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2006 | Buch

Handbuch Handel

Strategien — Perspektiven — Internationaler Wettbewerb

herausgegeben von: Univ.-Prof. Dr. Joachim Zentes

Verlag: Gabler

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Erstes Kapitel: Erscheinungsformen, Rahmenbedingungen, Einflussfaktoren

Frontmatter
Dynamik des Handels — Perspektiven und Zukunftsstrategien

Der Handel zeichnet sich durch einen stets fortschreitenden Wandel seiner Erscheinungsformen aus; daher wird oftmals auch von der Dynamik des Handels gesprochen. Mit dieser Dynamik geht zugleich das Phänomen der „Wiederkehr der Händlergesellschaft“ (Tietz 1993c) einher, das im Vorwort dieses Sammelwerkes herausgestellt wurde. Gemeint ist damit, dass der Handel in einer zunehmend dienstleistungsorientierten Wirtschaft zur dominanten Betätigungsform wird

Joachim Zentes
Wettbewerbliches Umfeld — Konsumenten, Lieferanten, Konkurrenten

Das ist sicherlich keine fundamental neue Aussage, aber sie hat sehr viele verschiedene Facetten und ungeheure Konsequenzen für die Nachfrage im Handel und die Lieferanten. So wie die Einwohnerzahlen in der nächsten Zeit noch leicht steigen werdenauf ca. 83–84 Mio. Einwohner höchstwahrscheinlich — droht jedoch ab 2010 Stagnation und später ein allmählich ansteigender Rückgang der Bevölkerung. 15–20 % der Bevölkerung werden diejenigen sein, die wir heute süffisant „Ausländer“ oder „Zuwanderer“ nennen, in manchen Städten werden diese Gruppen eine Größenordnung von 40 % erreichen mit der Gefahr der „Tribisierung“, was nichts anderes bedeutet, als dass diese Gruppen, wenn sie nicht integriert werden, sich verkapseln gegen den Rest der Welt. Senioren nehmen allmählich überhand, ebenso die Singles, wohingegen sich die Arbeitslosigkeit abbauen wird und sei es allein durch die Überalterung der Gesellschaft. Auf Grund längerer Ausbildungszeiten tritt man immer später in das Berufsleben ein und auf Grund später Eheschließung werden die ersten Kinder i.d.R. dann geboren, wenn die Frauen ein Alter von 30 Jahren überschritten haben. Es wird immer mehr berufstätige Frauen, auch im Alter, und damit Doppelverdiener in den Haushalten geben.

Ulrich Eggert
Der Handel Im Spannungsfeld
Zwischen staatlicher Deregulierung und marktwirtschaftlicher Regulierung

57 Jahre nach Einführung der marktwirtschaftlichen Ordnung in der Bundesrepublik werden deren Ergebnisse immer lauter in Frage gestellt. Wachstumsschwäche, zunehmende Arbeitslosigkeit, stagnierende Einkommen, Unbehagen über eine eher imaginäre Bedrohung durch die Globalisierung haben bei vielen Zweifel an der Funktionsfähigkeit der Wirtschafts- und Wettbewerbsordnung aufkommen lassen, an der angemessenen Steuerung durch die unsichtbare Hand des Marktes. Nur noch die Hälfte der Deutschen, so eine Umfrage des Deutschen Bankenverbandes, steht heute zu der Aussage, die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland habe sich bewährt. Zehn Jahre zuvor stimmten noch drei Viertel der Deutschen dieser These zu. Dass soziale Gerechtigkeit und Marktwirtschaft sich bedingen und dass soziale Gerechtigkeit am besten innerhalb eines marktwirtschaftlichen Systems verwirklicht werden kann, glaubt heute nur noch ein Drittel der Bundesbürger. Das Misstrauen richtet sich v.a. gegen die Unternehmer, die nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos „mehr von der Gesellschaft nehmen, als sie ihr zurückgeben“. Von dort ist es nicht mehr weit zu der ebenso simplen wie populistischen, aber unzutreffenden Schlussfolgerung, dass in der Marktwirtschaft die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Man brauche, so klingt es wieder häufiger, folglich mehr Steuerung durch den Staat, um „die Umverteilung von unten nach oben“ zu verhindern. Dass Unternehmer nicht den ihnen gebührenden Ruf haben, ist indes nichts Neues.

Holger Wenzel
Technologisches Umfeld — IT als Entwicklungstreiber

Bezüglich makroökonomischer Reflexionen hat Nikolai D. Kondratieff auf 50-jährige Innovationszyklen verwiesen, in deren Mittelpunkt jeweils technologische Entwicklungen wie die Dampfmaschine, Baumwolle, Bekleidung und Stahl, Eisenbahn, Transport oder Elektrotechnik, Chemie, Massenkonsum konjunkturelle Booms ausgelöst haben (Hallier 2004).

Bernd Hallier

Zweites Kapitel: Nationale und regionale Strukturen und Besonderheiten

Frontmatter
Strukturen und Entwicklungstendenzen im deutschen Distributionssystem

Mit Ausnahme der Landwirtschaft hat sich in den letzten drei Jahrzehnten kein Sektor in seinen Strukturen in Deutschland so grundlegend geändert wie der Handel. Hauptsächlich hervorgerufen durch gravierende Bedarfsverschiebungen der Konsumenten und durch die daraus resultierenden Wirkungen auf die Konsumausgaben der privaten Haushalte, aber auch durch die zunehmende Internationalisierung der Handelsund Dienstleistungsströme haben sich die Unternehmens-, Beschäftigten- und Umsatzstrukturen im Groß- und Einzelhandel sowie in der Handelsvermittlung erheblich verändert. Im Zuge einer weiter voran schreitenden Arbeitsteilung und einem damit verbundenen verschärften Wettbewerb zwischen den Wirtschaftssektoren um eine höhere Wertschöpfung haben z.B. der Produktions- und der Verkehrssektor vermehrt distributive Wertschöpfung vom Handelssektor übernommen. Zwar bilden die rund 400.000 Unternehmen des Groß- und Einzelhandels sowie der Handelsvermittlung nach wie vor den Kern des gesamtwirtschaftlichen Distributionssystems, allerdings haben sich auf bestimmte Funktionen spezialisierte Unternehmen (wie Speditionsunternehmen für Bekleidung, Möbel oder EDV-Geräte) verstärkt in den z.T. recht komplexen Prozess der zeitlichen und räumlichen Überbrückung von Waren und Dienstleistungen eingeschaltet.

Uwe Christian Täger
Retailing in Western Europe — Structures and Development Trends

Since the fifties the retail sector has been living a revolution equivalent of what the manufacturing sector lived at the end of the 19

th

century — beginning of the 20

th

century. This phenomenon of industrialization is characterized by the replication of retail formats throughout store chains or networks. Very large companies came out from this revolution and right now the largest company in the world is an American retailer: Wal-Mart, and no more an industrial company

Gérard Cliquet
Retailing in Eastern Europe — Emerging Markets within the European Union

The expansion of the European Union to 25 member states in 2004 brought eight former East European countries with a population of 73 million into the EU. The experiences of these economies in the post-war period have, however, left a legacy in terms of retail structures and retail spending. The average per capita retail spend across these countries is around 35 % of the average in the established 15 European Union markets. Poland is by far the largest of the new East European member states, whilst Slovenia with a population of around two million has the highest per capita retail spend

Steve Burt
Handel in Nordamerika — Rahmenbedingungen, Entwicklungstendenzen und Perspektiven

Bei einer Betrachtung der Handelsentwicklungen in der „Alten Welt“ (vgl. hierzu die Beiträge von Täger, Cliquet sowie Burt in diesem Sammelband) fällt auf, dass diese sich maßgeblich an denen der „Neuen Welt“ orientieren. Dies liegt darin begründet, dass europäische Handelsunternehmen in einer gewissen Regelmäßigkeit diejenigen Konzepte, die sich in Nordamerika als erfolgreich erwiesen haben, nach Europa importieren. So sind bspw. Shopping-Center und auch Business-Improvement-Districts (BID) Errungenschaften Nordamerikas.

Constantin Hilt, Lambert Scheer
Handel in Südamerika — Strukturen und Entwicklungstendenzen

„Lateinamerika im Aufschwung — Chancen nutzen! “ — das Motto der Lateinamerika-Konferenz der deutschen Wirtschaft, die im Mai 2005 in der kolumbianischen Stadt Cartagena stattfand, beinhaltet einen Appell an deutsche und europäische Investoren, diese Region nicht zu vernachlässigen. Der Aufruf kommt nicht von ungefähr: Die Euphorie über den Wirtschaftsboom in China und anderen asiatischen Staaten sowie die Anziehungskraft neuer Märkte in Osteuropa und Russland haben die lateinamerikanischen Volkswirtschaften an den Rand der Aufmerksamkeit gedrängt. Wenn es um den Aufbau bzw. Ausbau von Handelsbeziehungen und Direktinvestitionen geht, blicken europäische Unternehmer derzeit eher nach Osten denn über den Atlantik. Damit laufen sie allerdings Gefahr, eine wichtige Wachstumsregion der Weltwirtschaft zu übersehen — die außerdem traditionell sehr enge kulturelle Bindungen zu Europa hat. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Lateinamerikas ist 2004 um 5, 6 % gewachsen. Mit insgesamt ca. 233 Mio. Einwohnern ist allein die Mercosur-Region nicht nur als Beschaffungs-, sondern auch als Absatzmarkt interessant. Diesem „gemeinsamen Markt des Südens“ gehören die Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay an; Chile, Bolivien, Peru und Venezuela sind assoziierte Staaten. Im Juli 2004 trat ein Freihandelsabkommen zwischen dem Mercosur und der Andengemeinschaft in Kraft, deren Mitglieder Bolivien, Peru, Kolumbien, Ecuador und Venezuela sind. Dies ist als ein entscheidender Schritt in Richtung eines vereinten südamerikanischen Wirtschaftsraums zu betrachten.

Gerhard Hausruckinger, Kristina Dengler, Patrick Müller-Sarmiento
Handel in Japan — Strukturen und Entwicklungstendenzen

Der japanische Einzelhandelsmarkt ist der zweitgrößte der Welt. In Kaufkraftparitäten gemessen übersteigt die Konsumnachfrage der japanischen Bevölkerung das Niveau der deutschen und US-amerikanischen Konsumenten (World Bank 2001, S. 232f.). Trotzdem wurde der japanischen Handelslandschaft auf Grund der hohen Markteintrittsbarrieren, der starken Fragmentierung des Handelsmarktes und der Komplexität der Distributionsstrukturen auf der Großhandelsstufe in der Literatur bisher vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt (Dawson/Larke 2004, S. 76ff.).

Peter Schäfer
Handel in asiatischen Emerging Markets: Paradiesische Gegebenheiten?

Die Erschließung der asiatischen Emerging Markets durch europäische und amerikanische Handelsunternehmen hat in den letzten Jahren erheblich an Dynamik gewonnen. So hat etwa das französische Handelsunternehmen Carrefour seit seinem Markteintritt in China im Jahre 1995 insgesamt 251 Standorte eröffnet, davon allein 25 im ersten Quartal des Jahres 2005. Mit Carrefour und Wal-Mart zählen zwei internationale Handelsunternehmen zu den zehn umsatzstärksten Handelsunternehmen auf dem chinesischen Markt (Euromonitor 2004b). Der Weltmarktführer im Selbstbedienungsgroßhandel, die Düsseldorfer Metro Group, ist mit 24 Cash & Carry-Märkten in China vertreten und will in den nächsten drei bis fünf Jahren mit jährlich zehn Neueröffnungen hier weiter wachsen (Metro Group 2005, S. 59ff.). Dabei werden die ausländischen Händler von den enormen Wachstumsmöglichkeiten angezogen, die ein Konsumentenpotenzial von Milliarden von Menschen und die wirtschaftliche Dynamik im asiatischen Raum verheißen. Die verbreitete Expansionsstimmung ist aber auch mit einzelnen Rückzugsmeldungen durchsetzt: Die deutsche Tengelmann-Gruppe hat sich im Mai 2005 mit dem Verkauf ihrer zuletzt 13 OBI-Baumärkte an Kingfisher vom chinesischen Markt zurückgezogen, Carrefour hat Anfang 2005 acht Hypermärkte und damit die Geschäftstätigkeit in Japan aufgegeben.

Gerd Bovensiepen, Stephanie Rumpff

Drittes Kapitel: Strategische Stoßrichtungen und Konzepte

Frontmatter
Horizontale Kooperation als Wettbewerbsstrategie
Erscheinungsformen und Entwicklungstendenzen

Kooperationen, insbesondere in der horizontalen Form, sind in Deutschland kein neuartiges Phänomen, vielmehr verfügen sie über eine bereits lange Tradition und besetzen in zahlreichen Branchen bedeutende Marktanteile. Den im Folgenden auch gewerbliche Verbundgruppen genannten horizontalen Kooperationen wird in den Wirtschaftswissenschaften unberechtigterweise ein relativ geringer Stellenwert beigemessen, sodass häufig ein entsprechendes Unwissen über die Bedeutung, Inhalte und Struktur der Zusammenarbeit in Verbundgruppen herrscht. Anhand der unterschiedlichen Erscheinungsformen und Entwicklungstendenzen soll dieser Beitrag darstellen, warum Verbundgruppen vor dem Hintergrund der Globalisierungs- und Konzentrationstendenzen, der steigenden Marktmacht aggressiv auftretender Discounter sowie der sich verkürzenden Produktionslebens-/Innovationszyklen und sich wandelnden Kundenbedürfnissen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Gerade für mittelständische Unternehmen, die im Gegensatz zu Großunternehmen oftmals auf Grund mangelnder verfügbarer Ressourcen sowie entsprechenden Know-hows diesen Entwicklungstendenzen nicht mit direktinvestiven Transaktionsformen (Joint Venture, Fusion, Akquisition) begegnen können, stellen gewerbliche Verbundgruppen eine wesentliche Grundlage für ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit dar. Daraus ergibt sich, dass insbesondere Mittelständler noch stärker horizontale Kooperationen zur Stärkung der Marktpositionierung und -präsenz werden eingehen müssen. Im Bereich des Groß-und Einzelhandels ist die Entwicklung der Verbundgruppen schon sehr weit fortgeschritten, wohingegen im Dienstleistungssektor das Interesse an dieser Form der kooperativen Zusammenarbeit noch ein neueres Phänomen ist.

Joachim Siebert, Ludwig Veitmann
Secured und Controlled Distribution — Die Industrie als Einzelhändler

Konsumgüterhersteller richten ihre Unternehmensstrategie an den Konsumenten, den Wettbewerbern und dem Handel bzw. den Absatzmittlern oder weiter gehend den Intermediären bzw. Absatzorganen aus.

1

So sind im Rahmen der Unternehmensstrategie von Konsumgüterproduzenten die Absatzmittler und deren Vorstellungen zu berücksichtigen, eine These, die von Beginn an von der Marketingwissenschaft vertreten wird. In einem der Standardwerke der deutschen Marketingliteratur (Nieschlag/ Dichtl/Hörschgen 1968, S. 290f.) wird in diesem Zusammenhang die gemeinsame Trägerschaft absatzwirtschaftlicher Aufgaben von Industrie- und Handelsunternehmen herausgestellt. Ferner wird allerdings auch auf mögliche Konfliktpotenziale zwischen beiden Wirtschaftsstufen hingewiesen, die u.a. auf die Betriebstypenvielfalt und die unterschiedlichen strategischen Konzepte zurückzuführen sind

Joachim Zentes, Michael Neidhart
Franchising als Wachstumsstrategie — Modernes Partnership- for- Profit

Franchising ist ein Zweig der deutschen Wirtschaft, dessen Bedeutung in den vergangenen Monaten in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich zugenommen hat. Das liegt v.a. an der Stabilität der Branche und dem sich daraus ergebenden Arbeitsplatzpotenzial. Die Franchise-Branche gehört zu den wenigen Sparten der deutschen Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafften. Franchising ist die boomende Vertriebsform der Gegenwart und wird auch in Zukunft die Wirtschaft wesentlich prägen.

Torben Leif Brodersen
Internationalisierung als Wachstumsstrategie — Potenziale und Strategien

Im nachfolgenden Beitrag soll die internationale Absatzpolitik von Einzelhandelsunternehmen näher betrachtet werden. Diese etwa seit Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts verstärkt zu beobachtende Unternehmensstrategie hat mittlerweile bei den marktbedeutenden Unternehmen vieler Branchen zu erheblichen Auslandsumsatzquoten geführt. Mit Blick auf den Lebensmitteleinzelhandel werden zunächst Motive und Antriebskräfte des „Going International“ skizziert (Abschnitt 2), um danach ein idealtypisches Entscheidungsraster für die Entwicklung einer Internationalisierungsstrategie zu entwerfen (Abschnitt 3). Wesentliche Elemente einer grenzüberschreitenden Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie werden dann in den Abschnitten 4 und 5 erörtert. Der Beitrag schließt mit einigen Bemerkungen zur Implementierung dieser Wachstumsstrategie.

Michael Lingenfelder
Wachstumsstrategien durch Filialisierung im Einzelhandel

Der deutsche Einzelhandel ist seit vielen Jahren sowohl durch starke Konzentrationstendenzen als auch durch stagnierende oder schrumpfende Umsätze gekennzeichnet. Als Gründe für die wenig zufrieden stellende Umsatzentwicklung werden neben strukturellen, politischen und konjunkturellen Einflüssen im Wesentlichen Veränderungen im Verbraucherverhalten genannt. So führen die gestiegene Verunsicherung der Konsumenten auf Grund veränderter Arbeitsmarktbedingungen, die damit verbundene zunehmende Sorge um den Arbeitsplatz und die höheren Ansprüche an die Altersversorgung zu einer weiteren Steigerung der Sparquote mit negativen Folgen für den Einzelhandelsumsatz. Zudem sinkt weiterhin der Anteil der Einzelhandelsumsätze an den privaten Konsumausgaben. Betrug dieser im Einzelhandel i.e.S. (ohne Kfz-Handel, Tankstellen und Apotheken) 1991 noch 41,1 %, so sank er im Jahre 2001 bereits auf 30,7 % (Appelhoff/Gerling 2003, S. 24). Nach aktuellen Schätzungen wird sich dieser Anteil im Jahre 2005 weiter auf 27,8 % reduzieren (KPMG 2005, S. 9).

Dirk Möhtenbruch

Viertes Kapitel: Betriebs- und Vertriebstypen

Frontmatter
Fachgeschäfte und Fachmärkte — Erscheinungsformen und künftige Entwicklung

Im Jahre 1967 formierte sich der Arbeitsausschuss für Begriffsdefinitionen der Katalogkommission für die handeis- und absatzwirtschaftliche Forschung mit dem Ziel, Anregungen und Empfehlungen für eine einheitliche Begriffsbildung zu geben, um bestehende terminologische Unklarheiten und Zweifel vermindern zu helfen (Ausschuss für Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft 1970). Zu diesem Zweck wurde der so genannte Katalog E, Begriffsdefinitionen aus der Handels-und Absatzwirtschaft aufgelegt, der in vier Ausgaben — 1970, 1975, 1982 und 1995 -vorliegt. Zwischenzeitlich wird an der fünften Ausgabe gearbeitet, die insbesondere die Integration der Begriffe aus dem E-Commerce vorsieht und neuere Entwicklungen wie RFID, EDLP, CRM, ECR, Category-Management, Supply-Chain-Management usw. aufgreifen wird. Die Katalogkommission setzte und setzt sich jeweils aus führenden Vertretern des Faches aus Wissenschaft sowie Vertretern der Wirtschaft insbesondere aus Verbänden und Kammern zusammen, sodass sichergestellt war und ist, dass die Begriffe auch auf ein breites Echo in der relevanten Öffentlichkeit stoßen.

Andreas Kaapke
Die Rolle der Discounter im deutschen LEH
Marken und Handelsmarken im Wettbewerb der Vertriebskanäle für Konsumgüter

Discounter sind seit rund vier Jahrzehnten ein fester Bestandteil des Konsumgüterhandels in Deutschland. Obwohl es auch in anderen europäischen Ländern und in den USA traditionell discountierende Handelsformen gibt, sind die deutschen Discounter mit ihrer begrenzten Sortimentsstruktur, ihrer Vielzahl an Eigenmarken und ihrer inzwischen flächendeckenden Präsenz ein weltweit einzigartiger Handelstypus und darüber hinaus ein „Exportschlager“ in zahlreichen anderen Ländern.

Wolfgang Twardawa
Convenience-Stores — Internationale Entwicklung und Käuferverhalten in Deutschland

Convenience — übersetzt Bequemlichkeit und Verfügbarkeit — wurde bereits früh im Zusammenhang mit der Kategorisierung von Produkten (Konsumwarengliederungen) aufgegriffen (Copeland 1923; Tietz 1975, S. 98; Zentes/Swoboda 2001). Seit den siebziger Jahren wird Convenience als Konsumtrend, in Verbindung mit ConvenienceStores, so in Japan oder der USA, und später in Verbindung mit (elektronischen) Diensten betrachtet (praktisch Gerling 1997; Gandow 2001; Forster 2002; Swoboda 1997, 1998 und eher wissenschaftlich bereits Darden/Lumpkin 1984; Berry/ Seiders/Grewal 2002). In Deutschland setzte eine verstärkte Diskussion (neben Szenarien bei Tietz 1987, 1992) ab Mitte der neunziger Jahre ein, und zwar sowohl auf der wissenschaftlichen Seite (Zentes 1996; Swoboda 1999, 2000a, 2000b, 2001; Kaas/Posselt 2000; Posselt/Gensler 2000; Stöcker 2000; Swoboda/Morschett 2001; Kohleisen 2001) als auf der praktischen Seite (Auer/Koidl 1997; Gryllensvärd 1999; Dreher 2003; Bormann & Gordon 2004). Allerdings wird auch noch heute Convenience oft nur als Zukunftstrend apostrophiert. Dies wirft zwangsläufig die Frage nach dem Status des seit 30 Jahren diskutierten Themas auf

Bernhard Swoboda, Sandra Schwarz
Versandhandel — Erscheinungsformen und künftige Entwicklung

Der Versandhandel hat eine lange Geschichte. Bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert, im Zuge des Ausbaus des Eisenbahnnetzes und der Leistungssteigerungen des Postwesens, begannen in Deutschland die ersten Versandhändler ihre Waren per Post zu verschicken. In den zwanziger Jahren setzte in Deutschland die erste große Gründungswelle des Versandhandels ein (Dorner 1999, S. 27). Beispielsweise begannen Eduscho 1924 und Baur 1925 damit, Waren im Versandhandel zu vertreiben; Quelle trat 1927 in das Versandgeschäft ein (Bundesverband des deutschen Versandhandels 2002, S. 10f.). Im Gegensatz zu den USA und Großbritannien gab es in Deutschland zunächst nur Spezialversandhändler, die sich zumeist auf ein Produkt fokussierten. Sie nutzten den Versandhandel, um mit ihren speziellen Produkten auch die Kunden zu erreichen, die entfernter wohnten und nicht die Möglichkeit hatten, die Ware in ihrer Umgebung zu beziehen (Gross 1958, S. 8f.).

Bernd W. Wirtz, Nadine Sammerl
Supermärkte, Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser
Erscheinungsformen und künftige Entwicklung

Im vergangenen Vierteljahrhundert hat sich die Bedeutung der Vertriebstypen im Lebensmitteleinzelhandel teilweise dramatisch verändert. Die Entwicklung vollzog sich einerseits auf Grund der bekannten Rahmenbedingungen und andererseits bedingt durch die anhaltende Expansion insbesondere der Discounter. In der nachfolgenden Betrachtung ist Aldi nicht enthalten, da langfristige Daten für das Unternehmen nicht qualifiziert zur Verfügung standen.

Fred Otto
Kauf- und Warenhäuser — Erscheinungsformen und künftige Entwicklung

Der deutsche Handel steht seit Jahren unter Druck. Konjunkturschwäche und Konsumflaute, Flächenexpansion und sinkende Umsätze kennzeichnen das Bild des Handels. Der Wettbewerb nimmt in allen Branchen und Betriebsformen an Schärfe zu. Die passive Internationalisierung von Horn, Mango, Zara und Co. schreitet fort. Home-Shopping kommt immer mehr nach vorn und zählt heute zu den wachstumsstärksten Segmenten. Tankstellen, Bahnhöfe und Flughäfen nutzen durch das Ladenschlussgesetz geschaffene Standortvorteile bei der Ladenöffnung („Die Entdeckung Bahnhof: Stadt zu, Bahnhof immer auf!“). Während in Deutschland eher über den Beitritt Chinas zur EU diskutiert wird als über das überholte Ladenschlussgesetz, errichtet Bijenkorff an der holländischen Grenze drei Warenhäuser mit Sonntagsöffnung. Ob in Deutschland Arbeitsplätze wegfallen, interessiert die Niederländer ebenso wenig wie den Briten Mac Arthur Glenn, der im November 2001 — die rheinische Kundschaft fest im Blick — ein Designer-Outlet-Center im holländischen Roermond eröffnete. Niederländische Autokennzeichen sind auf dem Parkplatz in der Minderheit.

Lovro Mandac
Shopping-Center — Erscheinungsformen und künftige Entwicklung

Nach einer Marktanalyse von Cushman & Wakefield Healy & Baker (2004) entstehen in Deutschland in den nächsten beiden Jahren Shopping-Center mit einer Verkaufsflä-che von rund 842.000 m

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. Innerhalb Europas verzeichnet Deutschland damit hinter Polen und Russland den größten Flächenzuwachs (als Basis für ihre Marktanalyse definieren Cushman & Wakefield Healy & Baker dabei Shopping-Center als eine zentral geplante und gemanagte Versorgungseinheit bestehend aus mindestens zehn Einheiten und einer Mietfläche von mindestens 5.000 m

2

). Die Entwicklung hat unterschiedlichste Center-Formen hervorgebracht. Von kleinen innerstädtischen Passagen oder Galerien bis hin zu großen Centern mit Freizeiteinrichtungen auf der „grünen Wiese“. Wie viel Flächenzuwachs verträgt der deutsche Einzelhandel? Worin liegen die Erfolgsfaktoren der Shopping-Center? Welche Einflussfaktoren auf Shopping-Center gibt es und welche Erscheinungsformen von Centern werden sich durchsetzen?

Alexander Otto
Multi-Channel-Retailing
Erscheinungsformen und Erfolgsfaktoren

Im Kontext der E-Commerce-Diskussion wurde die Thematik des Multi-Channel-Retailing und seiner Bedeutung für den Handel vergleichsweise polarisiert und gleichermaßen emotional diskutiert. Im Vordergrund stand dabei die Kontroverse, ob Multi-Channel-Retailing der „Königsweg“ oder der „Todesstoß“ für den Einzelhandel sei. Diskutiert wurde v.a., in welcher Form sich die Einführung von Multi-Channel-Retailing-Systemen auf den Unternehmenserfolg von Handelsunternehmen auswirkt. Gerade zu Beginn der Diskussion wurde eine Vielzahl von Studien zum Multi-Channel-Verhalten der Kunden und der Handelsunternehmen aus Wissenschaft und Praxis durchgeführt. Entweder wurde dabei die Einstellung vertreten, dass sich die Implementierung von Mehrkanalsystemen im Handel positiv auf den Unternehmenserfolg auswirkt, indem Kundenbindungseffekte und Neukundenakquisition zu Umsatzsteigerungen führen. Auf der anderen Seite wurde argumentiert, dass die Ausweitung von Absatzkanalsystemen nicht nur zu einer immensen Kostenbelastung durch den Aufbau der zusätzlichen Kanäle, sondern zudem zu Kanalkonflikten führt, die die positiven Effekte einer eventuellen Umsatzausweitung überkompensieren würden.

Hanna Schramm-Klein

Fünftes Kapitel: Handelsmarketing

Frontmatter
Retail-Branding — Strategischer Rahmen für das Handelsmarketing

Auslöser der Entwicklung von Retail-Brands sind im Wesentlichen Veränderungen in der Konsumgüterwirtschaft, insbesondere der Handelsstrukturen und -Strategien, die zu einer wesentlichen Erhöhung der Bedeutung des Einzelhandels geführt haben. War dieser lange Zeit nur „verlängerter Arm“ der Konsumgüterhersteller, also ein eher unbedeutender Akteur in der Wertschöpfungskette, der die vom Hersteller angebotenen Leistungen ohne wesentliche eigene Marketingleistung an den Konsumenten weitergab, verschiebt sich seit einigen Jahren diese Position (die grundlegenden Veränderungen der Rahmenbedingungen des Handels werden ausführlich im Ersten Kapitel dieses Sammelwerks diskutiert). Wurde früher kritisiert, dass Handelsunternehmen es den Herstellern überließen, die Vorteile eines Markenaufbaus für sich in Anspruch zu nehmen (Mulhern 1997, S. 104; Morschett 2000), wird die Dominanz der Marketingstrategien der Industrie vom Handel heute nicht mehr ohne weiteres akzeptiert (Theis 1999, S. 32). Der Handel strebt immer stärker an, selbst die Marketingführerschaft in der Wertkette aufzubauen (Brauer 1997, S. 26; Zentes/Swoboda/Morschett 2005, S. 169).

Dirk Morschett
Customer-Relationship-Management — Neuere Ansätze der Kundenpotitik

Im Rahmen unternehmerischer Marktbearbeitungsprozesse hat die Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Kunden einen erheblichen Wandel erfahren. Während im klassischen Marketing die Kundenpolitik im Handel durch Transaktionen mit nicht näher bekannten Kunden die Geschäftspolitik prägte, gewinnt unter dem Eindruck zunehmenden Wettbewerbs- und Kostendrucks der Aufbau und Erhalt der Geschäfts-beziehung zum Kunden immer mehr an Bedeutung. Die Auswirkungen dieses Perspektivenwechsels von einer „Inside-out“-Perspektive zu einer „Outside-in“-Perspektive werden sowohl auf Seiten der Wissenschaft als auch auf Seiten der Handelspraxis unter dem Etikett „Customer-Relationship-Management (CRM)“ diskutiert.

Hans-Peter Liebmann, Elke Gruber
Category-Management — Kooperative Sortimentspolitik

Jährlich suchen über 30.000 neue Artikel -Maßstab für die Messung ist die Zahl der neu vergebenen Internationalen Artikelnummern (EAN) — im deutschen Lebensmitteleinzelhandel den Weg zum Endkunden. Der überwiegende Teil dieser Neuprodukte scheitert. Die Angaben zur Floprate neuer Produkte schwanken zwischen 50 und 90 % (Haller 1980, S. 9; Stockmeyer 2001, S. 144f.; IRI 2005). Dabei ist zu berücksichtigen, dass etliche Produkte Saisonartikel oder Sondereditionen sind, deren Marktaustritt bereits bei der Markteinführung geplant ist und oft noch im selben Jahr liegt. Aber selbst wenn man „etwas Luft“ aus diesen Zahlen lässt und damit die Misserfolgsquote relativiert, so bleibt am Ende doch die Feststellung, dass die Zahl der Misserfolge erheblich ist. Nach einer Studie von A.C. Nielsen und Ernst & Young aus dem Jahre 1998 (A.C. Nielsen 2005, S. 5) weisen die meisten Produkte kaum einen neuen Nutzen für die Endkunden auf (siehe

Abbildung 1

).

Hendrik Schröder, Andreas Rödl
Preis-und Sonderangebotspolitik — Formen und Erfolgsfaktoren

Die Preispolitik umfasst alle Aktivitäten zur Suche, Auswahl und Durchsetzung von Preis-Leistungs-Relationen und damit verbundenen Problemlösungen für Kunden (Diller 2000a, S. 27). Es geht also nicht nur um die Kalkulation der Endverbraucherpreise (EVP) einzelner Artikel, sondern auch um preisstrategische Entscheidungen bzgl. des Preisauftritts, um den aufeinander abgestimmten Einsatz der Preiskalkulation, -differenzierung, -variation und -kommunikation, also das so genannte Preis-Mix, und um die unternehmensinternen Strukturen und Routinen zur Regelung der Abläufe von Pricing-Prozessen. Insofern rechtfertigt sich auch die synonyme Verwendung des Begriffs Preismanagement (Pricing) und Preispolitik.

Hermann Diller, Sabine Anselstetter
Handelsmarken — Erscheinungsformen, Potenziale und strategische Stoßrichtungen

„Die einen tun’s, die anderen nicht“ (Rück 2005). Dieser Satz ist vielleicht kennzeichnend für eine Art von „Glaubenskrieg“, wenn es um das Thema Handelsmarken geht. Jedoch nimmt in den letzten Jahren die Zahl der Hersteller, die sich für die Produktion von Handelsmarken entscheiden — und damit auch die Verbreitung von Handelsmarken — kontinuierlich zu (Bruhn 2001, 2004a; Rück 2005).

Manfred Bruhn
Ladengestaltung — Grundlagen und Konzepte

Aus der hohen Wettbewerbsintensität im Handel erwächst für Handelsanbieter die Notwendigkeit, sich ausreichend von der Konkurrenz abzugrenzen. Dies ist für weite Teile des Handels jedoch ein schwieriges Unterfangen. Die Anbieter sehen sich insbesondere dem Problem gegenüber, dass ihre Kernleistung für den Konsumenten nur schwer greifbar und wenig anschaulich ist. Eine Differenzierung über die angebotenen Waren ist kaum zu erreichen, da die Sortimente weitestgehend austauschbar sind

Peter Weinberg, Guido Purper
Point-of-Sale-Marketing

PoS-Marketing bezieht sich auf den Einsatz der informations- und kommunikationsbezogenen Instrumente in den stationären oder virtuellen Verkaufsstellen des Einzelhandels. Für den stationären Handel zählen hierzu neben der Schulung und Gestaltung der Verkaufsgespräche alle Maßnahmen, die die Struktur und Anordnung des Ladenlayouts, die qualitative und quantitative Raumzuteilung, die Warenpräsentation und Schaufenstergestaltung sowie die Ladenatmosphäre und das Ladenumfeld betreffen (Liebmann/Zentes 2001, S. 545). Diese Gestaltungsmöglichkeiten werden auch unter dem Begriff „Instore-Marketing“ zusammengefasst. Ferner können zum PoS-Marketing Maßnahmen der Verkaufsförderung sowie des Event-Marketing gerechnet werden, die nicht vom Handel, sondern vom Hersteller initiiert und finanziert werden und einen Beitrag zur Markenführung der Markenartikelindustrie leisten sollen. Mit Handelspromotions — wie bspw. mit der Bereitstellung von Displays oder der Gewährung von Konditionen und Rabatten — wendet sich der Hersteller zwar zunächst an den Handel, um die Listungswahrscheinlichkeit seiner Ware zu erhöhen. Letztlich richten sich diese Maßnahmen aber an die Konsumenten, da diese durch günstige Preise oder durch Displays auf die Marke aufmerksam gemacht werden sollen. Gedenk (2004, S. 1516f.) schlägt daher vor, Handelspromotions und Verbraucherpromotions (Gewinnspiele, Warenproben, Produktzugaben) unter dem Begriff „konsumentengerichtete Promotions“ zusammenzufassen und in Preisund Nicht-Preis-Promotions zu unterteilen.

Andrea Gröppel-Klein
Handelswerbung
Strategien und Instrumente

Der Handel hat — wie auch viele andere Branchen — in jüngerer Zeit mit einer veränderten Markt- und Wettbewerbssituation und daraus folgenden neuen Marktphänomenen zu kämpfen. Dazu zählen auf der Absatzseite z.B. die zunehmende Individualisierung und Ausdifferenzierung des Konsumentenverhaltens (Foscht/Swoboda 2005, S. 185f.), die hohe Reizüberflutung und Informationsüberlastung der Konsumenten, die zunehmend kritische Verbraucherhaltung in Bezug auf die Glaubwürdigkeit von Unternehmen und ihrer Angebote (Eisend 2003, S. 1f.; Angerer 2004a, S. 32), tendenziell niedriger involvierte bis hin zu desinteressierten Konsumenten und — nicht zuletzt — das hohe Preisbewusstsein der Konsumenten (Liebmann/Angerer/Gruber 2003, S. 54f.).

Thomas Foscht, Thomas Angerer

Sechstes Kapitel: Beschaffungs- und Supply-Chain-Management

Frontmatter
Internationalisierung der Beschaffung
Die zunehmende Bedeutung des Multi- Channel-Sourcing

Einzelhändler bleiben heute nur dann konkurrenzfähig, wenn sie in der Lage sind, einen kundengerechten Sortiments-Mix anzubieten: zum richtigen Preis, in der richtigen Qualität, am richtigen Ort und zur richtigen Zeit (Arnold 1998, S. 242; Müller-Hagedorn 1998, S. 494f.). Entscheidend dafür ist die Beschaffungsstrategie. Fehlen einem Händler die qualitativ zuverlässigen, preislich interessanten und logistisch erschlossenen Zugänge zu internationalen Beschaffungsmärkten, wird er kaum bedürfnisgerechte Sortimente anbieten können. Seine Ware bleibt in den Regalen liegen und der Kunde wendet sich anderen Anbietern zu. Vor dem Hintergrund dieses schwierigen und dynamischen Handelsumfelds wird dem internationalen Beschaffungsmanagement zunehmend Beachtung geschenkt (Arnold 1998, S. 235f.). Internationales Beschaffungsmanagement stellt gerade für Handelsunternehmen, die von geringer Wertschöpfungstiefe gekennzeichnet sind, ein effektives Instrument dar, um durch Kostenmanagement und Differenzierung Wettbewerbsvorteile aufzubauen (Zentes/Swoboda/Morschett 2004, S. 309).

Thomas Rudolph, Joëlle Loos
Electronic Procurement — Konzeption und Anwendung

Die internetbasierte, elektronische Beschaffung wird höchst unterschiedlich bewertet — belegt mit Aussagen bzw. Begrifflichkeiten wie „E-Procurement: Euphorie und Realität“ (Nekolar 2003), „Trendfalle Neue Technologien im Einkauf“ bzw. „E-Hype“ (Halbleib 2005, S. 400), „E-Procurement: Fad or Fiction“ (van Weele/Lakemond 2005, S. 292). Vor dem Hintergrund dieser zwischen grenzenloser Euphorie und weit gehender Negierung ökonomischer Erfolge schwankenden Bewertungen ist eine sachbezogene Analyse erforderlich; ein einfaches „E or not to Be“ (Nicolai/Wannenwetsch 2004, S. VI) übersimplifziert die Entscheidungstatbestände im E-Business und E-Procurement erheblich.

Michael Eßig
Supplier-Relationship-Management

Vertikale Kooperationen, die das Ziel einer wirtschaftsstufenübergreifenden Optimierung der Supply-Chain verfolgen, haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Während ursprünglich die Initiative im größeren Maße von der Industrie ausging, ist seit geraumer Zeit ein verstärktes Interesse des Handels an kooperativen Lösungen zu beobachten. Sie haben sich in der Praxis unter verschiedenen Namen etabliert. Eine überragende Bedeutung kommt allerdings dem Efficient-Consumer-Response-Konzept (ECR) zu, dessen Aktivitäten sich sowohl auf die Logistik (Efficient-Replenishment), als auch auf den Marketingbereich (Efficient-Assortment, Efficient-Promotion, Efficient-Product-Introduction) erstrecken. Die Differenzierung zwischen den vier so genannten Säulen des ECR betont die Funktionen, die Gegenstand der Zusammenarbeit sein können. Darüber hinaus ist aber auch die Frage nach dem Management der Beziehungen zwischen den beteiligten Wirtschaftssubjekten zu beantworten. Insbesondere ein systematisches Lieferantenmanagement ist im Rahmen solcher Kooperationen von großer strategischer Relevanz. In Anlehnung an den Begriff Customer-Relationship-Management, der die strategische Bedeutung der Beziehungen auf der Kundenseite zum Ausdruck bringt, wird ein strategisches Lieferantenmanagement auch als Supplier-Relationship-Management (SRM) bezeichnet.

Waldemar Toporowski, Stephan Zielke
Konzepte des Supply-Chain-Managements — CPFR als unternehmensübergreifende Lösung

Analysiert man die Aktivitäten der amerikanischen und europäischen Industrie- und Handelsunternehmen im Bereich Supply-Chain-Management der letzten fünf Jahre, so erkennt man ein neue strategische Stossrichtung: frühzeitige Einbindung der vorgelagerten Wertschöpfungspartner in die Planung, Prognose und Warenversorgung innerhalb der Prozesskette unter Ausnutzung von modernster Informations- und Kommunikationstechnologie über elektronische Marktplätze. Das damit neu geschaffene Managementkonzept „Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment (CPFR)“ erweist sich in einigen Pilotprojekten von First Movern (siehe

Abbildung 1

) bereits als erfolgreiches Instrument im Wertschöpfungsmanagement von Lieferant und Händler.

Dirk Seifert
Logistik im Kontext händlerischer Leistung

Insbesondere für Unternehmen der Einzelhandelsbranche waren die letzten Jahre erkennbar problematisch — nicht nur, dass der wirtschaftliche Aufschwung auf sich warten lässt, zusätzlich ist eine Individualisierung des Konsums erkennbar, was zu differenzierten Kundenbedürfnissen führt. Trotzdem gelingt es vielen Unternehmen, ihre erfolgreiche Position am Markt zu halten und sogar noch auszubauen. Welche Erfolgsfaktoren ermöglichen dies?

Michael J. Kolodziej
Beschaffungslogistik im Handel
Innovationen in Prozessen, Strukturen und Organisationen

„Handel ist Wandel“ — eine Binsenweisheit mit massiven Folgen für die Logistik. In Zeiten rasch wechselnder Bedingungskonstellationen erweist sich eine bei statischer Betrachtung überzeugende Lösung bereits nach kurzer Zeit oft als suboptimal. „Assetfixierte“ Eigensysteme können nur bedingt an sich verändernde Sortimentsstrukturen, Kundenanforderungen und Geschäftsprozesse angepasst werden oder sie sind schlicht nicht in der Lage, das erforderliche Unternehmenswachstum mitzumachen.

Wolfgang Prümper, Jörg Pohl, Jack Thoms

Siebentes Kapitel: Corporate Management

Frontmatter
Organisationsformen — Primär- und Sekundärorganisation

„Structure follows Strategy“: Mit dieser prägnanten These fasste Chandler 1962 die Ergebnisse seiner empirischen Studie über die Korrelation zwischen Strategie und Organisationsstruktur zusammen. Selbst wenn in der Zwischenzeit über den pauschalierten Aussagegehalt trefflich diskutiert wurde, bleibt unbestritten, dass die Organisationsstruktur maßgeblich zum Strategieerfolg beiträgt. In diesem Zusammenhang fällt der Organisationsstruktur die zentrale Aufgabe zu, die Unternehmensentwicklung, welche durch die Strategie angestrebt wird, bestmöglich zu unterstützen. „Organisation dient somit der Erreichung der obersten Unternehmensziele“ (Thom/Wenger 1996, S. 54). Insofern ist mit Organisation „nicht nur eine bestimmte Ordnung von Aufgabenbereichen gemeint (...), die ihren Niederschlag dann in einer bildhaften Darstellung, den so genannten Organigrammen, findet“ (Vahls 2005, S. 4), sondern auch — oder gerade — als ein Instrument der Unternehmensführung. So gesehen ist die Schnittstelle zwischen der Unternehmensstrategie auf der einen und der Unternehmensorganisation auf der anderen Seite fließend.

Roland Mattmüller, Ralph Tunder
Human-Resource-Management — Personal als Erfolgsfaktor

Mitarbeiter werden heute in modern geführten Unternehmungen nicht nur als Produktionsfaktoren oder immaterielle Ressourcen „veradministriert“, sondern als kritische Erfolgsfaktoren wahrgenommen und damit als Wert für die gesamte Unternehmung entwickelt, geführt und gefördert. Dies gilt für den Detailhandel ganz besonders. In dieser personalintensiven Branche besteht eine tendenziell hohe Nachfrage an Erwerbstätigen. Die absehbaren demografischen Veränderungen mit zunehmender Überalterung erhöhen den Bedarf in den nächsten zehn Jahren enorm.

Peter Keller
Controlling im Handel

Das Controlling ist ein Führungsinstrument, das Planungs- und Kontrollelemente beinhaltet. Es übernimmt die zielorientierte Koordination von Managementaufgaben (Schröder 2001, S. 774). Controllingadressaten im Handel sind insbesondere die Unternehmensleitung (Zentrale), die Filialen und der Zentraleinkauf (Krey 2002b, S. 29). Die Aufgaben des Controlling sind die Entwicklung, Implementierung und laufende Betreuung von Planung, Kontrolle und Informationsversorgung (Liebmann/Zentes 2001, S. 798; Krey 2002b, S. 29). Witt (1992, S. VI) bezeichnet die Handelscontroller als „betriebswirtschaftliches Gewissen des Handelsmanagement“. Weber (2002, S. 48ff.) hält das Controlling für die Rationalitätssicherung der Unternehmensführung.

Joachim Hurth
Retail-Performance-Measurement
Neuere Controllingkonzepte zur Messung der Performance in Handelsunternehmen

Die Verbesserung der Performance der handelsbetrieblichen Prozesse, sowohl unternehmensintern als auch unternehmensübergreifend, stellt vor dem Hintergrund der Stagnation der Handelsumsätze und des anhaltenden bzw. vor allem durch discount-orientierte Betriebs- und Vertriebskonzepte sich verschärfenden Wettbewerbsdrucks eine vorrangige Aufgabe im Rahmen des Handelsmanagements dar. Zugleich wird i.Allg. konstatiert, dass eine Verbesserung von Unternehmensprozessen eng daran geknüpft ist, die Prozess-Performance überhaupt erst erfassen zu können. So wird mit der These „You can’t improve what you don’t measure“ betont, dass eine quantifizierte Erfassung von Zustandsgrößen und die damit einhergehende Möglichkeit der Beschreibung von Zielzuständen eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, Verbesserungen zu erreichen.

Michael Neidhart, Dirk Morschett, Henryk Biesiada
IT-gestützte Warenwirtschaftssysteme — Basis des modernen Handelsmanagements

IT-gestützte Warenwirtschaftssysteme haben seit ihren Anfängen in den sechziger Jahren in der Ausweitung ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Einsatzmöglichkeiten eine erstaunliche Entwicklung durchgemacht, analog der allgemeinen Entwicklung der Möglichkeiten von Hardware- und Softwaresystemen in diesem Zeitraum. Entsprechend haben Warenwirtschaftssysteme inzwischen eine herausragende Bedeutung in der informatorischen Unterstützung aller Warenströme, Informationsströme und Finanzströme erlangt. Im Vordergrund stehen dabei die Organisation und Koordination der Informationsflüsse zur Steuerung der Waren- und Finanzflüsse durch Planungs-, Koordinations- und Transaktionsinformationen (Hertel/Zentes/Schramm-Klein 2005).

Joachim Hertel
IT-gestütztes Category- Management — Status quo und Entwicklungstendenzen

Seit mehreren Jahren sieht sich der Handel mit stagnierender oder sogar rückläufiger Nachfrage, neuen Vertriebswegen und sinkenden Flächenrentabilitäten konfrontiert, sodass sich der Wettbewerb in den letzten Jahren weiter verschärft hat. Vor diesem Hintergrund stellen die Identifizierung von Effektivitäts- und Effizienzsteigerungspotenzialen bzw. die Verbesserung der Performance der Handelsprozesse eine zentrale Aufgabe des Handelsmanagements dar (Morschett 2004, S. 65). Somit rückt auch die Messung bzw. Steigerung der Performance des handelsbetrieblichen Kernprozesses Category-Management zunehmend in den Mittelpunkt der Betrachtungen der Unternehmen, da heterogene Kundenbedürfnisse, gestiegener Konkurrenz- und Preisdruck sowie allgemein veränderte Marktdaten ein optimiertes Management der Sortimente im Handel erfordern (Hertel 1999, S. 63).

Markus Lehnert, Guido Hüffer

Achtes Kapitel: Handel und Innenstadt

Frontmatter
Konzepte des Stadt- und Citymarketing
Erfahrungen und Entwicklungstendenzen vor dem Hintergrund städtebaulicher und handelsstruktureller Entwicklungen

Viele Entwicklungen zeichnen sich mittel- und langfristig ab, werden wahrgenommen, je nach Interessenlage diskutiert. Darauf aufbauend werden Entscheidungen empfohlen, die entweder auf eine Verzögerung bzw. Verhinderung von Entwicklungen hinauslaufen, oder aber diese Entscheidungen werden nach dem Grundsatz gefällt, dass der Köder dem Angler, nicht jedoch dem Fisch schmecken sollte. Dabei spricht man im Allgemeinen vom „Wandel im Handel“. Dies jedoch klingt angesichts der hohen Dynamik der Handelsentwicklung eher beschaulich und wird den tatsächlichen Veränderungen nicht gerecht. Vielleicht wäre es ganz hilfreich, wenn man die Wahrnehmungen objektiver verarbeiten oder sich aber im Hinblick auf die Zukunft stärker darauf besinnen würde, Planen auch als das Entwickeln einer künftigen Ordnung zu verstehen. Dieser Hinweis bezieht sich nicht nur auf politische, gesellschaftliche, ökonomische oder ähnliche Vorgänge, sondern auch auf ordnungspolitische Initiativen, zu denen auch die bestehenden Gesetze und die Rechtsprechung zählen.

Paul Vogels
Umsetzungskonzepte für erfolgreiche Vitalisierungsstrategien
Public-Private-Partnership, Business-Improvement-Districts und Quartiersmanagement

Die Situation, in der sich die Städte, v.a. aber die Innenstädte befinden, ist von der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre, der Finanznot der öffentlichen Hand und den grundlegenden Veränderungen in der Handelslandschaft gekennzeichnet, die sich direkt auf die Struktur und das Erscheinungsbild deutscher Städte und Gemeinden auswirken. Die Liste der Schlagworte, die die heutige Situation bedingen — Zunahme des Wettbewerbs, Funktionsverlagerungen, Konzentrationsprozesse im Handel, unterlassene Investitionen, unzureichende Sicherheit und Sauberkeit, Verfall von Immobilienwerten — wird länger und länger. Immer mehr Rahmenbedingungen scheinen sich gegen eine prosperierende Zukunft der Innenstädte zu wenden.

Mario S. Mensing, Meike Albers
Backmatter
Metadaten
Titel
Handbuch Handel
herausgegeben von
Univ.-Prof. Dr. Joachim Zentes
Copyright-Jahr
2006
Verlag
Gabler
Electronic ISBN
978-3-8349-9160-7
Print ISBN
978-3-409-14298-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9160-7