona-Pandemie zumindest in Deutschland wenig geändert. Im Mai meldeten rund 52 Prozent der deutschen Unternehmen Probleme mit dem Zahlungsverzug ihrer Kunden. Doch im europäischen Schnitt sieht die Lage anders aus. Hier ist die Zahl von 47 Prozent vor der Krise auf 65 Prozent im Mai 2020 geklettert.

Viele deutsche CFOs erleben täglich Zahlungsstörungen

Dennoch kämpfen drei Viertel (76 Prozent) der betroffenen deutschen Unternehmen mindestens einmal pro Woche mit Zahlungsverzögerungen. 36 Prozent der Finanzchefs sind täglich (Europa 24 Prozent) und 13 Prozent sogar mehrmals am Tag mit diesem Problem beschäftigt. "In Deutschland sind zwar insgesamt etwas weniger Unternehmen von Zahlungsverzögerungen durch die Covid-19-Pandemie betroffen als im europäischen Durchschnitt, die betroffenen deutschen Firmen erleben dies dafür wesentlich häufiger", erklärt Van het Hof.

Nur etwa ein Drittel der befragten Unternehmen in Europa fühlt sich auf diese Probleme wirklich gut vorbereitet. In Deutschland sind es mit 19 Prozent sogar noch weniger und mehr als jedes zehnte der befragten Unternehmen hierzulande fühlt sich sogar gar nicht gewappnet. Neben den Umsatzrückgängen und den Lücken in der Lieferkette bleiben dabei Zahlungsverzüge das größte Problem.

CFOs intensivieren Risiko- und Cash Management

Bei der Lösung der bevorstehenden Herausforderungen konzentrieren sich die Finanzchefs der befragten Unternehmen vor allem auf Planungssicherheit und ein möglichst stringentes internes Risikomanagement, eine stärkere Diversifizierung sowie Absicherungslösungen.

"Das Risikobewusstsein der Finanzchefs ist insgesamt deutlich gestiegen", erläutert Van het Hof. Sie setzten zunehmend auf Planungssicherheit und ein möglichst stringentes internes Risikomanagement, eine stärkere Diversifizierung sowie Absicherungslösungen. Auch betrieben die CFOs häufiger ein proaktives Cash Management.

Messung der Liquidität

Laut der Springer-Autoren Cerryl P. Stember und Oliver Führes ist es für das Cash Management unerlässlich, sich eine Übersicht über die verschiedenen Arten der Liquidität und die unterschiedlichen Kennzahlen zur Messung der Liquidität zu verschaffen. Dabei teilen sie die den Unternehmen zur Verfügung stehende Liquidität in vier Gruppen ein, wie die nachstehende Tabelle zeigt.

Liquiditätsarten

Operative Liquidität

Sicherheitspuffer 

Strategische Liquidität

Überschussliquidität

• Ordentliche Geldeingänge (Verkauf von Gütern und Dienstleistungen)

• Ordentliche Geldausgänge (Saläre, Versicherungen, fixe und variable Kosten)

• Dividenden und Zinsen aus operativer Tätigkeit

• Reduktion Illiquiditätsrisiko im Fall von ausserordentlichen Ausfällen

• Überbrückung im Fall eines illiquiden Geldmarktes

• Möglichkeit für Investitionen (z.B. Akquisitionen)

• Ausnutzen von Opportunitäten

• Restliche Liquidität, welche nicht denvorhergehenden Kategorien zugeordnet wird

• Liquidität zur Anlage in Geldmarktprodukten, welche gemäß Rechnungslegungs-vorschriften entsprechend bilanziert werden können

Quelle: Cerryl P. Stember / Oliver Führes in „Corporate Treasury Management“, 2018, Seite 93

"Viele Unternehmen definieren für ihre Tätigkeit eine Finanzierungs- und Liquiditätsstrategie, um ein Gleichgewicht zwischen Liquidität und kurzfristigen Verbindlichkeiten sicherzustellen", schreiben die Autoren den ganzheitlichen Ansatz im Cash Management.

Dabei ist entscheidend, dass ein Unternehmen seine finanziellen Verpflichtungen zu jeder Zeit erfüllen kann. Aus diesem Grund muss die Liquidität mit den finanziellen Verbindlichkeiten zeitlich abgestimmt werden. Ein adäquates Debitoren- und Kreditorenmanagement hilft dabei, neben etablierten (und freien) Kreditfazilitäten, diese Fristenkongruenz zu erreichen", so Stember und Führes auf Seite 95.

Trotz Stress und Sorgen bleiben viele CFOs zuversichtlich

Immerhin schauen trotz der Covid-19-Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen für das eigene Unternehmen 42 Prozent der CFOs in Deutschland und Europa positiv in die Zukunft. Vor der Krise waren es 48 Prozent. Zumindest zuversichtlich sind 36 Prozent der Finanzentscheider (zuvor 50 Prozent). 

Von den Krisenfolgen persönlich gestresst fühlen sich 32 Prozent der Finanzentscheider (vorher 19 Prozent). Fast jeder vierte CFO (23 Prozent) macht sich inzwischen sogar sehr große Sorgen (vorher neun Prozent). Zwar ist die Skepsis bei den deutschen Finanzchefs größer als bei ihren europäischen Pendants, dafür sind sie insgesamt aber etwas weniger gestresst oder besorgt, so die Studienautoren.

"Erstaunlicherweise ticken die Finanzchefs von großen und kleinen Unternehmen in unterschiedlichen Branchen und unterschiedlichen Ländern sehr ähnlich und sind mit vergleichbaren Risiken konfrontiert", sagt Van het Hof. "Nur in der Finanzbranche ist die Furcht vor Cyber-Angriffen größer als die Sorge um Zahlungsverzögerungen und Insolvenzen." Das liege vor allem auch daran, dass viele ihrer Kunden andere Banken und Finanzdienstleister sind.

Hintergrund zur Studie

Die Studie wurde in drei Phasen durchgeführt. Von Februar bis März 2020 nahmen an der repräsentativen Umfrage rund 850 Finanzentscheidern großer und kleiner Unternehmen in den genannten Ländern teil. Im März und April erfolgten qualitative Interviews mit CFOs. Im Mai 2020 wurde rund 220 Finanzchefs aus dem Panel der ersten Phase erneut befragt.


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