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27.10.2020 | Employer Branding | Schwerpunkt | Online-Artikel

Firmen punkten bei Jobsuchenden mit Diversität

verfasst von: Annette Speck

4 Min. Lesedauer

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Diversität steht in vielen Betrieben bislang nicht sehr weit oben auf der Agenda. Doch beim Recruiting ist Vielfalt ein Pluspunkt. Das sollte in Zeiten des War for Talents nicht unterschätzt werden.

Zwar sind konsequent umgesetzte Diversität wie auch unverblümte Diskriminierung im Arbeitsleben nicht die Regel, aber bekanntlich erfahren "Extremfälle" die größte öffentliche Aufmerksamkeit. Wie etwa der eines jungen Bewerbers, der im Januar 2020 via Facebook eine interne Mail postete, die belegte, dass er wegen seiner arabischen Abstammung eine Stellenabsage erhielt. Das Unternehmen berief sich bei der Entschuldigung auf ein Missverständnis. Indessen gibt sich die New York Fashion Week seit geraumer Zeit politisch korrekt und lässt – ganz inklusiv – Haute Couture von Models mit körperlichen Einschränkungen präsentieren.

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Diversität und Diversitätsmanagement

Diversität und Diversitätsmanagement wurde bis in die 1990er-Jahre in Deutschland nur stiefmütterlich behandelt. Mittlerweile folgen aber immer mehr europäische Unternehmen dem aus den USA stammenden Trend und greifen Themen wie Diskriminierung und Integration im Rahmen des Personalmanagements auf.

Gelebte Vielfalt oder nur Lippenbekenntnis?

Mit deutlich weniger Spektakel bekennen sich dagegen hierzulande über 3.500 Unternehmen zur Diversität, indem sie die Charta der Vielfalt unterstützen. Die Arbeitgebendeninitiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen macht sich für Wertschätzung und Chancengleichheit für alle Menschen stark – unabhängig von Geschlecht und geschlechtlicher Identität, Nationalität, ethnischer Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung und Identität.

Jedoch wird in Corona-Zeiten das Diversity-Engagement vielerorts zusammengedampft. So berichtete jüngst das "Handelsblatt" über die diesjährigen Absagen von Innogy, Bosch und Lufthansa bei der Jahreskonferenz der Initiative Chefsache, die zum Ziel hat, den Anteil von Führungsfrauen in Spitzenpositionen zu erhöhen. Das Desinteresse ist symptomatisch. Eine im Mai veröffentlichte Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt aktuell deutliche Rückschritte beim Rollenverständnis.

Ungleichbehandlung ist weit verbreitet

Dass in punkto Vielfalt im Arbeitsleben noch einiges im Argen liegt, bestätigt eine aktuelle Stepstone-Umfrage zum Thema Diversität. Danach spielt in 60 Prozent der Unternehmen in Deutschland Diversity Management noch keine (große) Rolle. Auch gaben 73 Prozent der 11.000 im Juni 2020 in Deutschland befragten Erwerbstätigen an, sie hätten schon Erfahrungen mit Ungleichbehandlung gemacht. Und nur vier von zehn Befragten meinen, bei Einstellungen gebe es Chancengleichheit für alle. So sehen 83 Prozent der Befragten für Über-50-Jährige nur geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dreiviertel der Teilnehmenden sind zudem der Meinung, Frauen müssten für Anerkennung und Beförderungen härter arbeiten.

Jobsuchende reagieren allerdings zunehmend empfindlich auf Ungleichbehandlung und Diskriminierung. Der Umfrage zufolge bewerben sich 77 Prozent der Fach- und Führungskräfte bevorzugt bei Unternehmen, die Vielfalt und Toleranz leben. Und 75 Prozent glauben, dass heterogene Führungsteams Krisen besonders gut bewältigen.

Laut Anastasia Hermann wünschen sich Beschäftigte aber viel mehr als nur ein von Vielfalt geprägtes Arbeitsumfeld. "Sie erwarten auch, dass Arbeitgeber sich aktiv und authentisch für Chancengleichheit und Offenheit starkmachen und engagieren“, sagt die Stepstone-Forschungsleiterin.

Diversität nützt Unternehmen

Der zunehmende Fachkräftemangel spielt den Befürwortern von mehr Diversität dabei in die Hände. Bekanntermaßen profitiert außerdem die Innovationsfähigkeit der Unternehmen von vielfältigen Perspektiven. Darüber hinaus fordern insbesondere die jüngeren Generationen mit ihren veränderten Wertvorstellungen und Lebensstilen nach einer offeneren und vielfältigeren Unternehmenskultur. Mit Hilfe des Diversity Managements kann dieser Wandel vorangebracht und die Vielfalt systematisch gemanagt werden. Allerdings gehen Unternehmen das Diversity Management ganz unterschiedlich an, wie Alexander Tirpitz et al. in dem Beitrag "Diversity Management: Unterschiede nutzen, denn Unterschiede nützen!" erklären.

Die einen versuchen, durch die Einhaltung von Gesetzen und Quoten und die Vermeidung von Diskriminierungspotenzialen ihrer 'gesetzlichen Vielfaltspflicht' nachzukommen (Fairness and Discrimination Approach). Andere sehen Vielfalt eher instrumentell und versuchen, die Vielfalt des Marktes in der eigenen Belegschaft zu spiegeln (Access and Legitimacy Approach). [...] Eine dritte Gruppe sieht Vielfalt vor allem als Lernpotenzial und unternehmenskulturelle Haltung, die eine kontinuierliche Entwicklung ermöglicht und fördert (Learning and Effectiveness Approach)." Alexander Tirpitz et al., Seite 355

In jedem Fall sei Diversity Management ein langfristiger Prozess, in dessen Verlauf immer wieder Umsetzungsprobleme und Widerstände aufträten. Zudem mangele es intern häufig an Know-how und Erfahrung sowie dem Verständnis für die Nutzeffekte von Diversity.

Den Diversity-Kulturwandel gezielt angehen

Die Springer-Autoren identifizieren in diesem Zusammenhang vier Aktionsfelder für Unternehmen und Führungskräfte. Diese sollten systematisch bearbeitet werden, um Offenheit und notwendiges Wissen zum Umgang mit Vielfalt zu fördern und Handlungskompetenz bei den Beschäftigten aufzubauen.

Aktionsfelder zum Aufbau von Diversity-Kompetenz

Entwicklung einer positiven Einstellung zu Vielfalt

Förderung der Integration aller Teammitglieder mit ihren Stärken und Potenzialen

Unterstützung der Anpassung über die eigene Gruppe hinaus

Abbau von Grenzen zwischen verschiedenen Teams durch Interaktion

Quelle: Alexander Tirpitz et al., Seite 356

Verzichten Unternehmen indessen auf Diversity Management, besteht Tirpitz et al. zufolge "das Risiko, dass Gruppen bzw. Teams entlang bestimmter Attribute (faultlines) in Subgruppen zerfallen und dies negative Auswirkungen auf Gruppenprozesse, -leistung und -klima hat." (Seite 353) Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf Studien, die zeigen, dass Unternehmen mit besonders hoher Vorstandsdiversität wirtschaftlich deutlich erfolgreicher sind.

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