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06.06.2023 | Aus- und Weiterbildung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Warum Weiterbildung viel zu wenig genutzt wird

verfasst von: Annette Speck

5 Min. Lesedauer

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Die Hälfte der Deutschen wünscht sich mehr Fortbildungen, hat aber keine Zeit oder kein Geld dafür, so eine Studie. Arbeitgeber sollten Weiterbildung daher besser unterstützen. Sie profitieren doppelt davon.

Lebenslanges Lernen ist heutzutage ein Muss. Denn Wirtschaft und Arbeitswelt befinden sich in einem rasanten Wandel. Die Beschäftigten müssen daher stetig ihre Fähigkeiten anpassen und neue erwerben. Gleichzeitig entwickeln sich viele Länder zu Wissensgesellschaften.

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Weiterbildung – ein Plus für die eigene Entwicklung

Umso ernüchternder sind die Erkenntnisse der Xing-Learning- & Skills-Studie 2023. Derzufolge bewerten zwar 94 Prozent der Deutschen Weiterbildungen als positiv für die eigene Entwicklung. Doch fehlt 48 Prozent der Befragten, die sich weiterbilden wollen, entweder das Geld oder die Zeit. Ersteres beklagen vor allem Frauen (47 Prozent), letzteres vor allem Männer (38 Prozent). Dies ergab die repräsentative Online-Befragung von insgesamt 1.000 Beschäftigten in Voll- und Teilzeit, Personen in Umschulung, vorübergehend Arbeitslosen sowie Arbeitssuchenden im Alter zwischen 18 und 65 Jahren im Februar 2023.

Frauen und Männer setzen unterschiedliche Schwerpunkte

Wie die Umfrage auch zeigt, gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede rund um die Weiterbildung. So gehe es Frauen bei Fortbildungen eher um die persönliche Entwicklung (58 Prozent). Für Männer spiele hingegen die Aussicht auf mehr Gehalt eine größere Rolle. Frauen lassen sich demnach vermehrt in Sprachen (41 Prozent) und Soft Skills (38 Prozent) weiterbilden während Männer vor allem ihr technisches Wissen erweitern (44 Prozent) und ihre Management-Skills (38 Prozent) ausbauen wollen.

Mehr als die Hälfte der Firmen fördern Weiterbildung

Immerhin geben 56 Prozent der Befragten an, ihr aktueller Arbeitgeber fördere Weiterbildung - wobei sich die Frage stellt, welche Angebote und Maßnahmen als Weiterbildung gewertet werden und was genau als Förderung verstanden wird. Das mögliche arbeitgeberseitige Spektrum ist in jedem Fall groß und umfasst beispielsweise:

  • Webbasierte firmeneigene Angebote zur Wissenserweiterung, die individuell genutzt werden können, wie Firmen-Wiki, Webinare oder Erklärvideos,
  • Inhouse-Schulungen,
  • Firmeneigenes und externes Blended Learning,
  • Freistellung für externe Online-Fortbildungen, ggf. mit Kostenübernahme,
  • Freistellung für externe Präsenz-Fortbildungen, ggf. mit Kostenübernahme,
  • Freistellung für gesetzlichen Bildungsurlaub, ggf. mit Kostenübernahme,
  • Kostenübernahme von Bildungsangeboten in der Freizeit.

Ein Viertel der Beschäftigten bildet sich nicht weiter

Nichtsdestotrotz ist es mit der tatsächlichen wöchentlichen Weiterbildungszeit in Deutschland nicht allzuweit her. Ein Viertel der Befragten bildet sich der Umfrage zufolge gar nicht weiter. Wöchentlich mindestens eine halbe Stunde Zeit für die Bildung nimmt sich die Hälfte der Befragten. Auf mindestens ein bis zwei Stunden wöchentliche Fortbildungszeit kommen demnach in erster Linie Beschäftigte mit Führungsverantwortung.

Beschäftigte in gehobeneren Positionen sind offenbar auch diejenigen, die am ehesten Bildungsurlaub nutzen. In der Gruppe der Führungskräfte haben immerhin 41 Prozent schon ein- oder mehrmals Bildungsurlaub genommen. Dagegen waren in der Gesamtheit aller Befragten drei Viertel noch nie in Bildungsurlaub, unter den Berufseinsteigern sogar 89 Prozent. Als häufigsten Grund für die Nichtnutzung nennen die Umfrageteilnehmenden, dass ihnen der Anspruch gar nicht bekannt war.

Bildungsurlaub muss keinen direkten Jobbezug haben

Dabei gibt es den gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub mit Ausnahme von Bayern und Sachsen in allen deutschen Bundesländern. Und das Angebot zertifizierter Kurse und Reisen ist breitgefächert: Vom Training in Stressbewältigung oder gewaltfreier Kommunikation über Computer-Schulungen und Sprachreisen bis hin zu Management-Workshops. Laut des Deutschen Gewerkschaftsbunds muss der Inhalt der Weiterbildung auch nicht zwingend mit der beruflichen Tätigkeit in Verbindung stehen.

Diese Bildungsfreiheit stößt vielen Arbeitgebern, die vor allem einen direkten Tätigkeitsbezug und Lernerfolg durch einen gewährten Bildungsurlaub erwarten, sauer auf. Allerdings verkennen sie, dass Weiterbildung nicht nur der fachlichen Weiterqualifizierung dient, sondern darüber hinaus ein wichtiges Instrument zur Motivation und Mitarbeiterbindung ist.  

Weiterbildung immer öfter in Selbstverantwortung

Den meisten Erwerbstätigen ist zweifellos klar, dass sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten stetig anpassen und erweitern müssen, um bis zum Rentenbeginn einer qualifizierten Arbeit nachgehen zu können. Während die Einen jedoch den Impuls hierfür vom Arbeitgeber erwarten, nehmen die Anderen ihre Weiterbildung auch selbst in die Hand - und wechseln anschließend für den nächsten Karriereschritt gegebenenfalls den Arbeitgeber.

Ute-Christine Klehe, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Gießen, beobachtet generell eine Verantwortungsverschiebung weg von der Organisation hin zu den Individuen. "Häufig ist das Arbeitende-Arbeitgeber-Verhältnis transaktionaler geworden als früher - man ist nicht mehr Teil einer Unternehmensfamilie in guten wie in schlechten Zeiten, sondern es handelt sich um einen Vertrag mit expliziten gegenseitigen Erwartungen und der prinzipiellen Bereitschaft, […] die Beziehung zu beenden, sobald die Erwartungen nicht vollständig erfüllt werden oder durch einen anderen Vertragspartner besser erfüllt werden könnten", erklärt sie im Interview mit Andrea Beinicke und Tanja Bipp über die Bedeutung der beruflichen Anpassungsfähigkeit in Zeiten des Wandels. (Seite 56)

Unternehmen sollten Weiterbildung als Chance nutzen

Bei zunehmend loseren Arbeitsverhältnissen, wie etwa projektbezogenen Beschäftigten, Gig-Workern oder selbständigen Subunternehmern fühlen sich die beteiligten Organisationen erst recht nicht mehr zuständig für Weiterbildungen der für sie Arbeitenden. Klehe hält dies für wenig nachhaltig - zunächst natürlich für die Arbeitenden, letztlich aber auch für die Organisationen selbst. Unternehmen vergeben so die Chance, mit passenden Weiterbildungsangeboten zu Aufbau und Sicherung der bei ihnen benötigten Kompetenzen beizutragen und Fachkräfte an die Firma zu binden.

"Die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit beim Thema Weiterbildung kann sich ein Land wie Deutschland in Zeiten fortschreitenden Fachkräftemangels nicht weiter leisten. Jetzt sind die Unternehmen gefordert, massiv in die Förderung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu investieren, um im Kampf um Talente wettbewerbsfähig zu bleiben und Beschäftigte auch langfristig ans eigene Unternehmen zu binden“, betont auch Xing-Arbeitsmarktexperte Stahl.

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